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Mit der Aufnahme durch das OIE in die Liste B der Erkrankungen mit sozio- ökonomischer Bedeutung, erhielt die Bekämpfung der Paratuberkulose einen neuen Stellenwert. Mycobacterium avium subspecies paratuberculosis (Map) stellt demnach nicht nur eine Gefahr für Rinder und andere Wiederkäuer dar, sondern kann als Zoonoseerreger nicht sicher ausgeschlossen werden. Die Infektion ist in ihrer Kombination eines anfänglich schwer erkennbaren Krankheitsverlaufes, einer unzureichenden Labordiagnostik und einer fehlenden Therapie am erkrankten Tier einzigartig. Obwohl insbesondere in der intensiven Milchproduktion der Industrieländer von einer relativ hohen Map-Durchseuchung ausgegangen wird, fehlen in Deutschland sowohl für Milch produzierende Betriebe als auch für Mutterkuhhaltungen flächendeckende Studien zum Vorkommen Map-infizierter Tiere. Im Rahmen des Landesversuchs Mecklenburg- Vorpommern sollte die Prävalenz Map-infizierter Tiere in den Versuchsbetrieben über die „Test and Cull“ Strategie, kombiniert mit Managementmaßnahmen, welche neben der Merzung positiver Tiere vor allem Arbeitsanweisungen für den Abkalbe- und Jungtierbereich enthielten, nachweislich gesenkt werden. Im Zuge der Umsetzung des Langzeitversuches zwischen Januar 2003 und Dezember 2009 wurden 14.222 Kühe von insgesamt 21.000 Rindern in vier Versuchsbetrieben untersucht. In die Statistik gingen die Untersuchungsergebnisse von Tieren ein, die zwischen dem 1.1.2000 und dem 31.12.2006 geboren wurden. Mehrfachbefunde bildeten die Basis für unterschiedlich definierte Statusvarianten (V1-V4ök), innerhalb derer die Tiere als Mappositiv, fraglich oder negativ klassifiziert wurden. In die Analysen der vorliegenden Studie gingen Daten von 4.959 Tieren ein, von denen zwei oder mehr Untersuchungsbefunde vorlagen. Über so wiederholte Untersuchungen bei ein und demselben Tier ließ sich, wie in der Literatur berichtet, die Zuverlässigkeit der Aussage der ELISA erhöhen. Die Senkung der Map-Muttertierprävalenz führte über ein definiertes Kolostrummanagement auch bei den Nachkommen zur Verminderung der Anzahl Map-positiver Befunde. Betrug der Anteil, der als Map-positiv eingestuften Nachkommen von positiven Müttern des Geburtsjahres 2003 noch 4,7%, so sank dieser Anteil bis zum Jahr 2006 auf 1,4%. Dagegen stieg der Anteil Map-negativer Kälber aus positiven Müttern in 2003 von 7,0% auf 16,6% in 2006. In der subjektiven Wahrnehmung der Betriebsleiter sank im selben Zeitraum die Zahl klinisch auffälliger Tiere. Darüber hinaus konnte in der statistischen Analyse der Nachweis signifikanter Unterschiede zwischen Map-Befundstatus und Leistung erbracht werden. Bei Map- negativen Tieren liegen in der stringenten Statusvariante V3 der Laktationswert und der BSK-Wert als standardisierte Milchleistungsparameter höher als die Map-positiver bzw. - fraglicher Tiere. In der univariaten Analyse zeigten Map-negative Tiere verglichen mit positiven bzw. fraglichen Tieren signifikant höhere durchschnittliche Gesamtmilchleistungen in der Statusvariante V3. Signifikant unterschiedlich zwischen den Befundgruppen waren auch die Parameter 305-Tage Milch-, Fett- und Eiweißleistung sowie die durchschnittliche Gesamtmilchleistung je Laktation im multivariaten Modell (V1 und V2). Grundsätzlich zeigen sich bei den einzelnen Parametern teils widersprüchliche Ergebnisse, welche durch die Charakteristik der diagnostischen Methoden und schließlich durch eine generell sehr hohe Datenstreuung geprägt waren. Auch die darauf basierende betriebswirtschaftliche Analyse aller Tiere mit einer abgeschlossenen Lebensleistung erbrachte keine eindeutigen ökonomischen Vorteile Map-negativer gegenüber Map-positiven Tiere. Diese Beobachtung steht auch im Zusammenhang mit der geringen durchschnittlichen Lebensdauer der Kühe von weniger als drei Laktationen, welche durch frühzeitige Merzung aufgrund von Euterentzündungen, Fruchtbarkeitsstörungen und Lahmheiten bedingt ist. Sollten die Bemühungen um eine höhere Nutzungsdauer von Hochleistungsmilchkühen Früchte tragen, ist zu erwarten, dass die Paratuberkulose als Wirtschaftsfaktor zukünftig eine größere Rolle spielen wird, da die Tiere dann ein Alter erreichen, bei dem die Klinik deutlicher in Erscheinung tritt. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass der Erfolg von Sanierungsmaßnahmen in hohem Maße davon abhängt, ob der Katalog von Hygiene- und Managementmaßnahmen diszipliniert und fortdauernd erfüllt wurde oder nicht. Nachweisbare Map- Prävalenzsenkungen sind frühestens nach zwei Kuhgenerationen zu erwarten. Aufgrund der hohen Abgangsraten zögerten die Landwirte, klinisch unauffällige Map-infizierte Tiere aus dem Bestand zu entfernen. Darüber hinaus stellt der Preisdruck in der Milchviehhaltung, im Verbund mit einem durchweg knapp bemessenen Personal in den Betrieben, einen begrenzenden Faktor dar. Landesweite Sanierungsprogramme lassen sich effektiv nur umsetzen, wenn in den einzelnen Betrieben eine regelmäßige und qualifizierte Beratung durch geschulte Tierärzte unter Einbindung aller Betriebsmitarbieter angeboten wird.