zum Inhalt springen

Fachbereich Veterinärmedizin


Service-Navigation

    Publikationsdatenbank

    Antibiotikaresistenz bei Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae in der Kleintiermedizin in Deutschland:
    Analyse von Drittgenerations-Cephalosporin-Resistenz und die Rolle passiver Monitoringsysteme (2025)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Frenzer, Stefanie Katharina (WE 16)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2025 — IV, 72 Seiten
    ISBN: 978-3-96729-288-6
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/48236
    Kontakt
    Institut für Veterinär-Epidemiologie und Biometrie

    Königsweg 67
    14163 Berlin
    +49 30 838 56034
    epi@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Antibiotikaresistenzen gefährden die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt und erfordern dringende Maßnahmen, um die Wirksamkeit dieser essenziellen Medikamente zu bewahren. Um dies sicherzustellen, sind staatliche und nichtstaatliche Organisationen aktiv, die sich dem Thema widmen. Trotz unterschiedlicher Zielsetzungen besteht ein wichtiger gemeinsamer Fokus auf der systematischen Erfassung sowohl des Antibiotikaeinsatzes als auch der Antibiotikaresistenzen. Es besteht wissenschaftlicher Konsens darüber, dass ein intensiver Einsatz von antibiotischen Substanzen direkt mit einem erhöhten Auftreten von Resistenzen korreliert. Deshalb sind beide Parameter zur Evaluation des jeweils anderen notwendig. Hierfür eignen sich Surveillance- und/oder Monitoring-Programme. Um den Herausforderungen der Antibiotikaresistenzen entgegenzutreten, fordert die EU-Verordnung 2019/6 die Erfassung des Antibiotikaeinsatzes in der Kleintiermedizin ab 2030. Das deutsche Tierarzneimittelgesetz sieht diese Erfassung bereits ab 2026 vor, was bedeutet, dass seit Januar 2025 Daten erhoben werden müssen. Mit dem Projekt HKP-Mon entstand ein Vorschlag für eine mögliche Datenerfassung über eine Schnittstelle in der Praxismanagementsoftware. Aktuell sieht das Bundesministerium für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Erfassung mithilfe des Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere vor. Welche Systeme sich zukünftig als praktikabel und nützlich erweisen, bleibt abzuwarten. Wie oben bereits erwähnt, sind sowohl die Erfassung der Antibiotikamengen als auch die Analyse von Antibiotikaresistenzen von zentraler Bedeutung. Im Rahmen dieser Arbeit wurden daher die Resistenzdaten von Escherichia (E.) coli und Klebsiella (K.) pneumoniae aus dem Zeitraum 2019 bis 2021 ausgewertet. Diese Daten stammen aus dem deutschen Veterinärdiagnostiklabor LABOKLIN GMBH & CO. KG, das von etwa einem Drittel der veterinärmedizinischen Praxen und Kliniken in Deutschland genutzt wird und somit eine hohe Repräsentativität aufweist. Der Fokus auf Drittgenerations-Cephalosporin-resistente (3GCR) E. coli und 3GCR-K. pneumoniae wurde gewählt, da diese Pathogene sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin von erheblicher klinischer und epidemiologischer Relevanz sind. Die vorliegenden Arbeiten konnten 3GC-Resistenzraten (Cefovcin) von 11,6 % in E. coli und 16,2 % in K. pneumoniae feststellen. In beiden Fällen lag diese über der Resistenzrate des 3GC (Ceftazidim) aus der ARS-Datenbank der Humanmedizin mit 6,7 % in den E. coli-Isolaten und 7,7 % in den K. pneumoniae-Isolaten. Anhand einer geografischen Auswertung konnten regionale Unterschiede der 3GC-Resistenzraten in E. coli-Isolaten festgestellt werden. Die höchsten Resistenzraten fanden sich in Isolaten aus den Regionen rund um Bremen und Passau mit 15 %. Isolate aus Teilen Mecklenburg-Vorpommerns, Sachsen-Anhalts, Thüringens und Bayerns lagen bei 10 % Resistenzrate. E. coli-Isolate aus dem Saarland sowie den Regionen rund um Köln, Düsseldorf und Duisburg zeigten mittlere Resistenzraten von 12,5 %. Gründe für diese Unterschiede in den Resistenzraten dürften vielschichtig und