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Pferde sind gemäß Artikel (Art.) 37, Absatz (Abs.) 1 der Durchführungsverordnung der europäischen Union (EU)
2015/262 Schlachttiere und damit für den menschlichen Verzehr vorgesehen, so lange keine ausdrückliche Deklaration zum Nicht-Schlacht-
tier (Abschnitt II, Teil II des Equidenpasses) erfolgt. Als Schlachtpferde gelten somit Pferde mit Equidenpass, bei denen der entsprechende
Anhang nicht ausgefüllt ist, sowie Equiden, und damit auch Fohlen, für die kein Equidenpass vorliegt. Auf Grund arzneimittel- und lebens -
mittelrechtlicher Bestimmungen stehen dem behandelnden Tierarzt von noch nicht gekennzeichneten Fohlen lediglich eine begrenze Auswahl
an verwendbaren Medikamenten zur Verfügung, da diese grundsätzlich wie ein Schlachttier zu behandeln sind. Dies stellt die Tierärzteschaft
vor eine besondere Herausforderung, bei der die Balance zwischen medizinisch und ethisch korrekter Therapie behandlungsbedürftiger Fohlen
und die arzneimittel- und lebensmittelrechtliche Regelkonformität gewahrt werden muss. Art. 42 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/963
ermöglicht seit 07.07.2021 ähnlich wie das Modell B des Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere (HIT) einen legalen Weg,
um für Fohlen bei medizinischer Notwendigkeit eine ad-hoc-Identifizierung durchführen zu können. Hierbei erfolgt die Implantation eines in -
jizierbaren Transponders, sowie das Ausfüllen eines Identifizierungsdokuments unmittelbar durch den verantwortlichen Tierarzt bei Behandlung
einer lebensbedrohlichen Situation. Sofern die angewendeten Medikamente nicht als wesentliche Stoffe in der „Positivliste“ der Verordnung
(VO) (EU) 122/2013 aufgeführt sind, wird das Fohlen vom behandelnden Tierarzt von der Schlachtung und vom menschlichen Verzehr aus -
geschlossen. Bei der Anwendung von wesentlichen Stoffen der „Positivliste“ gilt der Ausschluss von der Schlachtung und dem menschlichen
Verzehr für 6 Monate. Das ausgefüllte Identifikationsformular dient im Anschluss zur Erstellung des endgültigen Passes und der Registrierung
in der HIT-Datenbank. Behandlungen von lebensmittelliefernden Equiden mit Medikamenten, die nicht zu den „zulässigen Stoffen“ (entspricht
den Stoffen der „Positivliste“) gehören, müssen zusätzlich zur Dokumentation über Anwendungs- und Abgabe (AuA)-Dokumentation und im
Bestandsbuch auch im Equidenpass verzeichnet werden. Die praktische Umsetzung der rechtlich vorhandenen Möglichkeiten durch Bereit -
stellung von Notfall-Transponder und Identifizierungsdokumenten für die ad-hoc-Identifizierung ist nun eine organisatorische Aufgabe, die
seitens der zuständigen Behörden der einzelnen Bundesländer zugunsten der Tierärzteschaft geleistet werden muss. Bei Nichteinhaltung der
gesetzlichen Regelungen kann nach dem Tierarzneimittelgesetz ( TAMG) eine Straftat vorliegen, deren gesetzlicher Tatbestand eine Ahndung
mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder mit einer Geldstrafe vorsieht.