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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Hämatologische Untersuchungen bei Kälbern in der ersten Lebenswoche in nordostdeutschen Milchviehherden (2022)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Hauschild, Marten (WE 18)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2022 — VI, 147 Seiten
    ISBN: 978-3-96729-195-7
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/39269
    Kontakt
    Nutztierklinik

    Königsweg 65
    14163 Berlin
    +49 30 838 62261
    klauentierklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Während die Milchkälberanämie in ihrer Ätiologie, Pathogenese und Therapie sehr gut erforscht ist, sind die Ursachen der kongenitalen Anämie nicht bis ins Einzelne geklärt. Als Ursache ist in der Literatur die gestörte fetale Erythropoese aufgrund eines unzureichenden plazentaren Fe-Transportes aufgeführt. Als weitere mögliche Ursache wird ein fetaler Blutverlust um die Geburt herum genannt. Zielstellung der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung hämatologischer Parameter von Kälbern in der ersten Lebenswoche hinsichtlich der Prävalenz der kongenitalen Anämie in ostdeutschen Milchviehherden. Außerdem sollte die Dynamik der Blutparameter beleuchtet und Einflussfaktoren auf die initialen Blutparameter des Kalbes charakterisiert werden. Zu diesem Zweck wurden zwei Untersuchungen durchgeführt. In der Untersuchung 1 (US1) wurde eine große Milchviehanlage im Norden Brandenburgs zwischen Oktober 2016 und September 2017 regelmäßig besucht, um eine große Stichprobe unter gleichen Haltungs- und Managementbedingungen zu untersuchen. In vorausgegangenen Bestandsuntersuchungen waren mehrfach hochgradig anämische Kälber in der ersten Lebenswoche aufgefallen. In der Untersuchung 2 (US2) wurden im Rahmen der Bestandsuntersuchung der FU Berlin auf 30 unterschiedlichen Betrieben fünf bis zwölf Kälber in der ersten Lebenswoche beprobt und die Mittelwerte miteinander verglichen. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stand der Hämatokrit. Des Weiteren wurden die Blutparameter Hämoglobin, Erythrozytenzahl, MCV, MCH, MCHC sowie die Thrombozyten- und Leukozytenzahlen gemessen. Zur Überprüfung von Zusammenhängen und Einflussfaktoren wurden kategorielle Variablen mit einer ANOVA mit Post-Hoc-Test verglichen. Metrisch skalierte Variablen wurden mit den Blutparametern in einer Regressionsanalyse modelliert. In US2 wurden zudem TMR-Analysen der Vorbereiterration in multiplen Regressionsmodellen auf Einflüsse auf die Blutparameter des Kalbes analysiert. Die Hämatokrit-Referenzintervalle lagen in US1 zwischen 0,164-0,417 l/l und in US2 zwischen 0,175-0,455 l/l. Die Blutparameter wiesen in der ersten Lebenswoche eine zum Teil signifikante Dynamik auf. Der Hämatokrit fiel in den ersten Lebenstagen signifikant ab und fand seinen Tiefpunkt am dritten (US1) bzw. vierten (US2) Lebenstag. Zum Ende der ersten Lebenswoche stiegen die Werte wieder an. Die Verläufe von Hämoglobin und Erythrozytenzahl gestalteten sich aufgrund der starken Korrelation untereinander und zum Hämatokrit ähnlich. Das größte mittlere Zellvolumen (MCV) wiesen die Erythrozyten kurz postnatal an Lebenstag 0 auf, bevor es signifikant abnahm. Der MCH blieb konstant. Der MCHC erhöhte sich innerhalb der ersten 24 Stunden und blieb dann nahezu stabil. Die Dynamik der Leukozyten war vergleichbar mit dem Hämatokrit mit einem nicht-linearen Abfall in der Wochenmitte und einem Anstieg zum sechsten und siebten Lebenstag. Die Thrombozyten hingegen zeigten nach dem niedrigsten Wert an Lebenstag 1 einen steilen, progressiven Verlauf. Der signifikante Abfall der Blutparameter mit anschließendem Anstieg zum sechsten und siebten Lebenstag bei gleichzeitiger Thrombozytose könnte auf einen intrapartalen Blutverlust mit anschließender Regeneration hindeuten. Der Grenzwert für eine Anämie wurde auf einen Hämatokrit von <0,20 l/l festgesetzt. Die Prävalenzen der kongenitalen Anämie lagen in US1 in der ersten Lebenswoche zwischen 6,8% (US1) und 3,2% (US2) der Stichproben. Von einer Präanämie (<0,25 l/l) betroffen waren zwischen 18,9% in US1 und 15,7% in US2, was vor dem Hintergrund der Milchkälberanämie und sinkenden Blutparametern im weiteren Verlaufe der Aufzucht kritisch zu sehen ist. Die interindividuelle Streuung war unmittelbar nach der Geburt am größten. Männliche Kälber wiesen signifikant (US1) niedrigere Blutparameter auf als weibliche Kälber. Ebenfalls hochsignifikant negativ wirkten sich Mehrlingsgeburten und Geburtskomplikationen aus. Die Laktationsanzahl der Kalbmutter sowie das Geburtsgewicht nahmen keinen Einfluss. Kälber mit akuter neonataler Diarrhoe wiesen aufgrund einer Dehydratation höhere Hämatokrit-Werte auf, während die Werte der Gruppe der anderweitig gesundheitlich auffälligen Kälber niedriger waren. Im Vergleich zwischen den Bertrieben in US2 hatte eine orale oder parenterale Eisensupplementierung in der ersten Lebenswoche keinen messbaren Effekt. Kreuzungskälber (Holstein Friesian X Weißblaue Belgier) wiesen hochsignifikant höhere Blutparameter auf. In der Regressionsanalyse nahm der Milchfettgehalt in der Vorlaktation sowie die Trächtigkeitsdauer einen signifikant negativen Einfluss auf den Hämatokrit. Im Betriebsvergleich unterschieden sich die Blutparameter hochsignifikant. Der niedrigste Hämatokrit-Mittelwert eines Betriebes lag bei 0,252, der höchste bei 0,380 l/l. Die Vorbereiterfütterung nahm Einfluss auf die Blutparameter der Kälber und könnte somit eine Ursache für die großen Unterschiede zwischen den Betrieben sein. Sehr hohe Selen- und Schwefelgehalte in der Vorbereiter-TMR korrelierten mit niedrigen Hämatokrit-Werten der neugeborenen Kälber. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen deuten darauf hin, dass den intrapartalen Blutverlusten im Hinblick auf die kongenitale Anämie erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken ist. Die signifikanten Unterschiede zwischen den Betrieben und der Einfluss mancher Fütterungsparameter auf die Höhe der Blutparameter lassen jedoch ebenfalls eine gestörte fetale Erythropoese vermuten.