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Zwischen September 2004 und Dezember 2005 wurden in Nordrhein-Westfalen 15 Milchkuh haltende Betriebe aufgrund von ungeklärten Tiergesundheitsproblemen für ein Chlamydienmonitoring ausgewählt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit fand eine retrospektive Analyse der erhobenen Daten statt. Die vom Tiergesundheitsdienst NRW begleiteten Betriebe verzeichneten in der Vergangenheit wiederholt Fruchtbarkeitsstörungen, Probleme mit der Eutergesundheit, Atemwegserkrankungen sowie Erkrankungen des Bewegungsapparates, sodass der Literatur zufolge ein Zusammenhang mit Chlamydieninfektionen vermutet wurde. Je Betrieb wurden 15 Tiere beprobt, die den Gruppen „Kälber“, „Jungrinder“, „Kühe in der ersten Laktation“ und „ältere Milchkühe“ zugeordnet wurden, wobei die Anzahl der in den Gruppen untersuchten Tiere dem Anteil am Gesamtbestand entsprach. Von den 15 untersuchten Tieren wurden vier bis fünf Tiere pro Betrieb der Gruppe der sog. Indextiere zugeordnet. Dabei handelt es sich um klinisch kranke Tiere, deren Krankheitserscheinungen im Zusammenhang mit Chlamydiosen in der Literatur beschrieben wurden. Von 225 Rindern wurden insgesamt 2049 Proben entnommen, davon wurden 801 Proben mittels PCR auf chlamydienspezifische DNA-Sequenzen untersucht. Zum Probenmaterial zählten Tupferproben von Konjunktival-, Nasen- und Vaginalschleimhaut sowie, im Falle laktierender Tiere, auch Milchproben. Bei zwölf Tieren, elf davon mit positivem PCR-Ergebnis, wurde der Versuch zur Anzüchtung des Erregers unternommen. Des Weiteren wurden 222 gepaarte Blutproben mittels ELISA auf die Anwesenheit von Antikörpern gegen Chlamydienantigen untersucht. In allen 15 Betrieben konnte mithilfe der PCR chlamydienspezifische DNA nachgewiesen werden. Die Prävalenz (mindestens ein positiver PCR-Nachweis pro Tier) betrug in den Betrieben zwischen einem Tier (6,7 %) und allen 15 untersuchten Tieren (100 %). Die Prävalenz, bezogen auf alle untersuchten Tiere (n=225), lag bei 45,8 % (103 Tiere). Von diesen 103 Tieren wurde bei 37 % in mindestens einer weiteren Probe ein positiver PCR- Nachweis geführt. Der Anteil positiver Nasentupferproben war mit 23,6 % gegenüber Tupferproben von der Vaginalschleimhaut (20,4 %) und der Konjunktiven (18,7 %) sowie Milchproben (13,1 %) am höchsten. Die Anteile der unterschiedlichen Matrizes in Bezug auf einen weiteren positiven Chlamydien- DNA-Nachweis unterschieden sich kaum voneinander (57 % bis 60 %). Dies spricht gegen eine überdurchschnittliche hohe Kontamination, die möglicherweise das Ergebnis hätte verfälschen können, einer bestimmten Probenentnahmestelle, beispielsweise der Scheidentupferproben. Signifikante Prävalenzunterschiede (p<0,01) wurden zwischen den Altersgruppen, insbesondere bei den Nasentupfern von Jungtieren (Kälbern und Jungrindern) sowie bei den Vaginaltupfern der Kälber in Bezug auf die älteren Milchkühe, ermittelt. Die signifikant höhere Nachweisrate von chlamydienspezifischer DNA in der Vaginalschleimhaut von Kälbern lässt auf einen vom Sexualkontakt unabhängigen Infektionsweg schließen. Bei Tieren mit Gesundheitsproblematik wurde eine Prävalenz von 39,7 % ermittelt. Die Prävalenz des Gesamtkollektivs aller Altersgruppen liegt demgegenüber mit 48,2 % höher, ist