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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Wie soll ich das lernen?
    Aufmerksamkeit steuert Entscheidungs- und Lernprozesse bei Ratten (2022)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Hermann, Selina (WE 11)
    Quelle
    Berlin, 2022 — 119 Seiten
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/36445
    Kontakt
    Institut für Tierschutz, Tierverhalten und Versuchstierkunde

    Königsweg 67
    14163 Berlin
    +49 30 838 61146
    tierschutz@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Kognitive Flexibilität beschreibt die Fähigkeit, sein Handeln in einer sich ändernden Umgebung sinnvoll anzupassen. Zu dieser Fähigkeit gibt es zahlreiche Untersuchungen, da sie eine zentrale Rolle bei der Frage „wie lernt ein Individuum?“ spielt. Allerdings gibt es verschiedene Beobachtungen beim Lernen einer Aufgabe, für die es noch keine Erklärungen gibt. Der sogenannte „Geistesblitz“, der beim Lernen von verschiedenen Aufgaben beobachtet werden kann, ist bisher noch ungeklärt. Er beschreibt einen abrupten Lernanstieg beim Lernen einer Aufgabe. Ebenfalls ist bisher nicht geklärt, wie Tiere und Menschen es schaffen, den Überblick über eine Aufgabe zu behalten, wenn die Komplexität der Umwelt steigt. Viele Reize machen es schwer herauszufinden, welcher Reiz eine Rolle für das Lösen einer Aufgabe spielt. Zusätzlich scheint es so zu sein, dass das Erkennen einer zugrundeliegenden Struktur einer Aufgabe das Lösen einer neuen Aufgabe mit derselben Struktur vereinfacht. Auch dieser Aspekt ist bisher unzureichend untersucht. Das zentrale Ziel dieser Arbeit ist es zu erklären, wie es zu abrupten Lernanstiegen kommen kann und wie ein Tier, in dem Fall die Ratte, vom Erlernen einer zugrundeliegenden Struktur profitieren kann. Die Hypothese wurde aufgestellt, dass die Tiere auf Strategieebene lernen. Das bedeutet, dass Tiere mittels der Strategien Hinweisreize auf ihre Relevanz systematisch überprüfen. Dadurch findet eine Reduktion der Komplexität der Umwelt statt, um der Fülle an Reizen Herr zu werden. Diese Reduktion findet durch Verlagerung der selektiven Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Reiz statt. Die Untersuchungen zeigen, dass die Tiere ihre Aufmerksamkeit immer nur auf einen Reiz verlagern und diesen auf Belohnungsrelevanz überprüfen. Die Experimente dazu finden mit einer neu entwickelten Aufgabe statt, die mehrere Dimensionen beinhaltet und daher recht komplex ist. In dieser Aufgabe kann durch Hebeldruck eine Belohnung erzielt werden, wenn der Druck zur aktuell festgelegten Regel passt. Das Antwortverhalten der Ratten wird auf verschiedene Strategiesequenzen untersucht. Um die Verlagerung der Aufmerksamkeit nachzuweisen, werden alle Aufgaben mittels Videotracking ausgewertet und die Bewegungsmuster der Ratten können somit analysiert werden. Es gibt dadurch zwei voneinander unabhängige Datenquellen, das Antwortverhalten, sowie die Bewegungsmuster, die zur Überprüfung der Hypothese herangezogen werden können. Die Aufgabe wurde zusätzlich durch äußere Einflüsse moduliert. Ein Teil der Tiere erhielt während der Aufzucht und den laufenden Experimenten eine Haltung mit Environmental Enrichment. Die Umwelt der Tiere wird durch verschiedene Materialen wie Unterschlüpfe, Spielsachen oder Nistmaterialien aufgewertet, um die Auswirkungen auf das flexible Verhalten zu untersuchen. Mit den gesammelten Daten konnte das Lernen auf Strategieebene nachgewiesen werden. Lernen mithilfe von Strategien erklärt beobachtete abrupte Lernanstiege und das Lernen einer zugrundeliegenden Struktur. Der Einsatz von Strategien kann mit zwei unabhängigen Datenquellen, der Analyse des Antwortverhaltens und der Bewegungsmuster, nachgewiesen werden. Außerdem ergab die Analyse der Bewegungsmuster, dass Aufmerksamkeit zur Reduktion der Komplexität einer Aufgabe dient und diese somit schneller gelöst werden kann. Bisherige Verhaltensmodelle können mit dieser Herangehensweise ergänzt werden. Die Modulation der Haltungsbedingungen ergab keine konsistenten Ergebnisse. Für eine Reproduktion von Ergebnissen, die die Haltungsbedingungen betreffen, ist eine Standardisierung des Environmental Enrichments in der Forschungsarbeit notwendig.