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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Vitamin-A-Stoffwechsel der Katze (2011)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Mathews, Una, geb. Henschel (WE 4)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2011 — V, 105 Seiten
    ISBN: 978-3-86664-875-3
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/10960
    Kontakt
    Institut für Tierernährung

    Königin-Luise-Str. 49
    14195 Berlin
    +49 30 838 52256
    tierernaehrung@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Wie Hunde und andere Tierarten der Ordnung Carnivora nehmen Katzen eine Sonderstellung in Bezug auf den Vitamin-A-Stoffwechsel ein: Sie besitzen physiologisch hohe Vitamin-A-Konzentrationen im Blut. Ursache dafür ist das Vorhandensein eines erhöhten Anteils an Retinylestern, die unspezifisch im Blut durch Lipoproteine transportiert werden. Während beim Mensch und bei Ratten dieser unspezifische Transportweg nur in Zusammenhang mit einer Vitamin-A-Hypervitaminose zu beobachten ist, tritt dieser bei Katzen und anderen Karnivoren physiologisch neben dem streng homöostatisch regulierten Transport von Retinol durch RBP auf. Die für Hunde und andere Kaniden belegte physiologische Ausscheidung von Vitamin A mit dem Harn konnte für Katzen bisher nicht nachgewiesen werden. Diese Beobachtung wird als eine Ursache der erhöhten Anfälligkeit von Katzen angenommen, auf langfristige Aufnahmen großer Mengen Vitamin A mit den typischen Symptomen einer Vitamin-A-Intoxikation zu reagieren. Ziel dieser Arbeit war die Analyse der Konzentration von Retinol, Retinylestern und des RBP sowie der Carotinoide im Blutplasma, Harn, Leber und Nieren von zufällig ausgewählten Hauskatzen. Eingebunden in die Untersuchung war die Analyse des Vitamin-A-Stoffwechsels im Organismus nierenkranker Katzen. Daher wurden von 35 klinisch gesunden Katzen (unterschiedlich in Rasse, Geschlecht und Alter) Blut- und Harnproben genommen. Zusätzlich wurden von 12 Tieren, die aus unterschiedlichsten Gründen euthanasiert wurden, Blut-, Harn-, Gallenflüssigkeits-, Lebergewebs- und Nierengewebsproben entnommen. Da die Proben konsekutiv in einer Tierarztpraxis gesammelt wurden, waren kaum Informationen zum Ernährungsstatus erhältlich. Die Vitamin-A- (Retinol und Retinylester) sowie die Carotinoidbestimmung erfolgten mittels Umkehrphasen- Hochdruck-Flüssigkeits-Chromatographie (RP-HPLC). Nach SDSPolyacrylamidgel- Elektrophorese der Blut- und Harnproben wurde im Western-Blot das RBP nachgewiesen. Gleichzeitig erfolgte die immunhistologische RBP-Analyse an Leber und Nierenschnitten. Vitamin A wurde in allen untersuchten Proben (Blut, Harn, Gallenflüssigkeit, Leber und Niere) in Form von Retinol und Retinylestern (Retinololeat, -palmitat und -stearat) analysiert. RBP konnte in allen Blutproben sowie in den Hepatozyten der Leber und den Epithelzellen des proximal gewundenen Nierentubulussystems, nicht jedoch im Harn gesunder Katzen nachgewiesen werden. Die Gesamtkonzentration an Vitamin A im Blutplasma betrug im Durchschnitt 976 ± 458 ng/ml. Retinol hatte einen Anteil von 25 % an der Vitamin-A-Gesamtkonzentration. Der überwiegende Teil des Vitamin A liegt im Katzenblut jedoch als Retinylester vor (75 %). Auch bei den Retinylestern ist ein deutliches Verteilungsmuster zu erkennen. Retinylstearat dominiert mit 60 % des Gesamtestergehaltes, während der Gehalt an Retinylpalmitat 37 % und Retinyloleat lediglich 4 % des Gesamtestergehaltes betrug. Im Vergleich zu anderen Karnivoren haben Katzen sehr hohe Vitamin-A-Konzentrationen in der Leber. Da jedoch innerhalb der Ordnung Carnivora große Spezies spezifische Unterschiede der Leberwerte auftreten, kann eine Beurteilung des Vitamin-A-Status anhand der Vitamin-A-Speicherkapazität der Leber nur bei Kenntnis entsprechender Grunddaten erfolgen, die jedoch definierte Fütterungsversuche erfordern. Wie auch bei anderen Karnivoren ist die Leber der Hauptspeicher für Vitamin A. Dabei unterscheidet sich jedoch die Vitamin-A-Konzentration der Leber von Katzen (4314 ± 2043 µg/g) deutlich von der anderer Carnivoren. Dagegen können in der Niere von Katzen nur sehr geringe Vitamin-A-Konzentrationen (11,4 ± 8,2 µg/g) detektiert werden. Die Nieren von Katzen scheinen daher eine untergeordnete Rolle bei der Vitamin-A-Speicherung zu spielen. Die Vitamin-A-Konzentration in der Nierenrinde war höher als im Nierenmark. Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen konnte bei der Hälfte der untersuchten Katzen Vitamin A im Harn in Form von Retinol (24 ± 80 ng/ml) und Retinylestern (20 ± 62 ng /ml) analysiert werden. Somit konnte erstmals nachgewiesen werden, dass Katzen auch in der Lage sind, Vitamin A - wenn auch in geringen Mengen - mit dem Harn auszuscheiden. Da diese Verbindungen lipophilen Charakter haben, müssen sie im wässrigen Milieu des Harns an ein bisher unbekanntes Protein gebunden vorliegen. Da RBP in keiner Harnprobe gesunder Katzen analysiert wurde, scheidet es als mögliches Retinol-Trägerprotein im Harn aus. Das eventuelle Vorhandensein eines dem Kaniden THP ähnlichen Proteins bei Katzen bedarf weiterer Untersuchungen. Das Unvermögen der Katzen, größere Mengen an Vitamin A mit dem Harn auszuscheiden, könnte als eine mögliche Ursache für deren erhöhte Anfälligkeit gegenüber chronischer Vitamin-A-Hypervitaminose betrachtet werden. Im Gegensatz zu den gesunden Katzen wurden bei nierenkranken Katzen, die auch veränderte Lipidstoffwechselwerte aufwiesen, deutliche Unterschiede im Vitamin-A-Stoffwechsel festgestellt. Bedingt durch tubuläre Schäden des Nierengewebes kommt es zu Veränderungen im RBP- Metabolismus. Eine massive Ansammlung von RBP im Bereich der Epithelzellen des proximalen Tubulussystems konnte in den histologischen Schnitten beobachtet werden. Gleichzeitig kommt es bei vier Tieren zur Ausscheidung von RBP- gebundenem Retinol mit dem Harn. Möglicherweise können die stark erhöhten Retinylesterwerte im Blutplasma nierenkranker Katzen auf eine verminderte renale Ausscheidung der Retinylester zurückgeführt werden. Eine Korrelation zwischen den Schädigungen im Nierengewebe und der RBP-Ausscheidung konnte jedoch nicht nachgewiesen werden. Der Gesamtesterwert der Harnproben der kranken Katzen (durchschnittlich 2,77 ng/ml) ist gegenüber den gesunden Tieren (durchschnittlich 20,5 ng/ml) deutlich reduziert. Neben der Ausscheidung von Vitamin A über den Harn konnte auch die Ausscheidung von Retinol (0,67 µg/ml) mit der Gallenflüssigkeit nachgewiesen werden. Im Blutplasma aller untersuchten Katzen konnte β-Carotin in einer durchschnittlichen Konzentration von 14 ng/ml analysiert werden. Daneben wurden ebenfalls Lycopin und Lutein in ähnlicher Konzentration sowie Spuren von α-Carotin, β-Cryptoxanthin und Zeaxanthin nachgewiesen. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass β-Carotin und Carotinoide nicht nur in pharmakologischen Mengen aufgenommen, sondern physiologisch aus dem Futter intestinal resorbiert werden. Weder β-Carotin, noch andere Carotinoide konnten in der Leber, Gallenflüssigkeit, Niere oder im Harn nachgewiesen werden. Erkrankte Tiere weisen als Ausdruck einer möglichen Unterversorgung bzw. eines erhöhten Bedarfs deutlich geringere Konzentrationen an Carotin und anderen Carotenoiden im Blutplasma auf. Dieser Ansatzpunkt sollte bei der Versorgung kranker Katzen Berücksichtigung finden. Katzen sind zwar nicht in der Lage, Vitamin A aus β-Carotin zu synthetisieren, jedoch stellen sie ein potentielles Modell zur Untersuchung von Carotinoiden als Antioxidanzien und Immunmodulatoren dar, da es keine Beeinflussung durch die Pro-Vitamin-A-Wirkung gibt. Katzen nehmen also auch innerhalb der Ordnung Carnivora eine Sonderstellung hinsichtlich der Ausscheidung von Vitamin A mit dem Harn und des Carotinoidstoffwechsels ein und bieten noch einige interessante Ansatzpunkte für weitere Untersuchungen zur Erforschung des Vitamin-A-Stoffwechsels von Carnivoren.