jedoch statistisch nicht signifikant. Einzig bei der Berechnung der unterschiedlichen Probenmatrizes konnte eine signifikant geringere Nachweisrate aus Nasentupfern der Indextiere im Vergleich zum Altersgruppenkollektiv festgestellt werden. Von 13 durchgeführten Anzüchtungsversuchen gelang der Nachweis von Cp. pecorum bei acht Tieren (in neun Proben). In der Untersuchung auf Chlamydienantikörper mittels ELISA-Test waren 93 (42 %) Proben in beiden Untersuchungen (im Abstand von drei Wochen) positiv und 80 (36 %) negativ. Im ersten ELISA-Test lag die Seroprävalenz bei 46 % (103), im zweiten ELISA-Test bei 51 % (114). Die Nachweisraten in den Betrieben lagen zwischen 13 % und 80 %. In einem Betrieb wurde im Untersuchungszeitraum eine Serokonversion detektiert, was auf ein akutes Geschehen hindeutet. Erwartungsgemäß konnten bei den jüngeren Tieren signifikant weniger Antikörper nachgewiesen werden als bei den älteren Tieren. Die Serokonversionsrate innerhalb der verschiedenen Altersgruppen ist signifikant. Demgegenüber konnte bei den Indextieren keine Serokonversion nachgewiesen werden. Bei der Gegenüberstellung von ELISA und PCR wird folgender Zusammenhang deutlich: Bei den Kälbern überwiegen die Antigennachweise gegenüber den Antikörpernachweisen mit 16,7 %, während bei den älteren Milchkühen die Antikörpernachweise mit 45,8 % überwiegen. Diese Unterschiede sind statistisch signifikant (p< 0,01) und lassen darauf schließen, dass Chlamydienneuinfektionen v. a. bei den Jungtieren eine Rolle spielen, was die Rolle der Jungtiere in dem Krankheitsgeschehen unterstreicht. Im Spiegel der Literatur entsprechen die ermittelten Prävalenzen den Erwartungen an ausgewählte Betriebe mit chlamydienassoziierten Erkrankungen. Die Nachweisraten von chlamydienspezifischer DNA und Antikörpern war in den meisten hier untersuchten Betrieben hoch und ließ eine Schlussfolgerung in Bezug auf Betriebsund Umwelteinflüsse nicht zu. Die im Rahmen der Studie aufgenommenen Betriebsdaten bei sog. Problembetrieben wurden in einer Nachfolgeuntersuchung von KEMMERLING et al. (2009) mit zufällig ausgewählten Betrieben bestätigt. Beim Vergleich der Betriebsgrößen mit den ermittelten durchschnittlichen Betriebsgrößen zufällig ausgewählter Betriebe von KEMMERLING et al. (2009) kann die Tendenz zu zahlenmäßig im Durchschnitt größeren Herden mit Chlamydiennachweisen in der PCR im Vergleich zu durchschnittlich kleineren Herden ohne Chlamydiennachweis festgestellt werden. Ebenso bestätigen die erhobenen Milchleistungsdaten die Untersuchungen von KEMMERLING et al. (2009). Insbesondere die Jahresmilchleistung in Kilogramm sowie die Anzahl der Laktationen pro Jahr nehmen im Vergleich zu Betrieben ohne Chlamydiennachweise signifikant ab. Abschließend wird festgestellt, dass in allen hier untersuchten Betrieben, die als „Chlamydien-Problembetriebe“ bezeichnet wurden, Chlamydien-DNA und Chlamydienantikörper nachweisbar waren. Ein ursächlicher Zusammenhang von den aufgenommenen Gesundheitsproblemen bei Tier und Mensch und dem Nachweis von Chlamydien konnte in der vorliegenden Untersuchung nicht hergestellt werden. In landwirtschaftlichen Betrieben erscheint naheliegender, dass sich Chlamydien vor allem dort nachweisen lassen, wo das Betriebsmanagement und die Tierhaltung Defizite aufweisen.