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Der Uterus und die Plazenta der Säugetiere spielen entscheidende Schlüsselrollen im Reproduktionsgeschehen. Sie stellen im Idealfall optimale Bedingungen für die Implantation und die weitere Entwicklung der befruchteten Eizelle zur Verfügung und ermöglichen mit der erfolgreichen Fortpflanzung die Grundvoraussetzung für das Fortbestehen einer Art. Viele der lokal ablaufenden Prozesse werden (potentiell) durch Östrogene, NO-Synthasen und Wachstumsfaktoren beeinflusst und reguliert. Insbesondere den Wachstumsfaktoren wird eine bedeutende Rolle im Fortpflanzungsgeschehen zugeschrieben. Man vermutet, dass sie einen entscheidenen Einfluss auf die ideale Entwicklung und das Größenwachstum des ungeborenen Fetus haben. Gleichzeitig ist bekannt, dass besonders das IGF-System große tierartliche Unterschieden aufweist. Dem NO-System wird einerseits eine Ruhigstellung des Myometriums während einer Trächtigkeit zugeschrieben (epitheliale NO- Synthase), andererseits haben Forscher die These aufgestellt, die induzierbare NO-Synthase sei maßgeblich an der Menstruation des Menschen und vielleicht auch an der Implantation des Konzeptus beteiligt, da beide Vorgänge Charakteristiken entzündlicher Prozesse zeigen. Die maßgebliche Steuerung beider Organe durch Steroidhormone wurde bereits mehrfach bewiesen. Um einen ersten Einblick in die Expressionsprofile des Weißbüschelaffen (Callithrix jacchus), eines vielfach in der Reproduktionsforschung als Modelltier für den Menschen genutzten Tieres, zu erlangen, wurde zunächst versucht, die Faktoren von Interesse in unterschiedlichen callithrichiden Homogenaten nachzuweisen, um anschließend die zyklus- und hormonabhängigen globalen Veränderungen der mRNA-Expression in Uterus und Plazenta exemplarisch zu untersuchen. Das Untersuchungsmaterial wurde nach der Entnahme kryokonserviert und für diese Arbeit von Frau Prof. Einspanier, Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig, Veterinär-Physiologisch-Chemisches Institut, zur Verfügung gestellt. Es handelte sich dabei um halbierte Gesamt-Uteri zu unterschiedlichen Zykluszeitpunkten, von denen einige der Tiere vor der Organentnahme mit den Hormonen FSH oder hCG behandelt wurden, zwei Schleimhautstanzen sowie drei Plazenten, die während geplanter Sectiones caesareae und einer natürlichen Geburt gewonnen wurden. Bei den Organen konnte mittels Real-Time-PCR jeder der untersuchten Faktoren (ER-a, ER-b, eNOS, iNOS, IGF-1, IGF-2, IGF1-R, IGFBP-1 sowie IGFBP-2) nachgewiesen und mRNA- Expressionsunterschiede quantitativ gemessen werden. Zur Normalisierung der Ergebnisse wurden zudem die Housekeepingfaktoren Ubiquitin und 18 S-rRNA einbezogen. Transkripte aller untersuchten Faktoren konnten in allen Proben nachgewiesen werden, die entsprechenden Genabschnitte wurden erfolgreich sequenziert. Die neuen Sequenzen wurden mit bereits vorliegenden anderen callithrichiden oder humanen Sequenzen verglichen und zeigten zu diesen jeweils ein hohes Maß an Homologie. Die hier vorliegende Studie ist eine der ersten, die einen direkten Vergleich der Genexpression zwischen Uterus und Plazenta beim Weißbüschelaffen anstellt. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Faktoren in den zwei unterschiedlichen Organen Uterus und Plazenta unabhängig voneinander exprimiert werden. Während die Expression der Housekeepinggene 18 S-rRNA und Ubiquitin in beiden Organen keine deutliche Diskrepanz zeigt, bestehen vor allem für die Faktoren ER-a, eNOS, IGF-1, IGF-2 und IGF1-R deutlich Expressionsunterschiede zwischen Plazenta und Uterus. Faktoren wie eNOS und IGF-1 zeigen eine deutlichere Zyklusdynamik als beispielsweise IGF-1, IGF1-R, IGFBP-1 und IGFBP-2, deren Expression teilweise trotz Normalisierung recht inhomogen war. Besonders bei den Faktoren iNOS und IGFBP-1 war die Anzahl der gemessenen Transkripte sehr gering und nahe der Nachweisgrenze, so dass bei diesen Faktoren davon ausgegangen werden muss, dass bereits minimale Veränderungen im Organismus des Donortieres eine augenscheinlich massive Variation des Messwertes im untersuchten Organ zur Folge haben kann. Aus den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit lässt sich folgern, dass im Uterus und in der Plazenta des Weißbüschelaffen ein in vielen Faktoren ähnliches, nicht jedoch identisches, bei einigen Faktoren auch stark differierendes Expressionsprofil im Vergleich mit der Frau vorliegt. Die zyklus- und trächtigkeitsabhängig regulierten Faktoren lassen vermuten, dass sie am Reproduktionsgeschehen entscheidenden Einfluss nehmen. Es kann folglich davon ausgegangen werden, dass die NO-Synthasen ebenso wie das IGF-System, wie bereits bei anderen Tierarten gezeigt, auch beim weiblichen Weißbüschelaffen eine essentielle Rolle bei der Reproduktion spielen. Ob und inwieweit sich Callithrix jacchus in Bezug auf diese Faktoren als Modelltier für die Reproduktionsforschung bei der Frau eignet, ist differenziert zu sehen und muss in weiteren Studien präzisiert werden.