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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Studien zur Behandlung der felinen Hyperthyreose mit auf Core-Multishell (CMS) Nanocarriern basierender Thiamazolsalbe (2022)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Böhm, Daniel (WE 20)
    Quelle
    Berlin, 2022 — VI, 121 Seiten
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/33815
    Kontakt
    Klein- und Heimtierklinik

    Oertzenweg 19 b
    14163 Berlin
    +49 30 838 62422
    kleintierklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Die feline Hyperthyreose ist die häufigste endokrinologische Erkrankung der Katze. Zur Therapie steht unter anderem das Thyreostatikum Thiamazol zur Verfügung, das typischerweise oral verabreicht wird. Bei der oralen Therapie kommt es bei 10–20% der Katzen zu gastrointestinalen Nebenwirkungen. Außerdem haben fast 40% der Besitzer Schwierigkeiten bei der oralen Applikation. Eine Alternative kann die transdermale Therapie sein. Bisher verwendete dermale Formulierungen wie Pluronic Lecithin Organogel oder Polyethylen-Glycol zeigen variable Ergebnisse und benötigen Penetrationsverstärker, die langfristig hautschädigend wirken. In der vorliegenden Arbeit wurde daher erstmals eine amphiphile dendritische Kern-Multischalen-Nanocarrier enthaltende Thiamazolsalbe zur Behandlung der felinen Hyperthyreose eingesetzt. Ziele der Studien zur neuartigen Thiamazolsalbe waren: 1) Untersuchung von Sicherheit und initialer Absenkung des T4-Wertes sowie Aufstellen eines Dosierungsschemas in einer ersten Pilotstudie. 2) Vergleich der Wirksamkeit von Nanocarrier enthaltender Thiamazolsalbe mit der von oral appliziertem Thiamazol in einer kontrollierten, randomisierten Studie. Im Rahmen der Pilotstudie an der Kleintierklinik der FU-Berlin wurden 24 hyperthyreote Katzen eingeschlossen und drei (24 Katzen) bis acht Wochen (12 Katzen) mit Thiamazolsalbe behandelt. Einschlusskriterien waren ein Serum-T4-Wert ≥ 4,0 µg/dl oder ein T4-Wert zwischen 3,0–4,0 µg/dl und festgelegten, klinischen Befunden. Der euthyreote Bereich wurde mit einem T4-Wert zwischen ≥ 0,8 und ≤ 4,0 µg/dl definiert. Der Behandlungserfolg lag nach drei Wochen bei 50%, nach acht Wochen bei 41,7%. Die Katzen, die den euthyreoten Bereich erreichten, erhielten nach drei Wochen eine mittlere Dosis von 1,09 mg/kg/d (0,68–1,7 mg/kg/d, 12/24) bzw. nach acht Wochen 1,65 mg/kg/d (1,49–2,04 mg/kg/d, 5/12). Während des drei bzw. achtwöchigen Studienzeitraumes konnten keine Nebenwirkungen beobachtet werden. Weiterhin ergab sich entsprechend der Dosis-Wirkung folgendes Dosierungsschema: Katzen mit einem T4-Wert > 10 µg/dl sollten eine Tagesdosis von 7–8 mg, jene Katzen mit einem T4-Wert <10 µg/dl 3,5–4,5 mg erhalten. Zur Bewertung der Sicherheit der verwendeten Nanocarrier basierenden Thiamazolsalbe wurden die Auswirkungen auf die T4-Werte von im selben Haushalt lebenden Katzen (“Partnerkatzen”) untersucht und mit den T4-Wert-Schwankungen einer unabhängigen Kontrollgruppe verglichen. Hierbei konnte kein signifikanter Unterschied zwischen Partnerkatzen und Kontrollgruppe festgestellt werden, sodass die dermale Therapie den T4-Wert der Partnerkatzen nicht beeinflusst. Zur Steigerung der Anwendersicherheit wurde im Verlauf der Studie ein spezieller Applikator entwickelt, der dem Besitzer das kontaktlose Auftragen der Thiamazolsalbe auf die Ohrmuschelinnenseite ermöglicht. Die Ergebnisse der Pilotstudie zeigten, dass die verwendete Thiamazolsalbe zur Behandlung der felinen Hyperthyreose geeignet ist. In der anschließenden randomisierten, kontrollierten, multizentrischen Folgestudie wurde die Nicht-Unterlegenheit einer transdermalen Applikation von Thiamazolsalbe gegenüber der oralen Gabe von Thiamazoltabletten zur Behandlung der felinen Hyperthyreose untersucht. In die Studie wurden Katzen mit einer Serum-T4-Konzentration > 4,5 µg/dl eingeschlossen und zufällig der dermalen oder oralen Behandlungsgruppe zugewiesen. Katzen der dermalen Gruppe erhielten abhängig vom anfänglichen T4-Wert eine Dosierung von 3,6 mg (T4-Wert > 4,5–10 µg/dl) bzw. 7,2 mg (T4-Wert > 10 µg/dl) täglich und die der oralen Gruppe unabhängig vom T4-Wert 5,0 mg täglich. Primärer Endpunkt war die Bestimmung des Anteils euthyreoter Katzen (T4 0,8–4,0 µg/dl) in der Per Protocol Population nach 120 Tagen Behandlungsdauer in Bezug auf die Nicht-Unterlegenheit der dermalen gegenüber der oralen Behandlungsgruppe. Sekundäre Endpunkte waren u.a. Veränderungen klinischer Parameter (Herzfrequenz, Gewicht) und die Evaluation möglicher Nebenwirkungen. Als Nicht-Unterlegenheitsgrenze wurde a priori ein Unterschied der Erfolgsraten zwischen beiden Gruppen von 10% festgelegt. NichtUnterlegenheit der dermalen Gruppe war gegeben, wenn das untere 95%- Konfidenzintervall größer -10% war. Für weitere Analysen auf Überlegenheit wurde eine Grenze von 0% definiert. Insgesamt wurden 88 Katzen (dermale Gruppe 53, orale Gruppe 35) in die Per Protocol Analyse eingeschlossen. Nach 3, 6, 9 bzw. 16 Wochen waren 71,7%, 77,4%, 83,0% und 83,0% der dermalen Gruppe sowie 45,7%, 62,9%, 64,5% und 54,3% der oralen Gruppe euthyreot. Zu allen Kontrollpunkten konnte die NichtUnterlegenheit und in Woche 3 und 16 die Überlegenheit der dermalen Gruppe gegenüber der oralen Gruppe nachgewiesen werden (Konfidenzintervall in Woche 3, 6, 9 bzw. 16: 5,5–46,5%; -5,1–34,1%; -1,2–38,2%; 9,3–48.1%). Gastrointestinale Nebenwirkungen (Anorexie und Erbrechen) traten in der oralen Gruppe häufiger auf als in der dermalen Gruppe (18,8% vs. 5,5%). Auf die Ohrmuschelinnenseite beschränkter Juckreiz und Exkoriationen sowie ein vorübergehendes Erythem der Ohrmuschel wurde nur bei dermal behandelten Katzen beobachtet (11,0% bzw. 6,8%). Zwei oral behandelte Katzen zeigten Juckreiz und Exkoriationen im Gesicht (3,1%). Die Studie zeigte, dass eine transdermale Formulierung von Thiamazol, die auf CMSNanocarriern basiert, in ihrer Wirksamkeit zu keinem Studienzeitpunkt der oralen Behandlung gegenüber unterlegen war. Daher ist die transdermale Behandlung mit Thiamazol ebenso zur Behandlung der felinen Hyperthyreose geeignet wie die orale Behandlung.