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Eine Hauptfunktion des Blättermagens liegt in der Absorption von kurzkettigen Fettsäuren und Bikarbonat. Diese Aufnahme bedingt effektive Mechanismen zur Regulation des intrazellulären pH-Wertes. Zur Charakterisierung der beteiligten Mechanismen ist im Rahmen dieser Arbeit eine neue Methode etabliert worden, mit der es möglich ist, den pH-Wert sowohl supraapikal (direkt an der apikalen Oberfläche des Epithels) als auch subapikal (in der Epithelzelle) zu messen. Diese double-barreled H+-sensitiven Mikroelektroden wurden in Kombination mit einer modifizierten Ussing-Kammer eingesetzt. Auf diese Weise konnten die Auswirkungen von veränderten Ionenkonzentrationen und von Hemmstoffen verschiedener Transportmechanismen auf den supra- und subapikal pH-Wert und auf die elektrophysiologischen Parameter aufgezeichnet werden. Mit Hilfe der Natriumreduktionsversuche, die zum Teil mit einer erhöhten Kaliumkonzentration kombiniert wurden, konnte bekräftigt werden, dass der transepitheliale Strom hauptsächlich von Natrium getragen wird. Außerdem wurde damit die Hypothese von Schultheiss (1995) bestätigt, der in dem apikalen Natriumkanal einen nicht-selektiven Kationenkanal sieht. Die hemmende Wirkung auf diesen Kanal wird von Calcium bzw. Magnesium durch eine Depolarisation (in diesem Fall bedingt durch eine luminale Kaliumerhöhung) aufgehoben. Auch die von Schultheiss postulierte Anwesenheit eines apikalen Kaliumkanals konnte mit diesen Versuchen bestätigt werden. Der parazelluläre Fluss von Natrium und Chlorid scheint hingegen gering zu sein. Die double- barreled H+-sensitiven Mikroelektrode wurde zur Messung des pH-Wertes etabliert. Die Elektroden hatten pro pH-Einheit eine Spannungsabweichung von 57,91 mV ± 2,65 (n = 58), die nahezu mit dem wünschenswerten Nernst-Potential übereinstimmten. Die routinemäßige Herstellung von Elektroden mit diesen idealen Eigenschaften erwies sich jedoch als zeitaufwendig und schwierig. Die Hypothese eines supraapikalen Mikroklimas konnte mittels dieser Mikroelektroden bestätigt werden. Der während der Standardinkubation gemessene pH-Wert direkt an der apikalen Oberfläche des Epithels war mit einem Wert von 7,23 ± 0,02 signifikant geringer als der pH-Wert (7,4) in der mukosalen Perfusionslösung (bulksolution). Die Messung des pH-Wertes in der Psalterepithelzelle ergab mit 7,30 ± 0,02 ebenfalls einen signifikant saureren pH-Wert im Vergleich zu dem in der bulksolution (Standardpuffer, pHWert 7,4). Wurde das Epithel mukosal mit einem fettsäurehaltigen Puffer (pH 7,4) inkubiert, fiel der pH-Wert in der Zelle unter dem des apikalen Puffers. Hatte der Fettsäurepuffer einen pH-Wert von 6,4, so konnte intrazellulär stets ein weitaus höherer Wert als im apikalen Medium gemessenen werden. Durch den Einsatz von Hemmstoffen bestimmter Transportmechanismen konnte gezeigt werden, dass die pH-Regulation der Psalterepithelzelle aus einem komplexen Zusammenspiel mehrerer Transportmechanismen besteht. So wird der Ausfall eines Mechanismus durch verstärkte Aktivität der Übrigen kompensiert. Zu diesen Transportern gehören in erster Linie die Natrium-Protonen-Austauscher, insbesondere der apikale NHE3. Dieser Transporter sorgt für die Ausschleusung der Protonen, die hauptsächlich über die Diffusion der protonierten kurzkettigen Fettsäuren in die Zelle gelangen. Zusätzlich zu dem NHE sind die Chlorid-Bikarbonat-Austauscher an der pHRegulation beteiligt. Der apikale Transporter (DRA) befördert Bikarbonat in die Zelle und Chlorid hinaus. Dies wird ermöglicht durch den transepithelialen Chloridgradienten und durch die Aktivität eines apikalen Natrium-Chlorid-Cotransporters, der für eine hohe (lokale) intrazelluläre Chloridkonzentration sorgt. Durch die Aufnahme von Bikarbonat können die Protonen in der Zelle neutralisier werden. Zusätzlich wird Natrium aufgenommen und Chlorid rezirkuliert. Serosal schleust der AE2 Transporter ein Bikarbonat-Ion im Austausch gegen ein Chlorid-Ion aus der Zelle heraus. Der Transporter arbeitet entsprechend des Chloridgradienten. Es finden sich auch funktionelle Hinweise auf die Aktivität einer apikalen vH+-ATPase, die ebenfalls Protonen aus der Zelle herausschleust. Sie scheint jedoch im Wesentlichen nach dem Ausfall anderer regulatorischer Mechanismen als „Notbremse“ zum Einsatz zu kommen. Eine zu starke Hyperpolarisation der apikalen Membran dürfte dabei durch einen verstärkten Einstrom von Natrium über den apikalen nicht-selektiven Kationenkanal verhindert werden. Die im Rahmen dieser Arbeit gewonnen Ergebnisse sprechen somit für eine rigorose Regulation der intrazellulären Protonenkonzentration des Psalterepithels. Fettsäuren gelangen apikal mit Protonen in das Epithel und werden serosal über verschiedene Mechanismen wieder ausgeschleust. Das im Austausch für Protonen aufgenommene Natrium wird basolateral über die Natrium-Kalium-ATPase aus der Zelle heraustransportiert. Der serosale Efflux der Fettsäureanionen wird vermutlich über den am Pansenepithel beschriebenen hochleitenden Anionenkanal erfolgen. Dieser Transport wird vom basolateralen Potential getrieben und ist somit funktionell an den Transport von Natrium gekoppelt.