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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Der Einfluss verschiedener Volumenersatzmittel und kontinuierlicher venovenöser Hämofiltration (CVVH) im gesunden Schweinemodell auf die klinische Chemie und die Histopathologie der Leber (2021)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Brunk, Sabrina (WE 12)
    Quelle
    Berlin: Mensch & Buch Verlag, 2021 — IV, 180 Seiten
    ISBN: 978-3-96729-148-3
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/33966
    Kontakt
    Institut für Tierpathologie

    Robert-von-Ostertag-Str. 15
    14163 Berlin
    +49 30 838 62450
    pathologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Die Behandlung kritisch kranker Patienten stellt die Medizin vor große Herausforderungen. Die häufig multimorbiden Patienten werden einer großen Bandbreite von Therapiemodulen unterzogen, die neben Anästhesie, Medikation und parenteraler Ernährung u. a. auch die Verabreichung von kristalloiden oder kolloidalen Infusionslösungen sowie die Anwendung extrakorporaler organunterstützender Systeme umfasst. In klinischen Studien wird meist nur einzelnen Therapiebestandteilen Beachtung geschenkt und variierende Begleittherapien wie z. B. das Infusionsmanagement und damit einhergehende mögliche biokompatibilitätsbedingte Wechselwirkungen außer Acht gelassen, was zu konträren Ergebnissen führt bzw. eine Vergleichbarkeit kaum möglich macht. Vor diesem Hintergrund beschäftigte sich diese tierexperimentelle Arbeit an gesunden Schweinen (n = 66) mit der Fragestellung, ob sich unterschiedliche, volumenersatzmittelspezifische Auswirkungen kristalloider und kolloidaler Infusionslösungen, unter Anwendung eines venovenösen Hämofiltrationskreislaufes (CVVH) auf die Blutchemie darstellen lassen und ob sich histopathologisch Anzeichen einer potentiellen hepatischen Beeinträchtigung ergeben. Hierfür wurden die Versuchstiere in Kontroll- und CVVH-Gruppen auf die fünf untersuchten Volumenersatzmittel (NaCl, HES130, HES200, Albumin (ALB), Gelatine (GEL)) verteilt. Die CVVH-Tiere waren insgesamt 6,5 h an einen Hämofiltrationskreislauf angeschlossen und erhielten über den gesamten Zeitraum eine Infusion mit dem ihrer Gruppe entsprechenden Volumenersatzmittel. Zu fünf definierten Zeitpunkten erfolgten umfangreiche Messungen der Blutparameter (Elektrolyte, Nierenwerte, Bluteiweiße, kolloidosmotischer Druck, Laktat, Leberenzyme). Unmittelbar nach Beendigung des Versuches erfolgte die Euthanasie der Tiere und anschließend die histologische Aufarbeitung der Lebern nach einem histologischen Scoring-System auf Anzeichen einer veränderten hepatischen Mikrozikulation und möglicher hepatozellulärer Schäden. Insgesamt konnten, nach dem nur wenige Stunden laufenden Versuchsprotokoll bei Begutachtung der weitgehend innerhalb der physiologischen Referenzwerte gebliebenen Blutparameter, insbesondere volumenersatzmittelspezifische Unterschiede und bei den histologischen Leberbefunden eine volumenersatzmittel- und CVVH-spezifische Beeinflussung festgestellt werden. Höhere Chloridwerte in den Kontroll- und CVVH-Gruppen (NaCl, HES130, HES200) und höhere Natriumwerte (NaCl, HES130, HES200, GEL) standen im Zusammenhang mit der Zusammensetzung der Infusionslösungen. Signifikant höhere Kreatininwerte im Vergleich zur Kontrolle bei den mit GEL infundierten Tieren sowie ein dazu divergentes Verhalten der beiden HES-Präparate könnten Hinweis auf eine schlechtere Kreatinin-Clearance der CVVH-GELGruppe sein. Ein nur bei den beiden HES-Präparaten sichtbarer Anstieg der Glukose-Konzentration nach der Bolusinfusion, war mit dem Abbauweg der HES-Moleküle zu Glukose nachvollziehbar. Im Vergleich zur ALB-Gruppe konstant niedrigere, unter der Angangsmessung liegende Protein- und Albumin-Konzentrationen der künstlichen Kolloide (HES130, HES200, GEL) wiesen auf einen durch die Applikation artifizieller Kolloide und über den KOD regulierten Einfluss auf die Albuminhomöostase in der Leber hin. Die histopathologische Auswertung ergab bei allen CVVH-Gruppen eine geringere Ausprägung der Ödematisierung der Portalfelder im Vergleich zu den Kontrollen. Weiterhin zeigten die CVVH-Gruppen von NaCl, ALB und GEL im Vergleich zu ihren Kontrollen signifikant geringere Scores bei der Erweiterung der Dissé-Räume und des sinusoidalen Blutstaus. Die beiden HES-Präparate verhielten sich dazu divergent. Ohne eine Messung intrahepatischer Drücke und portaler Flussraten ist die Interpretation dieser Ergebnisse jedoch limitiert. Neben einer verbesserten Hämodynamik unter der CVVH war angesichts höherer Leukozytenzahlen bei NaCl, ALB, GEL auch eine Biokompatibilitätsreaktion mit Leukozytenaktivierung, Zytokinausschüttung und nachfolgender Vasokonstriktion in Betracht zu ziehen. Bei allen CVVH-Gruppen konnte ein geringerer Grad der hepatozellulären Vakuolisierung zugunsten einer stärker ausgeprägten Ödematisierung im Vergleich zu ihren Kontrollen nachgewiesen werden. Dies wurde als geringere Affektion der Leberzellen gewertet, welche sich zusätzlich blutchemisch durch eine geringere Liberation von AST bei den Tieren der HES130- und GEL-Gruppe wiederspiegelte. Die Regruppierung der Versuchstiere, nach ihren mittleren histologischen Scorewerten (0-3), unabhängig vom Volumenersatzmittel, zeigte, dass tendenziell bis signifikant höhere Enzymwerte mit einer stärkeren Vakuolisierung (AST) und stärkeren Ödematisierung (ALT, LDH) in Zusammenhang standen. Eine ausschließliche Einspeicherung von HES-Molekülen in den Leberzellvakuolen konnte damit wiederlegt werden. Insgesamt war diese tierexperimentelle Arbeit geeignet zu zeigen, dass bereits die Wahl des Volumenersatzes zu unterschiedlichen Biokompatibilitätsreaktionen, bei gleichzeitiger Anwendung einer CVVH führen kann. Angesichts der sich bereits innerhalb weniger Stunden zeigenden geringen Unterschiede in einem gesunden Schweinemodell, erscheint es ratsam entsprechende Protokollaspekte beim Design zukünftiger präklinischer Studien zu berücksichtigen und für klinische Studien diesen Faktor in entsprechende multivariante Analysen mit einzubeziehen.