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A. phagozytophilum ist ein von Zecken der Gattung Ixodes übertragenes gramnegatives obligat intrazelluläres Bakterium, das v.a. neutrophile Granulozyten befällt. Infektionen mit diesem Erreger wurden bei den meisten Haussäugetieren und auch beim Menschen festgestellt. A. phagozytophilum ist der Erreger der caninen granulozytären Anaplasmose (CGA). Ziele dieser Studie waren 1) die Ermittlung der Prävalenz von Infektionen mit A. phagozytophilum bei klinisch gesunden und kranken, anaplasmoseverdächtigen Hunden, 2) die Untersuchung, ob eine regelmäßige Behandlung mit Imidacloprid-Permethrin einen wirksamen Schutz vor Neuinfektionen mit A. phagozytophilum darstellt und 3) die Beschreibung der CGA (Symptomatik, Labordiagnostik und Verlauf der Erkrankung). 1) Zwischen Juni 2005 bis Dezember 2006 gingen 522 Hunde in die Studie ein (Gruppe 1: 258 kranke, anaplasmoseverdächtige Hunde, Gruppe 2: 264 klinisch gesunde Hunde). Ein Anaplasmoseverdacht war gegeben, wenn Hunde Symptome wie Lethargie, Fieber, Inappetenz, blasse Schleimhäute, Oberflächenblutungen, Gelenkschmerz, Bewegungsunlust oder Splenomegalie sowie Laborwertveränderungen wie Thrombozytopenie, Anämie und Leukopenie aufwiesen. Nach Anamneseerhebung und klinischer Untersuchung wurden bei allen Hunden eine hämatologische Untersuchung und Untersuchung auf A. phagozytophilum (direkter Nachweis mittels Blut- und Buffy-coat-Ausstrichen sowie Real-time-PCR, indirekter Nachweis über IFAT) durchgeführt. Insgesamt waren 226 (43,3%) der Hunde seropositiv, 121 (46,9%) kranke und 105 (39,8%) gesunde. Insgesamt war die PCR bei 30 Hunden (5,7%) positiv (20 kranke, 10 gesunde), bei 492 (94,3%) negativ (238 kranke, 254 gesunde). Morulae wurden ausschließlich bei PCR- positiven Hunden nachgewiesen (bei 10 kranken, 2 gesunden Hunden). Hunde der Gruppe 1 waren nicht signifikant häufiger PCR- oder Morulae-positiv als Hunde der Gruppe 2 (p > 0,05). Nur 22 von 30 (73,3%) PCR-positiven Hunden waren seropositiv. PCR-positive Hunde waren signifikant häufiger seropositiv als PCR-negative Hunde (p < 0,05). 26 der 30 Hunde mit einem positiven PCR- Ergebnis wurden in den Monaten Mai bis September vorgestellt (p = 0,021). Im Gegensatz dazu konnte kein Hinweis für eine Saisonalität des Antikörpertiternachweises festgestellt werden (p = 0,474). 2) 27 initial negativ für A. phagozytophilum getestete Hunde wurden über ein Jahr alle 4 Wochen mit Permethrin-Imidacloprid (Advantix®) behandelt und im Abstand von 3 – 4 Monaten erneut auf A. phagozytophilum untersucht. Ein Hund serokonvertierte, 26 Hunde blieben seronegativ. Die PCR war bei allen Hunden bei jeder Untersuchung negativ, Morulae konnten ebenfalls bei keinem Hund nachgewiesen werden. Zusätzlich fiel auf, dass Hunde, die vor Studienbeginn Zecken hatten, während der Studie weniger oder gar nicht von Zecken befallen waren. 3) Von Juni 2005 bis Juli 2007 wurde die Diagnose CGA bei 19 kranken, anaplasmoseverdächtigen Hunden auf der Basis eines positiven PCR-Tests, dem Ausschluss bekannter Ko-Infektionen und der Besserung auf eine Doxyzyklintherapie gestellt. Bei 18 Hunden erfolgte die Infektion über Zecken, ein Hund wurde über eine Bluttransfusion infiziert. Die meisten Hunde zeigten unspezifische Symptome: Mattigkeit (18), Inappetenz (16) und Fieber (11). Seltener waren blasse Schleimhäute (6), angespanntes Abdomen (6), Diarrhoe (3), Polydipsie/Polyurie (3), Oberflächenblutungen (3), Vomitus (2) und Lahmheit (2). Zu den Laborwertabweichungen gehörten Thrombozytopenie (18), Anämie (10), Leukopenie (5), Leukozytose (5), Neutrophilie (8), Lymphopenie (9), Monozytose (7) sowie Hyperglobulinämie (6), Hypoalbuminämie (12), eine erhöhte alkalische Phosphatase (11) und eine Hyperbilirubinämie (5). Der Test auf thrombozytengebundene Antikörper war bei 6 von 10 untersuchten Hunden positiv, der Coombs-Test bei allen 9 getesteten Hunden negativ. Eine sekundäre immunbedingte Thrombozytopenie (ITP) könnte einen wichtigen Pathomechanismus bei der Entstehung einer Thrombozytopenie im Rahmen der CGA darstellen. Bei 17 Hunden wurde röntgenologisch eine Splenomegalie diagnostiziert, ein Hund hatte eine Hepatosplenomegalie. Alle Hunde wurden mit Doxyzyklin therapiert, ein Hund zusätzlich mit Imidocarb. Drei Hunde mit sekundärer ITP oder Polyarthritis erhielten zusätzlich Prednisolon. Achtzehn Hunde erholten sich vollständig, ein Hund wurde aufgrund eines Hämangiosarkoms euthanasiert. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Infektionen mit A. phagozytophilum beim Hund in der Region Berlin/Brandenburg häufig sind, aber nur ein kleiner Teil der infizierten Hunde erkrankt. Es bestand kein Unterschied zwischen seropositiven und -negativen Hunden bezüglich des Auftretens von Laborwertveränderungen. PCR-positive Hunde können sowohl klinisch als auch hämatologisch unauffällig sein, weshalb eine routinemäßige Untersuchung von Blutspendern mittels eines direkten Nachweisverfahrens empfohlen wird. Eine serologische Untersuchung zum Ausschluss einer möglichen Übertragung ist nicht geeignet, da klinisch gesunde Hunde seropositiv und kranke, an einer CGA erkrankte Hunde seronegativ sein können. Imidacloprid-Permethrin war bei einer korrekten und regelmäßigen Anwendung geeignet, Hunde vor Infektionen mit A. phagozytophilum zu schützen. Die CGA sollte differentialdiagnostisch in Betracht gezogen werden bei Hunden mit unspezifischen Symptomen wie Fieber, Lethargie, Inappetenz, Splenomegalie, Lahmheit oder im Fall von abnormen Laborbefunden wie Thrombozytopenie, Anämie, Lymphopenie und Hypoalbuminämie. Die Diagnose der CGA basiert auf dem Ausschluss anderer bekannter Infektionskrankheiten, die in der entsprechenden Region vorkommen, einem positiven PCR-Ergebnis und/oder dem Nachweis von Morulae in neutrophilen Granulozyten und einer klinischen Besserung nach Beginn einer Therapie mit Doxyzyklin. Bei korrekter Diagnose und Therapie scheint die Prognose der CGA gut zu sein.