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Ziel des tierexperimentellen Designs war es Eizellen in vivo zu gewinnen, die verschiedenen, definierten physiologischen Entwicklungsstadien von Follikelpopulationen zugeordnet werden konnten. Durch die parallele Bestimmung mehrerer Parameter der Eizellqualität an jeder einzelnen Eizelle, sollten Zusammenhänge in vivo zwischen chromosomalen und zytoplasmatischen Reifungsprozessen in den Oozyten untersucht werden. Insbesondere sollte dabei die follikuläre Herkunft als Einflussfaktor auf die Eigenschaften von Oozyten näher beschrieben werden. Die Oozytengewinnung erfolgte durch wiederholte transvaginale ultraschallgeleitete Follikelpunktionen, die in 120 Follikelpunktionssitzungen an 14 Mecklenburger Warmblutstuten während einer Zuchtsaison vorgenommen wurden. Die Eizellgewinnung erfolgte zunächst bei rossigen Stuten, denen 24 Stunden zuvor ein hCG-Präparat appliziert worden war. Die Follikelaspirate wurden getrennt nach präovulatorischen Follikeln und subordinanten Follikeln gesammelt. Nach einer Ablation aller sichtbaren Follikel, wurden die Stuten einer zweiten Follikelaspiration unterzogen, noch bevor sich in der neu herangewachsenen Follikelpopulation ein dominanter Follikel entwickelt hatte. Zur genaueren Charakterisierung der verschiedenen Follikelgruppen erfolgten stichprobenartig Analysen der Östradiol-17β- und Progesteronkonzentrationen in den Follikelflüssigkeiten. Die Kumulus-Oozyten- Komplexe (KOK) wurden nach der Gewinnung unter einem Stereomikroskop morphologisch beurteilt und mit Brillant-Cresyl-Blau (BCB) unter Kulturbedingungen zur Bestimmung der Aktivität der Glukose-6-Phosphat- Dehydrogenase (G-6-PDH) inkubiert. Anschließend wurden die denudierten Oozyten mit dem Fluoreszenzfarbstoff MitoTracker Orange CMTM Ros zur Bestimmung der mitochondrialen Aktivität und Aggregation vital inkubiert und nach einer Fixierung in Paraformaldehyd mit Hoechst 33258 zur Bestimmung der Chromatinkonfiguration parallel gefärbt. Die Östradiol-17β-Konzentrationen waren mit 1911,4±184,5 ng/ml in präovulatorischen Follikeln, mit 885,6±120,6 ng/ml in Follikeln der wachsenden und mit 54,4±155,9 ng/ml in Follikeln der subordinanten Follikelgruppe zwischen den Follikelgruppen signifikant unterschiedlich (p<0,05). Kompakte KOK wurden signifikant häufiger aus wachsenden Follikelgruppen (p<0,05) und Oozyten, die nur die Corona radiata aufwiesen tendenziell häufiger aus den subordinanten Follikelgruppen (p=0,06) gewonnen. Insgesamt wurde mittels der BCB-Färbung in einem Drittel der Oozyten eine hohe G-6-PDH-Aktivität festgestellt. Es wurden keine signifikanten Einflüsse der Follikelgruppen, der KOK-Morphologie, des mitochondrialen Aggregationsmusters oder der mitochondrialen Aktivität auf die Verteilung von Oozyten mit unterschiedlicher G-6-PDH-Aktivität beobachtet. Bei der Untersuchung der Chromatinkonfigurationen konnte gezeigt werden, dass wachsende Follikelpopulationen signifikant höhere Anteile Oozyten im fibrillären Diplotänstadium enthalten, während Oozyten aus subordinanten Follikelpopulationen gehäuft ein kondensiertes Diplotän aufwiesen (p<0,05). Oozyten, deren Kern sich im fibrillären Diplotänstadium befand, wiesen einen signifikant größeren Anteil Oozyten mit einer niedrigen G-6-PDH-Aktivität und Oozyten mit pyknotischen Chromatin einen signifikant größeren Anteil Oozyten mit einer hohen G-6-PDH-Aktivität auf (p<0,05). Oozyten, deren Chromatin pyknotisch war, fanden sich nur in subordinanten Follikelgruppen. In Oozyten aus wachsenden Follikelgruppen wurden signifikant höhere Werte (Fluoreszenzintensität/Oozyte) der mitochondrialen Aktivität gemessen als in Oozyten aus subordinanten Follikelgruppen (p<0,05). Oozyten, die nur eine Corona radiata aufwiesen und Oozyten der expandierten KOK zeigten ebenfalls signifikant höhere Werte der mitochondrialen Aktivität als Oozyten mit kompaktem Kumulus (p<0,05). Oozyten mit grob granulierten Mitochondrien zeigten eine signifikant höhere mitochondriale Aktivität als Oozyten mit fein granulierten Mitochondrien (p<0,0001). Insgesamt zeigten 28,1% der untersuchten Oozyten ein grobgranuliertes mitochondriales Aggregationsmuster und 71,8% ein fein granuliertes Aggregationsmuster. Ein signifikanter Einfluss der follikulären Herkunft oder der Chromatinkonfiguration der Oozyten auf ihr mitochondriales Aggregationsmuster wurde nicht beobachtet. Die Untersuchungsergebnisse zeigten deutlich, dass in subordinanten Follikelgruppen hauptsächlich atretische und in den wachsenden Follikelgruppen zum größten Teil vitale Follikel enthalten waren. Aufgrund der Ergebnisse kann angenommen werden, dass es bereits in unreifen Follikeln zu einer Entkopplung zwischen der chromosomalen und zytoplasmatischen Reifung in Oozyten kommen kann. Besonders in stark atretischen Follikeln könnte dieser Prozess bereits irreversibel fortgeschritten sein. Oozyten mit der gleichen Chromatinkonfiguration oder Kumulusmorphologie sollten daher bei unterschiedlicher follikulärer Herkunft hinsichtlich ihrer Entwicklungskompetenz in vitro nicht als gleichwertig betrachtet werden. Da die follikuläre Herkunft chromosomale und zytoplasmatische Eigenschaften von equinen Oozyten signifikant beeinflusst, kann das Wissen über die follikuläre Herkunft einer Oozyte als weiterer Parameter zur Abschätzung der Oozytenqualität dienen. Die erzielten Ergebnisse können in Zukunft dazu beitragen In-vitro-Systeme der Eizellreifung zu optimieren und die Oozytengewinnung auf eine möglichst hohe Anzahl entwicklungskompetenter Oozyten zu orientieren.