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Die Herausforderung, die sich aus der Ernährungsphysiologie bei der Pferdehaltung ergibt, liegt insbesondere in der hohen Individualität, die mit der Haltung und Nutzung von Pferden verbunden ist. Während bei klassischen Nutztieren wie Rindern, Schweinen oder Geflügel die Fütterung und Mineralstoffversorgung weitgehend standardisiert sind, ergeben sich bei Pferden aufgrund der unterschiedlichen Nutzung, Haltung und Fütterung häufig Unsicherheiten in der Bestimmung des Bedarfs und des Grundumsatzes (Suttle, 2010). Diese Unsicherheiten betreffen nicht nur den Energiebedarf, sondern auch die Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen. Angesichts dieser Variabilität wird es erforderlich, nicht nur eine bedarfsdeckende Fütterung sicherzustellen, sondern auch eine präzise Aussage zur Mineralstoffversorgung treffen zu können. Zur Bestimmung der Mineralstoffkonzentration beim Pferd stehen eine Reihe von Analysemethoden zur Verfügung, wobei die serologische Analyse in der klinischen Praxis als Standardverfahren etabliert ist. Allerdings haben verschiedene Studien gezeigt, dass die Serologie nicht immer eine zuverlässige Methode zur Bestimmung der Mengen- und Spurenelementkonzentration darstellt. Dies eröffnet die Möglichkeit, alternative Analyseverfahren, wie die Untersuchung von Kotproben, als potenzielle diagnostische Werkzeuge zu prüfen. Das Ziel dieser Arbeit war es daher, die Mengen- und Spurenelementkonzentrationen in Kot- und Blutproben von Pferden aus ganz Deutschland zu analysieren. Der zentrale Forschungsschwerpunkt bestand darin, zu untersuchen, ob die Kotprobenanalyse eine geeignete Alternative zur Blutuntersuchung darstellt, um den Mineralstoffstatus von Pferden zu bestimmen. In vorangegangenen Studien wurden bereits präanalytische Bedingungen für die Nutzung von Kotproben zur Bestimmung von Mengen- und Spurenelementen untersucht, wobei ein Zusammenhang zwischen der Mineralstoffaufnahme und der Ausscheidung über den Kot festgestellt werden konnte. Daraus folgte die Annahme, dass die Kotprobenanalyse als geeignetes Verfahren zur Bestimmung der Mineralstoffversorgung von Pferden dienen könnte (Staufenbiel, 2023). In dieser Untersuchung wurden zusammen 130 Pferde aus den 13 Flächenbundesländern Deutschlands analysiert. Die Probanden stammten aus verschiedenen Rassen und Altersgruppen (2 bis 35 Jahre) und wurden sowohl sportlich als auch freizeitlich genutzt. Alle Tiere hatten Zugang zu Weiden. Die Messung der Spurenelemente Kupfer (Cu), Zink (Zn), Selen (Se), Eisen (Fe), Iod (I), Mangan (Mn), Molybdän (Mo), Bor (B), Chrom (Cr), Nickel (Ni), Silicium (Si), Zinn (Sn), Rubidium (Rb) und Vanadium (V) erfolgte mittels optischer Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-OES), während die Mengenelemente Calcium (Ca), Phosphor (P), Natrium (Na), Kalium (K), Magnesium (Mg), Chlor (Cl) und Schwefel (S) mit Hilfe der Massenspektrometrie und induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-MS) bestimmt wurden. Die Analyse der Spurenelemente und Mengenelemente wurde anhand der spezifischen Funktionen dieser Mineralstoffe im Pferdeorganismus durchgeführt. Die erste Publikation dieser Arbeit befasste sich mit der Zinkkonzentration in Kot- und Blutproben von Pferden. Zink ist ein essentielles Spurenelement, das an zahlreichen Stoffwechselprozessen beteiligt ist. In dieser Studie konnte keine Korrelation zwischen den Zinkkonzentrationen in Kot- und Blutproben festgestellt werden. Jedoch zeigte sich eine Korrelation zwischen den verschiedenen Blutprobenarten (Serum, Plasma, EDTA-Blut). Zudem wurden erste Referenzwerte für die Zinkkonzentration in Kotproben ermittelt, die zwischen 29 und 413 mg/kg lagen. Diese Werte müssen jedoch unter Berücksichtigung der verschiedenen Limitationen, wie zum Beispiel der Variabilität in der Fütterung und der Haltung der Tiere, kritisch hinterfragt werden. In der zweiten Publikation wurde die Kupferkonzentration in Kot- und Blutproben untersucht. Kupfer ist ein weiteres essentielles Spurenelement, das unter anderem für die Kollagen- und Elastinbildung sowie für antioxidative Abwehrmechanismen eine wichtige Rolle spielt. Auch hier konnte keine Korrelation zwischen den Kupferkonzentrationen in Kot- und Blutproben nachgewiesen werden, jedoch eine Korrelation innerhalb der Blutprobenarten. In dieser Studie wurden keine Referenzwerte für die Kupferkonzentration in Kotproben ermittelt. Da diese Untersuchung unter den Bedingungen eines Feldexperiments durchgeführt wurde, müssen die Ergebnisse im Hinblick auf die verschiedenen Einflussfaktoren, wie die Haltungs- und Fütterungsbedingungen, die geographische Lage, das Alter und die Rasse der Tiere, mit Vorsicht interpretiert werden. Die Vielfalt dieser Faktoren schränkt die Generalisierbarkeit der Ergebnisse ein und zeigt, dass die Nutzung von Kotproben zur Bestimmung von Mengen- und Spurenelementkonzentrationen noch weiterer Forschung bedarf. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Serologie nach wie vor ein wertvolles Diagnostikum in der Pferdemedizin darstellt, um den Mineralstoffstatus von Pferden zu bestimmen. Allerdings zeigt die vorliegende Arbeit, dass die Serologie nicht zwangsläufig die beste oder einzig geeignete Methode für die Bestimmung von Mengen- und Spurenelementen ist. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine ganzheitliche Herangehensweise, die verschiedene Analysemethoden kombiniert, der genaueren Bestimmung des Mineralstoffstatus eines Pferdes am besten dient. Die Kotprobenanalyse könnte in Zukunft eine wertvolle Ergänzung zur Blutuntersuchung darstellen, sofern weitere Studien und standardisierte Referenzwerte eine zuverlässige Interpretation ermöglichen. In zukünftigen Arbeiten wäre es ratsam, unter kontrollierten Bedingungen gezielte Fütterungsexperimente durchzuführen, um eine direkte Verbindung zwischen der Rationsanalyse und der Kotprobenuntersuchung herzustellen. Diese Untersuchungen könnten wichtige Grundlagen für die Etablierung verlässlicher Referenzwerte liefern.