zum Inhalt springen

Fachbereich Veterinärmedizin


Service-Navigation

    Publikationsdatenbank

    Auswertung kardiologischer Untersuchungen bei Warmblutpferden mit Fokus auf Häufigkeit, Schweregrad sowie Zusammenhang von Befunden, Aussagekraft der Herzauskultation und Einflüssen von Herzbefunden auf die Leistungsfähigkeit (2022)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Hövener, Jakob Matthias Bernd (WE 17)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2022 — II, 80 Seiten
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/37271
    Kontakt
    Pferdeklinik

    Oertzenweg 19 b
    14163 Berlin
    +49 30 838 62299 / 62300
    pferdeklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Im Rahmen von Ankaufsuntersuchungen, vor Sedationen oder Allgemeinanästhesien oder auch zur Abklärung von klinischen Beschwerden, wie Leistungsschwäche, ist die Auskultation des Herzens beim Pferd ein integraler Bestandteil der Untersuchung. Relativ häufig werden hierbei Herzgeräusche oder Arrhythmien festgestellt. Viele Herzgeräusche und auch Rhythmusstörungen können beim Pferd physiologisch sein, jedoch gibt es auch Herzerkrankungen, die mit einem erhöhten Risiko, etwa für Leistungsinsuffizienz des betroffenen Pferdes verbunden sind. Ziel dieser Arbeit war es zum einen festzustellen, ob man Ätiologie und Schweregrad von Herzerkrankungen mittels Auskultation sicher feststellen kann und zum anderen sollte eine Übersicht über die Häufigkeit verschiedener Klappeninsuffizienzen, Rhythmusstörungen und Dimensionsveränderungen bei einer großen Gruppe von Pferden erstellt werden. Des Weiteren habe wir untersucht, wie sich verschiedene Herzerkrankungen gegenseitig in Bezug auf Häufigkeit und Schweregrad beeinflussen und welche Herzbefunde mit einem erhöhten Risiko für Leistungseinbußen verbunden sind. Dafür wurden 822 kardiologische Erstuntersuchungen, die zwischen Januar 2000 und Mai 2020 in der Tierärztlichen Klinik für Pferde in Bargteheide durchgeführt wurden ausgewertet. Es wurde festgestellt, dass die Auskultation ein spezifisches Verfahren ist, um die dem Herzgeräusch zugrundeliegende Klappeninsuffizienz festzustellen. Dies ist besonders der Fall, wenn nur ein Herzgeräusch und nur eine Klappeninsuffizienz vorliegt. In diesen Fällen kann eine fast perfekte Übereinstimmung zwischen der betroffenen Klappe und dem mit ihr laut Literatur vergesellschafteten Herzgeräusch festgestellt werden (Ƙ = 0.94). Falls mehrere Herzgeräusche und/ oder mehrere Klappeninsuffizienz vorlagen, so war die Übereinstimmung etwas weniger gut, aber immer noch substanziell (Ƙ = 0.74). Substanzielle Übereinstimmung konnte zwischen MVI und linksseitigen, systolischen Herzgeräuschen (Ƙ = 0.68), sowie zwischen AVI und linksseitigem diastolischen Herzgeräusch festgestellt werden (Ƙ = 0.72). Eine moderate Übereinstimmung wurde zwischen rechtsseitigen, systolischen Herzgeräuschen und dem Vorliegen von TVI und/ oder VSD festgestellt (Ƙ = 0.41). Bezüglich des Zusammenhangs zwischen Lautstärke des Herzgeräusches und Schweregrad der Klappenerkrankung konnten wir feststellen, dass leise Herzgeräusche (Grad 1-2/6) in den meisten Fällen (86%) durch geringgradige Klappeninsuffizienzen ausgelöst wurden, während die sichere Unterscheidung von mittel- und hochgradigen Insuffizienzen durch Auskultation allein nicht möglich ist, da laute Herzgeräusche (Grad 5-6/6) in 45% der Fälle von moderaten und nur in 40% der Fälle von hochgradigen Insuffizienzen ausgelöst werden. Insgesamt konnten wir feststellen, dass Pferde mit Dimensionsveränderungen durchschnittlich lautere Herzgeräusche haben, als Pferde mit normalen Herzdimensionen. Jedoch konnten wir keinen linearen Zusammenhang zwischen Schweregrad der Dimensionsveränderungen und Lautstärke des Herzgeräusches feststellen. Zudem wurde die Fragestellung, welche Herzbefunde bei den zum Zeitpunkt der Untersuchung aktiv sportlich genutzten Warmblutpferden vorkamen und wie sich diese auf die Leistungsfähigkeit der Warmblutsportpferde auswirkte. Bezüglich Häufigkeit der Befunde konnten wir feststellen, dass MVI (n=194) die häufigste Klappeninsuffizienz in dieser Population ist, gefolgt von AVI (n=46). TVI war ein relativ seltener Befund (n=36) und PVI wurde kaum festgestellt (n=3). 70% der Rückflüsse waren mild. Zudem konnte festgestellt werden, dass die verschiedenen Klappenrückflüsse in unterschiedlichen Altersgruppen unterschiedlich häufig vorkommen. So lag das Durchschnittsalter von Pferden mit MVI bei 8,2 Jahren, das von Pferden mit TVI bei 8,4 Jahren und das von Pferden mit AVI bei 11,1 Jahren. Häufigste Arrhythmie in Ruhe war Vorhofflimmern (n= 32), während atriale und ventrikuläre Extrasystolen häufiger im Belastungs- als im Ruhe-EKG festgestellt werden konnten. Vergrößerungen des linken Vorhofs waren die am häufigsten diagnostizierten Dimensionsveränderungen (n=59). Insgesamt konnten ein signifikant erhöhtes Risiko für Dimensionsveränderungen des LA bei Pferden mit MVI festgestellt werden (OR = 3.14, CI = 1,35-7.31, p < 0.01). Ebenso war AVI mit einem erhöhten Risiko für Vergrößerungen des LV (OR = 13.1, CI = 5.61 -30.35, p < 0.01) und TVI mit erhöhtem Risiko für Vergrößerungen des RA (OR = 28.46, CI = 7.36-110.10, p < 0.01) und des RV (OR = 20.36, CI = 2.60 – 201.59, p = 0.09) verbunden. Vergrößerungen des LA (OR = 3.18, CI = 1.47-6.87, p = 0.05) waren mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern verbunden, welches in einem multivariablen Modell der kardiologische Befund mit dem größten Risiko für Leistungsinsuffizienz war (OR = 22.7, CI = 7.47 – 69.41, p < 0.01). Weitere Herzbefunde, welche häufig bei Pferden mit Leistungseinbußen festgestellt wurden, waren AVI, hochgradige MVI, hochgradige TVI, sowie ventrikuläre und atriale Extrasystolen.Insgesamt wies jedoch der Großteil der Pferde mit Herzbefunden (74%) keine klinischen Symptome zum Zeitpunkt der Untersuchung auf. Es wurden im Rahmen dieser Arbeit ausschließlich kardiologische Erstuntersuchungen ausgewertet. Um in der Lage zu sein eine bessere Prognose für die weitere Nutzung von Pferden mit kardiologischen Befunden und ihre Leistungsfähigkeit geben zu können wären größer angelegte Verlaufsuntersuchungen nötig und sinnvoll.