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Ziel der vorliegenden Arbeit war es, erstmalig Daten über die coliforme Mikroflora der Wildschweine sowie grundlegende Erkenntnisse über die Diversität von E. coli-Populationen und über das natürliche Vorkommen von Virulenz- und Kolonisationsgenen in nicht vom Menschen beeinflussten Schweinepopulationen zu erhalten. Daher wurden kommensale E. coli aus dem Darm von gesunden Wildschweinen geno- und phänotypisch untersucht. Die Ergebnisse wurden mit bereits publizierten Daten kommensaler E. coli von Hausschweinen verglichen. Im ersten Teil der Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Diversität der E. coli Stämme für jedes Wildschwein individuell und hoch variabel, jedoch geringer als die Diversität von Hausschwein E. coli war. Über die Hälfte der untersuchten Wildschwein E. coli wiesen zudem mindestens eines der für schweinepathogene E. coli typischen Virulenzgene auf. Das Toxingen astA war in fast der Hälfte aller Stämme nachweisbar. Alle vier ECoR Gruppen waren in jedem der untersuchten Darmabschnitte vertreten. Die geno- und phänotypische Charakterisierung der Wildschwein E. coli im zweiten Teil der Arbeit belegte, dass für schweinepathogene E. coli typische Virulenzgene bei Wildschwein E. coli nur sporadisch nachgewiesen werden konnten, wohingegen einige für extraintestinal-pathogene E. coli (ExPEC) typische, virulenzassoziierte Gene (mat, fyuA, sitD chr., astA, kpsMTII, ibeA, malX) häufiger als bei kommensalen Hausschwein E. coli auftraten. Der Großteil der untersuchten Isolate gehörte den ECoR Gruppen A und B1 an, wobei die ECoR Gruppe B2, deren Vertreter deutlich mehr virulenzassoziierte Gene aufwiesen, häufiger als bei kommensalen E. coli von Hausschweinen vorkam. Außerdem wiesen E. coli von Wildschweinen gegenüber denen von Hausschweinen durchschnittlich höhere Adhäsionsraten an IPEC J2 Zellen und eine effizientere Verwertung der 49 getesteten Kohlenhydrate auf. Diese Ergebnisse legen nahe, dass sich E. coli von Wildschweinen in einigen Eigenschaften von Hausschwein E. coli unterscheiden. Das bessere Adhäsionsvermögen, die effizientere Kohlenhydratverwertung, die geringere Diversität sowie das häufigere Vorkommen von Kolonisationsgenen und der ECoR Gruppe B2 könnten eine Folge des durch den Menschen eingeleiteten Domestizierungsprozesses und der heutigen konventionellen Schweinehaltung sein.