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Kopfschmerz ist ein sehr häufig auftretendes Krankheitsbild, das verschiedene Ausprägungen haben kann. Die Symptome, besonders der chronischen Kopfschmerzerkrankungen, sind zum Teil so schwerwiegend, dass es zu erheblichen persönlichen Beeinträchtigungen kommen kann. Die Behandlung chronischer Kopfschmerzerkrankungen ist sehr schwierig und bereits genutzte Pharmaka sind oft unzureichend therapeutisch wirksam oder mit unerwünschten Arzneimittelwirkungen behaftet. Fortführende Untersuchungen zur weiteren Entwicklung von Kopfschmerzmedikamenten und zur Verbesserung des Verständnisses der pathophysiologischen Grundlagen sind unabdingbar. Verschiedene tierexperimentelle Kopfschmerzmodelle wurden in der Vergangenheit an narkotisierten Tieren durchgeführt. Eine verhaltensbezogene Evaluierung eines Kopfschmerzmodells ist bisher nicht erfolgt. Ziel dieser Arbeit war der Nachweis, dass Ratten meningealen Schmerz empfinden können und dadurch Veränderungen des Verhaltens hervorgerufen werden. Dazu wurde ein bereits etabliertes Kopfschmerzmodell so modifiziert, dass es zur Erforschung chronischen Kopf-schmerzes an der wachen Ratte verwendet werden kann. Es wurden Verhaltensparameter zur Beobachtung ausgewählt, die eine gute Vergleichbarkeit zu jenen Symptomen zulassen, die beim Menschen im Zuge einer Migräneattacke zu beobachten sind und die aufgrund vieler vorangegangener Untersuchungen gute Bewertungskriterien für das Krankheitsverhalten bei der Ratte liefern. Die wesentlichen Beobachtungsschwerpunkte im Rahmen der hier durchgeführten Untersuchungen waren die Beobachtung des explorativen Verhaltens, die Lokomotion und verschiedene Aspekte des Freßverhaltens. Eine reduzierte Aktivität und eine verminderte Futteraufnahme der Ratten, die auch symptomatisch bei der Migräneattacke des Menschen sind, wurden als Beeinträchtigung gewertet. Die im Rahmen dieser Arbeit erbrachten Ergebnisse zeigen eindeutig, dass es nach der Behandlung der Dura mater mit Interleukin- 1ß oder Capsaicin zu einer anhaltenden aber reversiblen Beeinträchtigung des Verhaltens von Ratten kommt. Interessanterweise kann eine generelle Reduktion der Futteraufnahme beobachtet werden, die Verminderung der Aufnahme einer süßen Belohnung allerdings war in keiner der Gruppen zu verzeichnen. Trotz des beobachteten Krankheitsverhaltens scheinen die Tiere für angebotene Belohnungen weiterhin empfänglich zu sein, was auf eine geringere Beeinträchtigung des motivierten Verhaltens hindeutet. Weiterhin konnte eine Reduktion der Exploration im Open Field, der mit Interleukin (und Capsaicin) behandelten Tiere festgestellt werden. Die Auswertung der motorischen Aktivität im Heimatkäfig zeigte eine noch weit in die Nachtperiode andauernde Beeinträchtigung der mit Interleukin-1ß oder Capsaicin behandelten Tiere. Bei allen drei Verhaltensversuchen der Gruppe, die zum Teil mit Capsaicin behandelt wurde, waren Abweichungen im Verhalten aller Tiere, bei denen kurz vor den Versuchen eine Kammermanipulation stattfand, während der 1. Stunde zu verzeichnen. Dies kann man als generelle Einflussnahme auf das Verhalten werten. Trotzdem war eine Wirkung des Capsaicin auch noch später zu verzeichnen, die bei den mit isotoner Kochsalzlösung behan-delten Tieren nicht mehr zu finden war. In folgenden Versuchen wäre eine längere Rekonva-leszenz nach der Kammermanipulation ratsam. Zur Verbesserung der Validierung dieses Kopfschmerzmodelles wäre der Einsatz mit z.B. Zytokin-Antagonisten, Vanilloid- Rezeptor-Antagonisten oder einem Migränepharmakon wie Triptanen denkbar, die eine Aufhebung oder Verminderung der Verhaltensänderung herbei-führen sollten. Die Ergebnisse dieser auf das Verhalten von Ratten gestützten Arbeit, weisen auf eine gute „face validity“ des hier angewendeten Kopfschmerzmodelles hin.