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Die Rinderhaltung trägt wesentlich zur Emission von umwelt- und klimarelevanten Stickstoffverbindungen bei. Diese basieren hauptsächlich auf der renalen Ausscheidung überschüssigen Stickstoffs in Form von Harnstoff. Zu einem erheblichen Anteil entstammt dieser der Fermentation von verfütterten Proteinen im Pansen, welche von der ruminalen Stickstoff-Resorption in Form von NH4+ gefolgt ist. Funktionelle Voruntersuchungen wiesen auf einen nicht-selektiven Kationenkanal als Aufnahmemechanismus hin. Ferner ist seit vielen Jahren klar, dass die ruminale Aufnahme von Ca2+ über einen Vitamin D unabhängigen und zumindest teilweise elektrogenen Mechanismus erfolgt. Eine Identifikation der verantwortlichen Transportproteine erscheint zwingend, um neue Strategien u.a. zur Vermeidung der Gebärparese beim Wiederkäuer zu entwickeln. Die bereits erfolgte Detektion der mRNA für verschiedene TRP Kanäle im bovinen Pansenepithel und funktionelle Voruntersuchungen legten eine Beteiligung des bTRPV3 am ruminalen Kationentransport nahe. Hingegen war für die ebenfalls detektierte mRNA für bTRPV4 noch keine Funktion für diesen Kanal vorgeschlagen worden. Um zu klären, ob es sich überhaupt um epitheliale Transportproteine handelt oder um neuronale Kanäle, war eine Lokalisation im Pansengewebe notwendig. Im Rahmen dieser Dissertation wurden daher die bovinen Homologe von bTRPV3 und bTRPV4 sequenziert. Basierend auf diesen Ergebnissen wurden die beiden Kanäle jeweils in HEK-293 Zellen und bTRPV3 zusätzlich in Xenopus laevis Oozyten überexprimiert. Die Eignung von spezifischen Antikörpern zur Detektion dieser bovinen Proteine konnte damit bestätigt und die Funktion der Kanäle gezielt untersucht werden. Mithilfe der so etablierten Antikörper konnten bTRPV3 und bTRPV4 im Pansenepithel per Immunoblot nachgewiesen und per Immunfluoreszenz lokalisiert werden, wobei die intensive, apikale Detektion beider im Stratum granulosum eine Beteiligung am Transportgeschehen nahelegt. Diese Schlussfolgerung wurde durch Ussing Kammer Untersuchungen mithilfe von bTRPV3 bzw. bTRPV4 Agonisten am ruminalen Epithel unterstützt. In elektrophysiologischen Untersuchungen an HEK-293 Zellen wurden die Agonisten ebenfalls erprobt. Nur an bTRPV4 und nicht an bTRPV3 HEK-293 Zellen wirkte GSK1016790A stimulierend. Am nativen Pansenepithel waren allerdings deutlich höhere Konzentrationen nötig gewesen, um Effekte zu erzielen. An bTRPV3 HEK-293 Zellen konnte der 2-APB Effekt aus dem Ussing Kammer Versuch reproduziert werden. Schließlich wurde die Leitfähigkeit von bTRPV3 und von bTRPV4 für NH4+, K+, Na+ und Ca2+ nach Überexpression demonstriert. Im Falle von bTRPV3 kamen drei Untersuchungsmethoden (Calcium-Imaging, pH-sensitive Mikroelektroden und Patch-Clamp in whole-cell und inside-out Konfiguration) zum Einsatz, während bei bTRPV4 HEK-293 Zellen das Calcium-Imaging und die Patch-Clamp in whole-cell Konfiguration genutzt wurden. Die Stimulation des bTRPV3 durch Menthol oder Natriumbutyrat bewirkte einen Ca2+-Einstrom. Der Effekt dieser kurzkettigen Fettsäure auf bTRPV3 dürfte auf eine intrazelluläre H+-bedingte Aktivierung beruhen. Eine Natriumbutyrat Stimulation konnte für bTRPV4 im Calcium-Imaging aber nicht in der Patch-Clamp gezeigt werden, was für eine Aktivierung durch eine Zunahme des Zellvolumens spricht. Interessanterweise wurde bei inside-out Patch-Clamp und pH-sensitiven Mikroelektroden Messungen gezeigt, dass auch Kontroll-Xenopus laevis Oozyten endogene Kationenkanäle exprimieren, allerdings wiesen diese für NH4+ eine geringere Leitfähigkeit auf. Außerdem wurde erneut die Membran von Xenopus laevis Oozyten als weitgehend undurchlässig für NH3 befunden. Nach Charakterisierung an Überexpressionssystemen, funktionellen Untersuchungen am Pansenepithel, molekularbiologischen Untersuchungen mit Immunoblot und Lokalisation im Epithel erscheint insbesondere bTRPV3 für die apikale Aufnahme von Ca2+ und NH4+ im Pansen verantwortlich. Die bTRPV4 Beteiligung an diesem apikalen Transportgeschehen dürfte vermutlich erst bei Zellschwellung zunehmen. Damit konnte die molekulare Identität zweier Proteine mit Bedeutung für die NH4+-Resorption im ruminohepatischen Kreislauf geklärt werden. Beide dürften auch für die ruminale Ca2+ Resorption relevant sein. Vielfältige Möglichkeiten der Modulation durch pflanzliche Wirkstoffe eröffnen sich für Fütterungsstrategien und therapeutische Intervention am Wiederkäuer.