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Die Bekämpfung von Stallfliegen findet heute überwiegend mit Insektiziden statt. Die hohe Vermehrungsrate der Insekten kann unter Einsatz von Insektiziden innerhalb weniger Generationen zu Insektizidresistenzen führen. Untersuchungen über das Vorkommen und die Verbreitung von Insektizidresistenzen bei Stallfliegen wurden in den letzten Jahren bis auf wenige Ausnahmen weder im Bundesland Brandenburg noch in anderen Bundesländern durchgeführt. Ziel der Arbeit war es, Vorkommen und Verbreitung von Insektizidresistenzen in der Region Brandenburg zu dokumentieren, um den Betrieben eine individuelle und wirksame Beratung hinsichtlich zukünftiger Fliegenbekämpfung geben zu können. Zusätzlich wurde ein kürzlich entwickeltes Testverfahren (FlyBox®) auf seine Eignung als mobiler „Schnelltest“ für Resistenzen geprüft. Von Juni bis November 2008 wurden auf 60 Milchviehbeständen im Bundesland Brandenburg Fliegen (Musca domestica L.) gefangen und auf ihre Insektizidempfindlichkeit getestet. Zunächst wurden in einem ersten Untersuchungsabschnitt die Wirkstoffe Deltamethrin mit der FlyBox® und Thiamethoxam, Imidacloprid und Spinosad im Fütterungstest auf den Betrieben vor Ort getestet. In einem zweiten Untersuchungsabschnitt wurden Fliegenpopulationen von 15 auffälligen Betrieben bezüglich Insektizidresistenzen im Labor nachgezüchtet, um ihre Empfindlichkeit unter kontrollierten Bedingungen in weiteren Versuchen mit etablierten Verfahren und einer Auswahl vorher nicht eingesetzter Wirkstoffe untersuchen zu können. Bei diesen Evaluierungen kamen als weiteres Pyrethroid topikal appliziertes λ-Cyhalothrin, Imidacloprid und Thiamethoxam im modifizierten Fütterungsversuch sowie die Larvizide Cyromazin und Triflumuron zum Einsatz. Die Expositionszeit im Fütterungstest im Labor wurde gegenüber dem Feldversuch von einer Stunde auf 48 Stunden Dauerexposition erhöht, um eine Aufnahme des Wirkstoffes zu garantieren. 52 von 60 im Feldversuch getesteten Fliegenstämmen (86,7%) waren resistent gegenüber Deltamethrin, 6 Stämme (10%) sind als verdächtig einzustufen und lediglich 2 Stämme (3,3%) als sensibel zu bewerten. Spinosad zeigte im Fütterungstest bei allen Stämmen 100%ige Wirksamkeit. Gegenüber Thiamethoxam zeigten sich ebenfalls keine Resistenzen. Nur 9 von 60 Stämmen (15%) waren verdächtig. Die übrigen 51 Stämme (85%) sind als sensibel anzusehen. 9 von 60 Stämmen (15%) zeigten gegenüber Imidacloprid Resistenzen. 42 (70%) sind als verdächtig zu bewerten. Nur 9 Stämme (15%) sind sensibel gegenüber Imidacloprid. Die Untersuchungen der auffälligen Betriebe hinsichtlich der Resistenzen vor Ort zeigten, dass Thiamethoxam nach 48 Stunden bei allen 15 Stämmen wirksam war. Bei Imidacloprid zeigten sich 9 der 15 Stämme (60%) als verdächtig. 6 Stämme (40%) reagierten sensibel auf Imidacloprid. Während die topikale Applikation von λ -Cyhalothrin beim sensiblen WHOStamm schon bei der Discriminating Dose (DD) (2,5 ng a.i./Fliege) zu 100% Mortalität führte, betrug die maximale Mortalität 27% bei einer der nachgezüchteten 15 Populationen. Alle 15 Stämme waren bei der DD resistent gegenüber λ- Cyhalothrin. Die larvizide Wirkung von Cyromazin zeigte nach Einsatz der DD (0,75ppm) bei 12 von 15 Populationen (80%) volle Wirksamkeit. Nur 3 Stämme (20%) waren als verdächtig anzusehen. Triflumuron-Resistenzen wurden bei 2 Stämmen (13,3%) (PM9 und MOL2) festgestellt, 6 (40%) waren als verdächtig einzustufen und nur 7 Stämme (46,7%) sind als sensibel zu werten. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Pyrethroidresistenzen in Milchviehbetrieben im Bundesland Brandenburg weit verbreitet sind und diese Wirkstoffklasse für den weiteren Einsatz nicht zu empfehlen ist. Andere Wirkstoffklassen wie Neonicotinoide und die Klasse der Insektenwachstumsregulatoren zeigen in den meisten Fällen noch gute Wirksamkeit, Resistenzen sind aber auch hier schon vorhanden. Spinosad erwies sich als hochpotenter Wirkstoff gegen Fliegen. Aufklärungsbedarf zum Thema Fliegenbekämpfung und Insektizideinsatz bei den Betrieben besteht und ist dringend nötig, um Resistenzentwicklungen zu verhindern bzw. zu verlangsamen. Das Ziel weiterer Untersuchungen sollte sein, bundesweit flächendeckende Untersuchungen auf Betrieben durchzuführen, um so den Status der Resistenzen überblicken zu können und entsprechende Bekämpfungsprogramme an die jeweilige Situation individuell anpassen zu können.