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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Multizentrische Studie zur Injektion von Cholecalciferol ante partum als Hypocalcämieprophylaxe bei pluriparen Milchkühen (2024)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Fokken, Frauke (WE 18)
    Quelle
    Berlin, 2024 — XII, 116 Seiten
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/45248
    Kontakt
    Nutztierklinik

    Königsweg 65
    14163 Berlin
    +49 30 838 62261
    klauentierklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Hypocalcämie ist eine häufig auftretende Stoffwechselstörung der Milchkuh im Zeitraum bis 48 Stunden nach der Abkalbung. Die subklinische Hypocalcämie wird in diesem Zusammenhang häufig als „gateway disease“ bezeichnet, da sie zu zahlreichen Folgeerkrankungen prädisponiert und so zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen und einer Beeinträchtigung der Tiergesundheit führt. Seit den 1970er-Jahren wird bei mehrkalbigen Milchkühen ca. fünf bis sieben Tage vor der erwarteten Kalbung Cholecalciferol gespritzt. Ziel ist es, die Mechanismen der Calciumhomöostase bereits vor der Kalbung zu aktivieren und die Tiere so besser auf das bei Einsetzen der Milchproduktion entstehende Calciumdefizit vorzubereiten (Gürtler et al. 1977). In der vorliegenden Studie wurde der Einfluss einer Cholecalciferol-Injektion a.p. auf die Serumdynamik von Calcium, Phosphor und Magnesium nach der Kalbung sowie auf die Milchleistung und verschiedene Reproduktionsparameter in der Folgelaktation untersucht. Dazu wurden 446 pluripare Milchkühe, die in der Trockenstehphase eine Ration mit positiver DCAB erhielten, von 11 Betrieben in Nordwest-Deutschland sieben Tage vor dem Kalbedatum mit einer intramuskulären Injektion von 10 Mio. I.E. Cholecalciferol oder einem Placebo behandelt. Alle Tiere wurden fünf bis zehn Tage nach der Kalbung auf Anzeichen einer Metritis untersucht und der Kalbeverlauf sowie das Auftreten von Zwillingen, Totgeburten, klinischer Hypocalcämie und Retentio secundinarum dokumentiert. Bei einer Teilstrichprobe von 95 Tieren wurden an Tag 1, 2 und 3 p.p. jeweils eine Blutprobe entnommen und auf die Konzentration von Calcium, Phosphor und Magnesium untersucht. Des Weiteren wurde bei 38 Tieren zusätzlich zwei Tage nach der Injektion eine weitere Blutprobe entnommen und der Gehalt an Progesteron und Östradiol bestimmt. Die Blutprobensätze von 30 Tieren, bei denen zu allen vier Zeitpunkten Blut gewonnen wurde, wurden zudem auf die Konzentrationen von Cholecalciferol, 25-Hydroxycholecalciferol (25OHD3), 1,25-Dihydroxycholecalciferol (1,25(OH)2D3) und 24,25-Dihydroxycholecalciferol (24,25(OH)2D3) untersucht, um die Metabolisierung des Cholecalciferols im Organismus nachvollziehen zu können. Nach Ende des Beobachtungszeitraums (Mai 2022 bis September 2023) wurden die gesammelten Milchleistungsdaten und Reproduktionsparameter ausgewertet. Die Injektion von 10 Mio. I.E. Cholecalciferol sieben Tage vor der Kalbung hatte keinen Einfluss auf die Milchleistung in der Folgelaktation (P = 0,67). Die Tiere der Behandlungsgruppe hatten tendenziell höhere Serum-Ca-Werte in den ersten drei Tagen p.p (P = 0,08). Es konnten außer einer erhöhten Inzidenz von Retentio secundinarum in der Behandlungsgruppe (Kontrolle: 7,9%, Behandlung: 14,8%, P = 0,02) keine Auswirkungen der Cholecalciferol-Injektion auf die Inzidenzen von Totgeburten, klinischer Hypocalcämie und Metritis sowie die Milchleistungsdaten und Reproduktionsparameter beobachtet werden. Die Analyse der Konzentrationen von Progesteron und Östradiol vor der Kalbung ergab keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen (P = 0,81). Die Hypothese aus einer ähnlich aufgebauten Studie von Venjakob et al. (2022) mit Fütterung einer negativen DCAB in der Vorbereiterration, dass die Cholecalciferol-Injektion den Steroidhormonmetabolismus dahingehend beeinflusst hätte, dass es zu einem frühzeitigen Abbau von Progesteron zu Östradiol und damit zu einer vorzeitigen Initiierung der Abkalbung gekommen sein könnte, konnte anhand dieser Ergebnisse nicht bestätigt werden. Die Untersuchung der Blutproben auf den Gehalt von Cholecalciferol, 25OHD3, 1,25(OH)2D3 und 24,25(OH)2D3 ergab einen etwa 100-fachen Anstieg der Cholecalciferol-Konzentration auf 464,0 ng/ml zwei Tage nach der Injektion und einen vierfachen Anstieg der 25OHD3-Konzentration auf bis zu 205,5 ng/ml in den ersten drei Tagen p.p. in der Behandlungsgruppe. Die 1,25(OH)2D3-Konzentration im Serum der mit Cholecalciferol behandelten Tiere erreichte fünf Tage vor der Kalbung deutlich höhere Werte (89,2 pg/ml) als bei den mit einem Placebo behandelten Tieren (34,9 pg/ml). Nach der Kalbung zeigte jedoch die 1,25(OH)2D3-Konzentration in der Kontrollgruppe einen stärkeren Anstieg (Behandlung: 122,9 pg/ml; Kontrolle: 166,0 pg/mL an Tag zwei p.p.), sodass der 1,25(OH)2D3-Wert an Tag drei p.p. in der Kontrollgruppe signifikant höher lag (Behandlung: 101,6 pg/ml; Kontrolle: 155,6 pg/ml; P < 0,05). Diese Ergebnisse zeigen, dass die Wirkung der Cholecalciferol-Injektion auf den Serum-Ca-Spiegel p.p. in der vorliegenden Untersuchung vermutlich durch 25OHD3 vermittelt wurde. Insgesamt zeigen die Resultate dieser Untersuchung, dass die Kombination einer Injektion von 10 Mio. I.E. Cholecalciferol ca. sieben Tage vor der erwarteten Kalbung und der Fütterung einer kationenreichen Ration in der Trockenstehphase zu deutlich geringeren Auswirkungen auf die Serumdynamik von Ca und Pi als die Kombination mit einer Vorbereiterration mit negativer DCAB führte. Es konnten abgesehen von einer höheren Inzidenz von Retentio secundinarum in der Behandlungsgruppe dennoch keine negativen Effekte auf die Inzidenz von Metritis sowie die Milchleistung und Güstzeit in der Folgelaktation nachgewiesen werden.