komplex sein. Die Unterschiede in der 3GC-Resistenz zwischen E. coli-Isolaten von Hunden und Katzen waren geringfügig und blieben über den Untersuchungszeitraum weitgehend konstant. Im Gegensatz dazu zeigten die 3GC-resistenten K. pneumoniae-Isolate größere Unterschiede: Zu Beginn des Untersuchungszeitraums wiesen Katzenisolate deutlich höhere Resistenzraten auf. Diese näherten sich jedoch im Zeitverlauf zunehmend den Werten der Isolate von Hunden an. Grundsätzlich konnten deutlich mehr E. coli-Isolate (n = 25.491) als K. pneumoniae Isolate (n = 1.185) identifiziert werden. Die K. pneumoniae-Isolate zeigten dafür aber um einiges höhere Resistenzraten, auch unter anderen antibiotischen Substanzgruppen. Diese Beobachtungen stehen im Einklang mit den Ergebnissen zahlreicher anderer Studien. In diesem Zusammenhang wurden drei Isolatgruppen hinsichtlich ihrer Resistenz gegenüber Chloramphenicol, Doxycyclin, Enrofloxacin, Gentamicin, Nitrofurantoin und Sulfamethoxazol-Trimethoprim untersucht. Dabei erfolgte die Analyse getrennt für alle E. coli- und K. pneumoniae-Isolate sowie für jeweils zwei Subgruppen: einerseits die 3GC-sensitiven und andererseits die 3GC-resistenten Isolate dieser Bakterienarten. So zeigte die Gesamtheit der E. coli-Isolate gegenüber Chloramphenicol 8,0 %, Doxycyclin 9,8 %, Enrofloxacin 6,3 %, Gentamicin 3,0 %, Nitrofurantoin 8,6 % und Sulfamethoxazol-Trimethoprim 12,5 % Resistenzrate. Die Gesamtheit aller K. pneumoniae-Isolate zeigte folgende Resistenzraten: Chloramphenicol 16,2 %, Doxycyclin 14,0 %, Enrofloxacin 8,9 %, Gentamicin 6,0 %, Nitrofurantoin 24,7 % und Sulfamethoxazol-Trimethoprim 14,9 %. Während die 3GC-sensiblen E. coli alle Resistenzraten unter 10 % aufwiesen, blieben die 3GC-sensiblen K. pneumoniae Isolate unter 20 % Resistenzrate. Die Resistenzraten unter den 3GC-resistenten E. coli lagen gegenüber Chloramphenicol bei 27,3 %, gegenüber Doxycyclin bei 20,4 %, gegenüber Enrofloxacin bei 17,7 %, gegenüber Gentamicin bei 13,5 %, gegenüber Nitrofurantoin bei 35,2 % und gegenüber Sulfamethoxazol-Trimethoprim bei 30,4 %. Im Vergleich dazu zeigten 3GC-resistente K. pneumoniae deutlich höhere Resistenzraten gegenüber Chloramphenicol (47,2 %), Doxycyclin (33,2 %), Enrofloxacin (28,5 %), Gentamicin (27,5 %), Nitrofurantoin (59,6 %) und Sulfamethoxazol-Trimethoprim (50,3 %). Die Analyse der E. coli-Isolate aus verschiedenen Organsystemen (Wunde, Reproduktionstrakt, Respirationstrakt, Haut/Weichgewebe, Urogenitaltrakt und Sonstiges) ergab 3GC-Resistenzraten zwischen 5 % und 15 %. Dabei zeigten Isolate aus dem Urogenital- und Reproduktionstrakt die niedrigsten 3GC-Resistenzraten. Im Gegensatz dazu wiesen K. pneumoniae-Isolate aus dem Urogenitaltrakt von Katzen besonders hohe Resistenzraten auf, wobei die geringe Anzahl der Isolate berücksichtigt werden muss. Die Resistenzraten der K. pneumoniae-Isolate aus allen anderen Organsystemen lagen hingegen bei etwa 25 % oder darunter. Zusammenfassend unterstreicht diese Arbeit die immense Bedeutung der systematischen Erfassung und Analyse von Antibiotikaresistenzen in der Veterinärmedizin. Die Ergebnisse liefern wichtige Einblicke in die Resistenzlage von E. coli und K. pneumoniae in Deutschland und tragen dazu bei, das Verständnis für die Verbreitung und Dynamik von 3GC-Resistenzen zu erweitern. Dennoch bleibt weiterer Forschungsbedarf bestehen, insbesondere hinsichtlich der Einflussfaktoren und der geografischen sowie sektorübergreifenden Unterschiede. Die gewonnenen Erkenntnisse verdeutlichen nicht nur die dringliche Notwendigkeit eines intensiveren Monitorings und wirksamer Maßnahmen zur Kontrolle von Antibiotikaresistenzen, sondern können auch als Grundlage für zukünftige Strategien dienen. Letztlich ist es entscheidend, dass Wissenschaft, Politik und Praxis gemeinsam daran arbeiten, die Wirksamkeit von Antibiotika nachhaltig zu sichern – im Sinne von One Health, für Mensch, Tier und Umwelt gleichermaßen.