Oertzenweg 19 b
14163 Berlin
+49 30 838 62600
physiologie@vetmed.fu-berlin.de
Die intra vitam Diagnostik der Paratuberkulose ist heute mit direkten und indirekten Nach-weisverfahren möglich. Die kulturelle Anzüchtung des Krankheitserrergers Mycobacterium avium subspecies paratuberculosis (Map) aus dem Kot infizierter Tiere mit anschließender molekularbiologischer Speziesbestätigung wird derzeit als hochspezifische intra vitam Goldstandardmethode bei der Validierung serologischer Paratuberkulose- Nachweisverfahren angewendet. In der vorliegenden Arbeit erfolgte die Gegenüberstellung und Bewertung der Befunde der kulturellen Anzüchtung von Map aus Rinderkot sowie der Untersuchungsergebnisse zweier blut- und milchserologischer Paratuberkulose-Testverfahren aus 3 Thüringer Milchvieh- betrieben. Methoden- als auch tierspezifische Faktoren, die möglicherweise die Ergebnisse der einzelnen Testverfahren beeinflussten, wurden untersucht. Ein Einfluss der folgenden methodischen Faktoren auf die Kultivierung des Erregers aus dem Kot wurde nachgewiesen: die Lagerung der Kotproben, die Hexadecylpyridiniumchlorid-Einwirkzeit sowie die Anzahl eingesetzter Kulturröhrchen pro Kotprobe. Besonders die Erhöhung der Anzahl der Kotkulturröhrchen ermöglichte eine Steigerung der Sensitivität der kulturellen Anzüchtung von Map aus Rinderkot. Währenddessen in einem Bestand tierspezifische Einflüsse auf den kulturellen Map-Nachweis nicht zu ermitteln waren, wurden im Vergleichsbestand Einflüsse des Alters sowie der Laktationsphase auf die Map-Kotausscheidung und den Erfolg der Anzucht nachgewiesen. Die Map-Nachweisrate war dabei ab einem Alter von 4 Jahren und in der 3. Laktationsphase signifikant höher. Daneben wurde der Erreger in diesem Bestand auch signifikant häufiger bei Tieren mit reduzierter Milchleistung detektiert. Durch die Wiederholung kotkultureller Untersuchungen konnte der Anteil ermittelter Ausscheider in zwei Paratuberkulosebeständen signifikant gesteigert werden, somit wurde auch die Sensitivität der Methode mit jeder Wiederholungs-untersuchung erhöht. Die Sensitivität zweier Paratuberkulose-Blut- und Milch-ELISA-Testverfahren (Svanovir- und Pourquier- ELISA) zum Nachweis von Antikörpern erwies sich bei der Untersuchung subklinisch infizierter Tiere als unzureichend. Ein Einfluss der untersuchten Tierpopulation, der aktuellen Stärke der Map-Kotausscheidung sowie des Alters auf die Sensitivitäten der blut- und milchserologischen Tests war nachweisbar. Eine stetige Zunahme seropositiver Befunde wurde bei infizierten Tieren mit steigendem Alter beobachtet. Der Anteil positiver Befunde war bei aktuell starker Map-Ausscheidung signifikant höher. Für den Svanovir- und Pourquier- Blut-/Milch-ELISA waren die Testsensitivitäten bei infizierten Tieren mit Milchleist- ungen zwischen 5 und 35 kg am Untersuchungstag am höchsten. Daneben war die Sensitivität des Svanovir-Milch-ELISA in der 3. Laktationsphase signifikant erhöht. Die Testspezifität wurde anhand der Untersuchungsergebnisse aus einem Paratuberkulose unverdächtigen Bestand berechnet. Für den Pourquier-ELISA wurden gute Spezifitäten, die nicht durch tiereigene Faktoren beeinflusst wurden, ermittelt. Die Testspezifitäten des Svanovir-ELISA erwiesen sich als unzureichend und wurden mit zunehmendem Lebensalter der Tiere weiter signifikant reduziert. Die Spezifitäten des Svanovir-Milch-ELISA waren bei Tagesmilchmengen unter 25 kg und in der 3. und 4. Laktationsphase vermindert. Methodische Einflüsse der Milchinhaltsstoffe auf die milchserologischen Untersuchungs-verfahren konnten nicht sicher ausgeschlossen werden, mit hoher Wahrscheinlichkeit sind die ermittelten Signifikanzen jedoch sekundär bedingt und auf veränderte Milchmengen und Laktationsstadien zurück zu führen. Bei der Wiederholung serologischer Untersuchungen erhöhten sich die Sensitivitäten beider ELISA-Testverfahren nur unzureichend, die Spezifität des Svanovir-ELISA wurde jedoch signifikant reduziert. Auch die Übereineinstimmungen der Befunde beider ELISA-Testver- fahren erwiesen sich als gering. Nur für den Pourquier-ELISA wurden bei der Untersuchung von zeitgleich entnommenem Blut- und Milchserum identischer Tiere gute Überein-stimmungen ermittelt. Aus den Ergebnissen der durchgeführten Studie kann geschlussfolgert werden, dass zur intra vitam Einzeltierdiagnostik der Paratuberkulose derzeit ausschließlich die Kultivierung von Map aus Kot, unter standardisierten Bedingungen, empfohlen werden kann. Der Nachweis des Erregers im Kot infizierter Tiere wird dabei besonders durch methoden- und bestandsspezifische Faktoren beeinflusst, optimale Probenentnahmezeitpunkte wurden nicht ermittelt. Auch die Untersuchung junger Tiere erbrachte in den vorliegenden Untersuch-ungen hohe Nachweisraten und ist deshalb ebenso wie die häufige Wiederholung der koprologischen Untersuchungen zu empfehlen. Als wichtigste tierspezifische Einflussfak- toren auf die serologischen Testverfahren sind die aktuelle Stärke der Map-Kotausscheidung und das Alter der Tiere hervor zu heben. Die Anwendung des Svanovir-ELISA ist aufgrund unzureichender Testspezifitäten zur Paratuberkulosediagnostik nicht empfehlenswert. Die geringen Sensitivitäten des Pourquier-ELISA limitieren die Aussagekraft des Testverfahrens sehr stark, jedoch kann der Test aufgrund seiner guten Spezifität für Screening-Untersuch- ungen in großen Herden angewendet werden. Dabei ist die Untersuchung von Milchproben gleichwertig gegenüber blutserologischen Untersuchungen.