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Eine Anpassung der Rohproteinmenge im Zuge der bedarfsdeckenden Rationsgestaltung ist für den Landwirt ein probates Mittel zur Einhaltung emissionsregulierender Verordnungen und kann gleichzeitig zur Verbesserung der Tiergesundheit, zu Einsparungen von Futtermittelkosten und zur Verbesserung der Betriebswirtschaftlichkeit beitragen. Die gleichzeitige Zulage von essenziellen pansengeschützten Aminosäuren soll das entstandene Nährstoffdefizit ausgleichen. Erfolgt diese nutritive Anpassung bereits im peripartalen Zeitraum kann dies weitgreifende Auswirkungen auf die Gesundheit und das Leistungspotenzial der Folgelaktation haben. Das Ziel dieser Studie war es, die Auswirkungen einer postpartalen Rohproteinreduzierung bei gleichzeitiger peripartaler Ergänzung der pansengeschützten Aminosäuren Methionin und Lysin auf die Milchleistung, die Fruchtbarkeit und die Tiergesundheit während des ersten Laktationsdrittels der Folgelaktation zu untersuchen. Dazu wurden von Juni 2018 bis Januar 2019 insgesamt 72 pluripare Holstein-Friesian Kühe eines konventionellen Milchviehbetriebes im Nordosten Deutschlands für eine vergleichende Fütterungsstudie ausgewählt. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich vom 24. Tag a.p. bis zum 105. Tag p.p. Die Probanden wurden während dieses Zeitraums in zwei Gruppen (Aminosäure-Gruppe ASG, Vergleichsgruppe VG) unterteilt. Ante partum erhielten beide Untersuchungsgruppen eine Vorbereiterration mit gängigen Rohproteingehalten. Zusätzlich wurde ein Mikromineralfutter gefüttert, welches ausschließlich in der ASG mit den pansengeschützten AS Methionin und Lysin supplementiert wurde (22,5 g MetaSmart/Kuh/d und 20 g LysiGEM/Kuh/d). Post partum wurde das Rohproteinangebot in der ASG leicht reduziert (150 g statt 161 g XP/kg TM bzw. 153 g statt 157 g nXP/kg TM). Gleichzeitig wurde die Menge an pansengeschützten AS im Mikromineralfutter verdoppelt (45 g MetaSmart/Kuh/d und 40 g LysiGEM/Kuh/d). Um diese differenzierte Fütterung zu ermöglichen, wurden transpondergestützte Fress-Wiegetröge verwendet, die einen tierindividuellen Zugang zu dem gruppenspezifischen Futter ermöglichten. Während des Untersuchungszeitraums wurde die Milchmengenleistung täglich aufgezeichnet. Die Analyse der Milchinhaltsstoffe (Fett, Eiweiß, Laktose, Zellzahl, Harnstoffkonzentration, Stickstoffmenge) erfolgte wöchentlich. Zur Beurteilung der Fruchtbarkeit sind die Fruchtbarkeitskennzahlen und die Anzahl der für eine Trächtigkeit notwendigen Samenportionen ausgewertet worden. Die Feststellung der Trächtigkeit erfolgte über Blutanalysen (P4 am 19. Tag und PAG zwischen dem 31. und 33. Tag nach Erstbesamung). Die Abkalbung, das Geburtsgewicht der Kälber und die Qualität des Kolostrums wurden ebenfalls dokumentiert. Die Untersuchung der postpartalen Tiergesundheit umfasste die Dokumentation an typischen Erkrankungen (Mastitis, Stoffwechselstörungen, Lahmheiten, Labmagenverlagerungen). Zu sechs Zeitpunkten (7 Tage a.p., 1-3, 14, 21, 35 und 63 Tage p.p.) wurde eine Blutprobenuntersuchung relevanter Parameter und die ultrasonographische Konditionsbeurteilungen durchgeführt. Ante partum wurde zusätzlich eine Harnprobe gewonnen. Die tierindividuellen täglichen Trockenmasseaufnahmen wurden für den gesamten Untersuchungszeitraum erfasst. Die ASG zeigte im Vergleich zur VG eine signifikant geringe Milchmengenleistung während des Untersuchungszeitraums (p = 0,046). Außerdem konnten tendenziell geringere Milcheiweißmengen (p = 0,061) und tendenziell höhere Milchfettgehalte (p = 0,069) beobachtet werden. Die Milchharnstoffkonzentrationen und die Milchstickstoffausscheidungen waren in der ASG hingegen signifikant geringer als in der VG (p < 0,001). Zusätzlich war die Wahrscheinlichkeit einer Mastitis in der ASG 5-mal geringer (p = 0,019). Die Ergebnisse der Blutanalyse zeigten eine signifikante Verringerung der GLDH- und AST-Aktivität in der ASG (p < 0,001 und p = 0,003) und damit eine Entlastung des Leberstoffwechsels. Zudem war die BUN-Konzentration in dieser Gruppe signifikant geringer als in der VG (p = 0,001). Die anderen untersuchten Parameter wiesen keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Untersuchungsgruppen auf. Abschließend lässt sich festhalten, dass die differenzierte Fütterung im Rahmen dieser Studie einen negativen Effekt auf die Milchleistung hatte. Die Fruchtbarkeit zeigte sich durch die Fütterung nicht beeinflusst, während einige Aspekte der Tiergesundheit sich zum Positiven verändert haben.