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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Wie unabhängig ist die Proliferationsaktivität kaniner Tumorzellen? Assoziation des mittels digitaler Bildanalytik erhobenen Ki67-Labelling Index ausgewählter Hundetumore mit individuellen Patienten- sowie Tumorparametern (2023)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Brömel, Theresa Catharina (WE 12)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2023 — XIV, 122 Seiten
    ISBN: 978-3-96729-207-7
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/40367
    Kontakt
    Institut für Tierpathologie

    Robert-von-Ostertag-Str. 15
    14163 Berlin
    +49 30 838 62450
    pathologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Die Proliferationsaktivität von Tumorzellen ist ein essenzieller Baustein bei der pathologischmikroskopischen Beurteilung der Tumormalignität oder des Tumorgrads von Neoplasien sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin. In diesem Zusammenhang oder auch als unabhängiger Parameter ist die Proliferationsaktivität ausschlaggebend für die Prognose am jeweiligen Patienten. Die vermehrte Integration einer individualisierten Tumortherapie, nicht nur in der Humanmedizin, macht eine präzise Diagnosestellung und Einschätzung der Proliferationsaktivität von Tumorzellen erforderlich. Allerdings werden individuelle Eigenschaften des Patienten hierbei bisher nicht berücksichtigt. Vor dem Hintergrund, dass sowohl gesunde Gewebe als auch ex vivo Kulturen und verschiedene Tumorarten beim Menschen und zum Teil auch bei Tieren eine alters- oder geschlechtsabhängige Proliferationsaktivität zeigen, drängt sich die Frage auf, warum der Einfluss dieser individuellen Eigenschaften bisher in der Diagnostik unberücksichtigt geblieben ist. Sollten individuelle patienten- oder tumorbezogene Parameter einen entscheidenden Einfluss auf die Proliferationsaktivität von Tumorzellen haben, könnte weiterführend die Tumordiagnostik möglicherweise durch eine Alters- oder Geschlechts-Korrektur der Proliferation optimiert und präzisiert werden. Aufgrund der bereits bekannten Alters- und Geschlechtsabhängigkeiten der Proliferationsaktivität in einzelnen humanen Tumorarten wurde auch für kanine Tumoren eine Assoziation zwischen patientenbezogenen Parametern und der Proliferation von Tumorzellen hypothetisiert. Daher war das Ziel dieser explorativen Studie, anhand einer Auswahl von häufigen, kaninen Tumorarten vergleichbare Zusammenhänge zwischen patientenbezogenen Eigenschaften und der Tumorzellproliferation zu identifizieren. Zudem wurden die Eigenschaften mit bereits bekannten Abhängigkeiten (Alter, Geschlecht) um weitere Eigenschaften der Patienten (Kastrationsstatus, Körpergewicht/-größe) sowie der Tumoren (Größe, Lokalisation) erweitert. Die Tumorarten für diese Studie sollten häufige Vertreter kaniner Neoplasien sein und eine möglichst homogene Morphologie aufweisen. Hierauf basierend wurden folgende Tumorarten für die Studie ausgewählt: kutane Mastzelltumore (MZT), Weichgewebssarkome (WGS), Adenome der hepatoiden perianalen Duftdrüsen (APD), Plasmozytome (PLA), Trichoblastome (TRI), Leydigzelltumore (LZT), Sertolizelltumore (SZT). Die Studie wurde retrospektiv an insgesamt 495 Tumoren aus dem histologischen Archiv des Instituts für Tierpathologie der Freien Universität Berlin aus den Jahren 2010 bis 2018 durchgeführt. Für eine belastbare und reproduzierbare Identifikation proliferationsaktiver Tumorzellen wurde der häufig in der Forschung und Diagnostik verwendete Proliferationsmarker Ki67 gewählt, immunhistochemisch ermittelt und mittels digitaler Auswertung der gesamten Schnittbilder analysiert. Als zentrales Ergebnis konnten keine allgemeingültigen Assoziationen und Zusammenhänge zwischen der Proliferationsaktivität der Tumorzellen und den untersuchten patienten- und