Robert-von-Ostertag-Str. 15
14163 Berlin
+49 30 838 62450
pathologie@vetmed.fu-berlin.de
Das intrinsische Heilungspotential des hyalinen Knorpelgewebes ist stark limitiert. Der natürliche Regenerationsprozess osteochondraler Defekte basiert auf der Rekrutierung mesenchymaler Stammzellen aus dem Knochenmarkraum und deren folgenden Differenzierung zu chondrogenen Vorläuferzellen. Die begrenzte Selbstheilungskapazität beinhaltet die Bildung von biomechanisch inadäquatem fibrösem Gewebe und Faserknorpelgewebe. Die klinisch angewendeten Therapieoptionen von Gelenkknorpeldefekten traumatischer und degenerativer Genese sind derzeit restorative Verfahren zur mesenchymalen Stammzellrekrutierung, wie die osteochondrale autologe Transplantation (OAT) und die autologe Chondrozytentransplantation (ACT). Diese chirurgischen Behandlungsoptionen führen jedoch nur zeitlich begrenzt zu einer Verbesserung der klinischen Symptomatik. Längerfristig hält das faserknorpelige Regeneratgewebe den natürlichen Belastungseinwirkungen nicht stand und entwickelt progressive Degenerationserscheinungen im späteren Heilungsverlauf. In der Literatur wird eine Vielzahl über die Ergebnisse experimenteller Studien zur Versorgung osteochondraler Defekte mit synthetischen resorbierbaren Implantaten berichtet. Diese restorativen Therapieansätze, auch unter dem Begriff „Tissue-Engineering“ zusammengefasst, beinhalten die Regeneration zwei verschiedener Gewebespezies, dem hyalinen Knorpelgewebe und dem subchondralen Knochengewebe. Die limitierte Heilungstendenz des hyalinen Knorpelgewebes erfordert eine Eröffnung der subchondralen Knochenlamelle, um eine Einwanderung biologisch potenten Stammzellen und die anschließende Bildung von hyalin-ähnlichem oder hyalinem Knorpelgewebe zu ermöglichen. Um eine temporäre Stabilität im Defektareal zu schaffen und eine Geweberegeneration nach der Zellinfiltration in der initialen Heilungsphase zu unterstützen wird der Defekt mit biodegradierbaren Scaffolds aufgefüllt. In der vorliegenden Studie wurden ostochondrale Defekte im Kniegelenk von Schafen geschaffen und mit biodegradierbaren Scaffolds aus Poly(D,L)Laktid-co-Glykolid (85:15 PLG) als Basismaterial versorgt. Die Heilungsergebnisse wurden nach drei und sechs Monaten Standzeit immunhistologisch, histologisch und histomorphometrisch untersucht. Durch die Verwendung von Scaffolds unterschiedlicher Steifigkeit (87% und 55% zum subchondralen Knochengewebe) stand diese biomechanische Einflussgröße im Vordergrund der Auswertung. Des Weiteren wurden die Biodegradation und das Implantatdesign als weitere Kriterien im Heilungsverlauf miteinbezogen. Die zusätzliche Darstellung des Heilungsverlaufs anhand der indirekten MR-Arthrographie nach sechs Monaten Standzeit diente der Überprüfung der Sensitivität dieses Verfahrens. Durch den Vergleich mit den histologischen Ergebnissen sollte die klinische Aussagekraft dieses nichtinvasiven Diagnostikums zur Beurteilung chirurgisch versorgter osteochondraler Defekte dargestellt werden. Die spontane Regeneration ungefüllter Defekte äquivalenter Größe wurde als Kontrolle angesehen. Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen die anfangs aufgestellte Hypothese, dass die initialen mechanischen Rahmenbedingungen in der osteochondralen Defektheilung von der Steifigkeit der verwendeten Scaffolds beeinflusst werden. Die Verwendung von Scaffolds höherer mechanischer Stabilität wirkte sich positiv auf den Heilungsverlauf und das Heilungsergebnis aus. Die Quantität und Qualität der ossären und chondralen Geweberegeneration der mit Scaffolds höherer Steifigkeit versorgten Defekte war den Heilungsergebnissen der Scaffolds geringerer Steifigkeit überlegen. Die erhöhte mechanische Stabilität im Defektareal führte zu einer direkten Osteogenese und somit zur Wiederherstellung der subchondralen Knochenlammelle. Diese direkte Regeneration der subchondralen Knochenlamelle stellte die Grundvoraussetzung für die chondrale Gewebeproliferation an der Gelenkoberfläche dar. Die verminderte mechanische Stabilität der Scaffolds geringerer Steifigkeit führte vorerst zu einer fibrösen unspezifischen Gewebeauffüllung und wurde von einer indirekten enchondralen Ossifikation gefolgt. Dies verzögerte den Heilungsverlauf und hatte sklerotische ossäre Gewebemerkmale im Heilungsergebnis nach sechs Monaten zur Folge. Die unzureichende Defektstabilität spiegelte sich ebenfalls in der Quantität und Qualität der chondralen Geweberegeneration an der Gelenkoberfläche wider. Es wurden vermehrt Anzeichen der Gewebedegeneration, wie Fibrillationen und Zelluntergang detektiert. Die indirekte MR-Arthrographie bewies sich als ein sensibles Verfahren zur Beurteilung des Heilungsverlaufs osteochondraler Defekte. Als kritischer Aspekt ist die erhöhte Signalintensität in der subchondralen Region der gefüllten Defekte zu erwähnen. Diese hyperintensen Darstellungen sind auf die verbliebenen Scaffoldbestandteile und die damit assoziierten Artefakte zurückzuführen. Dies sollte bei der Beurteilung des Heilungsverlaufs nach Implantation von PLGA-Scaffolds anhand von MRT- Untersuchung beachtet werden. Die hyperintense Darstellung der subchondralen Region im Defektbereich kann zu falsch-negativen Diagnosen, wie beispielsweise subchondrales Knochenmarksödem, führen. Die Darstellung des Knorpelgewebes anhand der indirekten MR-Arthrographie hingegen erwies sich als zuverlässiges Diagnostikum. Die strukturellen Inhomogenitäten an der Gelenkoberfläche und auch defizitärer Proteoglykangehalt der extrazellulären Matrix ließen sich anhand des MRT-Bildmaterials in Korrelation zu den histologischen Beobachtungen evaluieren.