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Mit dieser Arbeit sollte die klinische Relevanz von Infektionen mit Borrelia burgdorferi sensu lato (Bbsl) sowie Anaplasma phagocytophilum (Ap) bei Pferden in Deutschland untersucht und mögliche Assoziationen zwischen typischen klinischen Veränderungen und spezifischen erhöhten Serumantikörperspiegeln gefunden werden. Hierfür wurden Pferde mit dem Verdacht auf eine klinisch manifeste Lyme-Borreliose (LB) deutschlandweit untersucht. Die Tierärzte wurden zudem gebeten, einen Befund- bzw. Fragebogen auszufüllen. Neben einer Blutprobe von dem LB-erkrankten bzw. -verdächtigen Pferd wurde immer auch eine Blutprobe eines gesunden Kontrollpferdes aus dem gleichen Bestand entnommen. Die Blutproben wurden mittels ELISA (enzyme-linked immunosorbent assay) und Line-Immunoassay auf spezifische Antikörper (Ak) gegen Bbsl und zusätzlich mittels eines validierten SNAP-Tests (SNAP® 4Dx Plus® ELISA) auf spezifische Ak für Bbsl und Anaplasma phagocytophilum (Ap) untersucht. Zudem wurde ein manueller Ausstrich auf Einschlusskörperchen in den Granulozyten, die auf eine Ap-Infektion hindeuten, untersucht. Insgesamt wurden 123 LB-Verdachts- und 113 Kontrollpferde an der Studie aufgenommen. 114 Tierarztfragebögen und Blutproben lagen vollständig vor und gingen in die statistische Auswertung ein. Die häufigsten Vorstellungsgründe der LB-Verdachtstiere waren Lahmheit (n = 36; nges = 79; 45,6 %), Leistungsschwäche (n = 19; 24,1 %) und Apathie (n = 12; 15,2 %). Bei fast der Hälfte der Patienten wurden die klinischen Veränderungen bereits seit über sechs Monaten beobachtet (n = 48; nges = 112; 42,9 %). Zahlreiche Tiere zeigten mehrere, oftmals unspezifische klinische Veränderungen (n = 104; nges = 114; 92,2 %) und/oder litten zusätzlich unter einer chronischen Erkrankung (n = 48; nges = 114; 42,5 %). Obwohl in vielen Fällen schon eine weiterführende Infektionsdiagnostik (n = 64 von nges = 114; 56,1 %) durchgeführt worden war, wurden einige Pferde bislang noch nicht weitergehend labordiagnostisch untersucht (n = 14; nges = 114; 12,3 %). Bei 15 % der Probanden (n = 29; nges = 112) war zudem bislang noch keine eingehende Untersuchung einzelner Organsysteme erfolgt. Auf Basis der eigenen serologischen Befunde wurden 51 % (n = 63) der LB Verdachtspferde negativ (49 % der Verdachtspferde; n = 55), 28 % (n = 34) wurden grenzwertig (35 % der Kontrollpferde; n = 40) und 21 % (n = 26) positiv (16 % der Kontrollpferde; n = 18) auf spezifische Ak gegen Bbsl getestet. Ein positiver Ap-spezifischer Ak-Nachweis lag bei 19,5 % der Verdachtspferde (16,8 % der Kontrollpferde) vor. Ein Hinweis auf eine Coinfektion mit Bbsl und Ap konnte bei sieben Verdachtstieren (5,7 %; 2 Kontrollpferde, 1.8 %) gefunden werden. Die Blutausstriche waren bei allen Verdachts- und Kontrolltieren, bei denen sie auswertbar waren (n = 98), ohne besonderen Befund. Die hohe Zahl klinisch inapparenter Verläufe von Infektionen mit Bbsl konnte durch die hohe Zahl seropositiver Probanden (n = 18; nges = 112; 16 %) in der gesunden Kontrollgruppe (KG) bestätigt werden. Insgesamt ergab sich ein kaum differierender Serostatus von Verdachts- und Kontrollpferden (p = 0,887). Es konnten mit dem gewonnenen Datenmaterial keine pathognomonisch definierten, klinischen Veränderungen für die LB bei Pferden herausgearbeitet werden. Weder das gehäufte Auftreten unspezifischer Störungen des Allgemeinbefindens (p = 0,043), noch Lahmheiten (p = 0,782) oder Gelenkschwellungen (p = 0,013) konnten statistisch signifikant im Zusammenhang mit positivem Bbsl-Ak-Nachweis beobachtet werden. Die Chance für einen positiven Ap-Ak-Nachweis war bei Fieber (OR = 3,54 (1,28–9,73)) und Inappetenz (OR = 4,54 (1,44–14,29)) erhöht. Bei Coinfektionen (Bbsl + Ap) wurden zudem auffallend häufig neurologische Veränderungen, wie Kopfnervenausfälle (p = 0,030) und Hinweise auf eine Meningoenzephalitis (p = 0,003) diagnostiziert, wobei letztere Korrelation aufgrund der geringen Anzahl an betroffenen Patienten mit einer Unsicherheit hinsichtlich der Praxisrelevanz behaftet ist.