tumorspezifischen Parametern identifiziert werden. Vielmehr handelt es sich bei den auffälligen Befunden eher um vereinzelte, tumorspezifische Beobachtungen. So konnte ohne Berücksichtigung des Geschlechts lediglich für APD eine Assoziation zwischen dem Ki67-LI und dem Patientenalter beobachtet werden mit zunehmendem Ki67-LI bei steigendem Alter. Nicht überraschend war hierbei nach zusätzlicher Unterteilung der Studienpopulation nach dem Geschlecht, dass diese Zunahme des Ki67-LI nur bei Rüden vorlag, der Ki67-LI bei Hündinnen jedoch mit dem Alter abnahm. Da APD vermehrt bei unkastrierten Rüden auftreten und häufig mit hormonproduzierenden Hodentumoren assoziiert sind, erscheinen die Unterschiede in der Proliferationsaktivität zwischen den Geschlechtern vorhersehbar. Eine vergleichbare Assoziation des Alters mit dem Ki67-LI beschränkte sich bei MZT auf Hündinnen. Allerdings erscheint bei dieser Tumorart eine weiter fortgeschrittene maligne Progression bei älteren Tieren als wahrscheinliche Ursache für diese Beobachtung. Weiterhin wurden Effekte des Geschlechts und der Kastration auf die Proliferationsaktivität untersucht. Obwohl hier signifikante Unterschiede in der Proliferationsaktivität zwischen kastrierten und nicht kastrierten Rüden mit PLA sowie Hündinnen mit MZT beobachtet werden konnten und sich zumindest für MZT Hinweise aus der Literatur ergeben, dass die Kastration bei der Entstehung und Proliferation eine Rolle spielt, bleiben die komplexen hormonellen Zusammenhänge in dieser Studie zunächst unklar. Als letzte Eigenschaften des Patienten wurde das Körpergewicht bzw. -größe der Hunde mit dem Ki67-LI assoziiert, jedoch wurden hier keine Zusammenhänge beobachtet. Die zuerst angestrebte Unterteilung der Tiere nach dem genetischen Hintergrund war aufgrund der geringen Gruppengrößen nicht möglich, wodurch potenzielle Assoziationen der Rasse mit dem Ki67-LI möglicherweise nicht aufgedeckt werden konnten. Ein weiterer Schwerpunkt der Studie lag auf der Assoziation von Eigenschaften der Tumoren mit dem Ki67-LI. Hier konnte eine signifikante Zunahme des Ki67-LI mit zunehmender Tumorgröße bei MZT identifiziert werden. Diese Beobachtung passt zu der Eigenschaft dieser und anderer maligner Tumorarten auch aus der Humanmedizin, im Laufe der Krankheitsdauer eine maligne Progression zu durchlaufen mit Akkumulation von Mutationen, welche die Zellteilung vorantreiben können. Interessanterweise konnte für die benignen APD eine gegensätzliche Beobachtung getätigt werden, möglicherweise begründet in einer steigenden Hypoxie mit zunehmender Tumorgröße. Zuletzt wurden auch mögliche Effekte der Tumorlokalisation untersucht, welche jedoch ausschließlich bei TRI auftraten. Abgesehen von den erwähnten Beobachtungen fanden sich bei den ausgewählten Tumorarten keine weiteren Assoziationen zwischen patienten- oder tumorbezogenen Parametern und dem Ki67-LI. Zusammengefasst lässt sich auf der Grundlage der Ergebnisse dieser explorativen Studie sagen, dass bei den untersuchten Tumorarten vereinzelt und abhängig von der Tumorart Assoziationen zwischen der Proliferationsaktivität und Eigenschaften des Patienten oder des Tumors vorliegen. Allerdings lassen sich hiervon keine allgemeingültigen Aussagen ableiten, insbesondere auch nicht auf mögliche positive Effekte durch eine Berücksichtigung dieser Eigenschaften bei der Anwendung von Tumorgradings. Für eine Adaptation oder Korrektur der Malignitätsbeurteilung in der Routinediagnostik sind anschließende Studien mit prospektivem Design notwendig. Dennoch hat diese Studie gezeigt, dass die Proliferationsaktivität von Tumoren in Einzelfällen signifikant mit Eigenschaften des Patienten oder des Tumors assoziiert sein kann. Vor dem Hintergrund einer immer personalisierteren Präzisionsmedizin sollten auch diese Einflussgrößen in der Diagnostik nicht unbeachtet bleiben.