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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Pilotstudie zur Validierung 3D-gedruckter individueller kaniner Ellbogengelenkreplikate als Ersatz für das native Ellbogengelenk in Bezug auf die intraartikuläre Kontaktmechanik (2024)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Windhausen, Ira Anna (WE 20)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2024 — XVI, 157 Seiten
    ISBN: 978-3-96729-282-4
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/47886
    Kontakt
    Klein- und Heimtierklinik

    Oertzenweg 19 b
    14163 Berlin
    +49 30 838 62422
    kleintierklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Die ED stellt einen Komplex verschiedener entwicklungsbedingter Gelenkpathologien dar, die einzeln oder in Kombination auftreten können, und nicht jedem dysplastischen Gelenk liegt dasselbe Erkrankungsmuster zugrunde. Die Biomechanik dysplastischer Gelenke ist unvollständig geklärt, aber es konnte bereits gezeigt werden, dass erkrankte Gelenke Veränderungen in der intraartikulären Kontaktmechanik und Kraftübertragung aufweisen. Infolgedessen gestaltet sich die Entscheidungsfindung in Bezug auf die Therapie dieses Krankheitskomplexes schwierig und die derzeit verfügbaren chirurgischen Interventionsmöglichkeiten liefern variierende Ergebnisse mit z. T. hohen Komplikationsraten. Um die für den jeweiligen Patienten wirksamste Therapie ermitteln zu können, wäre es von Vorteil, die individuelle Gelenkmechanik des Patienten im erkrankten Zustand (Ist-Zustand) reproduzieren und charakterisieren zu können sowie eine Vorhersage über die Gelenkmechanik nach einem operativen Eingriff (Soll-Zustand) machen zu können. Neben computergestützten Simulationen stellen biomechanische Testungen an synthetischen patientenspezifischen Gelenkreplikaten als Ersatz für das native Gelenk eine nicht invasive Möglichkeit zur Erfassung und Quantifizierung der individuellen Gelenkmechanik dar. Ziel dieser Pilotstudie war die Validierung 3D-gedruckter Gelenkreplikate als Ersatz für das äquivalente native Ellbogengelenk in Bezug auf intraartikuläre Kontaktflächen der humeroulnaren Artikulation. Zur Erfassung und anschließenden Quantifizierung intraartikulärer Kontaktareale wurden biomechanische Belastungsversuche unter Anwendung einer Abdruck-Technik an Ellbogengelenken kaniner Kadaver sowie an den entsprechenden 3D-gedruckten Gelenkreplikaten durchgeführt. Es wurden Silikonabdrücke generiert unter der Annahme, dass in Bereichen, an denen die humero-ulnaren Gelenkflächen Kontakt haben, Silikonmasse weggedrückt wird und somit silikonfreie Areale, also Kontaktareale, entstehen und in Bereichen fehlenden Kontaktes kein Silikon weggedrückt wird. Die Testungen wurden an drei Kadavergelenken und drei synthetischen Gelenkreplikaten, die mittels SLA-Druck aus Kunstharz gefertigt worden waren, durchgeführt. Die im 90° Winkel in eine Materialprüfmaschine eingespannten Präparate wurden jeweils mit 50 N, 100 N und 200 N belastet. Die Kontaktmuster wurden nacheinander mithilfe eines Kontrastmittel-Deckfarben-Gemisches auf die jeweilige ulnare Gelenkfläche transferiert und die Knochen- bzw. Plastikmodelle mit den jeweils transferierten Kontaktmuster mittels CT digitalisiert. Anhand der CT-Daten wurden digitale 3D-Rekonstruktionen generiert. Im Gegensatz zu den Knochenkontakten, die eine klare Abgrenzung zwischen Kontakt (kein Silikon) und fehlendem Kontakt (Silikonschicht) zeigten, wiesen die Plastikkontakte aufgrund der fehlenden, für Knorpel typischen viskoelastischen Eigenschaften ein zentrales freies Silikonareal und eine Ausdünnung des Silikons in Form einer dünnhäutigen Silikonmembran in der Peripherie der Kontaktareale auf. Die Plastikkontakte wurden deshalb zweifach validiert, indem der ursprüngliche Plastikkontakt als auch der Plastikkontakt nach Abtragen der dünnhäutigen Silikonmembran (nachbearbeiteter Plastikkontakt) ausgewertet wurde. Um die Kontaktmuster von Knochenmodell und Plastikmodell quantitativ vergleichend beurteilend zu können, wurden die digitalisierten Knochen- bzw. Plastikkontakte extrahiert und auf die ulnare Gelenkfläche (Referenzgelenkfläche) der digitalen 3D-Rekonstruktion des nativen Knochenmodells (STL-Modell), das für die jeweilige Versuchsreihe als Vorlage für den 3D-Druck diente, projiziert. Das dazu erforderliche Alignment der jeweiligen In-silico-Modelle erfolgte mithilfe von 3D-Registrierungstechniken. Anschließend wurden die auf die Referenzgelenkfläche projizierten Kontaktmuster mithilfe eines eigens dafür geschriebenen Python-Skripts in die Referenzgelenkfläche integriert und zu einem digitalen Objekt vereint. Die Kontaktmuster wurden visuell beurteilt und quantitativ ausgewertet. Allen Knochen- und Plastikgelenken gemein waren Kontaktbereiche am Proc. anconeus sowie am medialen Koronoid, die sich mit steigender Belastung ausdehnten und konfluierten. Mit zunehmender Last erfolgte eine Größenzunahme der Knochen- und Plastikkontakte, wobei die Größe der Kontaktfläche am Plastikmodell stets kleiner war als am Knochenmodell. Als Maß für die Übereinstimmung der Kontaktmuster wurden folgende Scores berechnet: Sørensen-Dice-Koeffizient und ein Contact-Patch-Agreement-Score, die neben der Größe auch die Topografie der Kontaktareale berücksichtigen, Intraklass-Korrelationskoeffizient sowie ein Single-Observer-Score. Alle Scores fielen für die überarbeiteten Plastikkontakte stets höher aus als für die ursprünglichen Plastikkontakte, was auf eine bessere Übereinstimmung zwischen überarbeiteten Plastikkontakten und Knochenkontakten schließen lässt. Bei den überarbeiteten Plastikkontakten konnte zudem eine stete Zunahme der Score-Werte von ICC [0,54 (50 N); 0,69 (100 N); 0,71 (200 N)], Sørensen-Dice-Koeffizient [0,49 (50 N); 0,68 (100 N); 0,72 (200 N)] und Single-Observer-Score [5,7 (50 N); 6,7 (100 N); 7,5 (200 N)] mit steigender Belastung festgestellt werden, was für eine zunehmend bessere Übereinstimmung von Knochen- und Plastikkontakt mit Lastzunahme spricht. Von allen Scores wies der Agreement-Score bei allen Belastungsstufen die beste Übereinstimmung zwischen Knochen- und Plastikkontakten auf und liegt für die überarbeiteten Plastikkontakte bei 0,65 (50 N), 0,77 (100 N) und 0,76 (200 N). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass 3D-gedruckte Gelenkreplikate des kaninen Ellbogengelenks in der Lage sind die Topografie der intraartikulären Kontaktareale analog zum Originalgelenk abzubilden, wobei die Plastikkontakte kleiner ausfallen als die Knochenkontakte. Zur exakteren Replikation von Kontaktmustern an synthetischen Gelenkmodellen sind weitere Studien erforderlich, die den Einsatz anderer Segmentationstechniken und Druckmaterialien bzw. 3D-Druckverfahren evaluieren und eine Optimierung des Surface-Finish anstreben.