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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Retrospektive Analyse diaphysärer und distal metaphysärer Radius/Ulna-Frakturen beim Hund nach Plattenosteosynthese und Osteosynthese mit Fixateur externe (2021)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Rösch, Kerstin (WE 20)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag Berlin, 2021 — X, 134 Seiten
    ISBN: 978-3-96729-101-8
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/30724
    Kontakt
    Klein- und Heimtierklinik

    Oertzenweg 19 b
    14163 Berlin
    +49 30 838 62422
    kleintierklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Ziel der retrospektiven Studie war, die Versorgung diaphysärer und distal metaphysärer Unterarmfrakturen mit winkelstabilen und nicht-winkelstabilen Osteosyntheseverfahren, deren Heilung und etwaige Komplikationen unter Berücksichtigung von patienten- und frakturabhängigen Einflussfaktoren zu analysieren. Insgesamt wurden 88 Hunde mit 91 diaphysären oder distal metaphysären Radius/Ulnafrakturen (3 Hunde mit bilateraler Fraktur) ausgewertet. Die Frakturen wurden in den Jahren 2009-2015 in der Klinik für kleine Haustiere der Freien Universität Berlin mit Plattenosteosynthese oder Fixateur externe stabilisiert. Die 88 Hunde gehörten 39 verschiedenen Rassen bzw. Mischlingen dieser Rassen an. Das Alter der Hunde variierte zwischen 2 und 186 Monaten und entsprach einem Durchschnittsalter von 3,17 Jahren. 52,3 % der Hunde waren weiblich und 47,7 % männlich. Leichtgewichtige Rassen (< 5 kg; Toyrassen) waren mit 31,8 %, niedrig- (5-15 kg) mit 23,9 %, mittel- (> 15-30 kg) mit 26,1 % und schwergewichtige (> 30 kg) mit 18,2 % vertreten. Frakturursachen waren Verkehrsunfälle (42,9 %), Sturz aus niedriger Höhe (24,2 %), Bagatelltraumen (Hängenbleiben, Einklemmen oder Spiel, Tritt; je 9,9 %), Hundebiss- (5,5 %) oder Wildschweinverletzung (2,2 %). Bei 5,5 % der Hunde war die Ursache unbekannt. Bei 96,7 % waren sowohl Radius als auch Ulna, bei 3,3, % nur der Radius frakturiert. 74,7 % der Frakturen betrafen die Diaphyse und 25,3 % die distale Metaphyse. Die distale Metaphyse war bei den leichtgewichtigen Hunden (< 5 kg) häufiger (46,7 %) als bei den schwereren (6,3-18,2 %) gebrochen. Insgesamt war die Quer- (79,1 %), vor Splitter- (12,1 %) und Schrägfraktur (8,8 %) häufigster Frakturtyp. Auch bei getrennter Betrachtung der Lokalisation machten Querfrakturen den jeweils größten Anteil (Diaphyse: 77,9 %; distale Metaphyse: 82,6 %) aus. 14,3 % der Frakturen waren offen. Die Frakturen wurden nach durchschnittlich 1,07 Tagen versorgt. Die Operationsdauer betrug durchschnittlich 67,7 Minuten. 46,2 % der Operationen wurden durch sehr erfahrene und 53,8 % durch weniger erfahrene Chirurgen vorgenommen. 83,5 % der Frakturen wurden winkelstabil (73,6 % NCP; 9,9 % Fixateur externe) und 16,5 % nicht-winkelstabil (DCP) stabilisiert. Platten- (90,1 %) waren insgesamt häufiger als Fixateur externe-Osteosynthesen (9,9 %). Im distal metaphysären Bereich wurde der Fixateur externe häufiger (17,4 %) als im diaphysären (7,4 %) eingesetzt. 78 % der Frakturen wurden nach dem Operationstag noch mindestens einmal in der Klinik geröntgt. Die röntgenologisch belegte Heilung von 52 Frakturen betrug durchschnittlich 15,58 ± 7,9 Wochen. Patienten- (Alter, Geschlecht, Körpergewicht) und frakturabhängige (Frakturlokalisation, -typ, offen vs. geschlossen) Faktoren beeinflussten die Heilungszeit nicht signifikant. Mit Fixateur externe versorgte Frakturen heilten tendenziell schneller (11,33 ± 7,89 Wochen) als nach Plattenosteosynthese (16,13 ± 7,87 Wochen), dieser Unterschied war nicht signifikant. Zwischen den mit nicht-winkelstabiler (DCP) und winkelstabiler Plattenosteosynthese (NCP) versorgten Frakturen waren keine signifikant unterschiedlichen Heilungszeiten festzustellen. Das traf im Vergleich nicht-winkelstabile Osteosynthesen (DCP) mit den winkelstabilen (NCP und Fixateur externe) auch zu. Die Implantate wurden bei 54 Frakturen auch wieder in der Klinik entnommen. Die daraus errechneten Implantatliegezeiten waren für Fixateur externe-Osteosynthesen signifikant kürzer (10,88 ± 5,08 Wochen; p = 0,036) als für Plattenosteosynthesen (16,69 ± 8,58 Wochen). Keine signifikanten Unterschiede der Implantatliegezeiten ergaben die Detailanalysen nicht-winkelstabile vs. winkelstabile Plattenosteosynthesen und nichtwinkelstabile vs. winkelstabile Osteosynthese. Der Heilungsverlauf wurde bei 84 Hunden (95,5 %) mit 84 Frakturen (92,3 %) in der Klinik kontrolliert. Bei 33 (39,3 %) Frakturen (= Patienten) war die Heilung (bei einigen mehrfach) komplikationsbehaftet (57 Komplikationen). Häufigste Komplikationen waren Osteomyelitis und Knochenresorption (je 13,1 %; n = 11), gefolgt von Frakturheilungsstörungen (Malunion, Nonunion, Delayed Union; 10,7 %; n = 9), Implantatversagen (8,3 %; n = 7), Ankylose des Karpalgelenks (2,4 %; n = 2) und transienter Radialislähmung (1,2 %; n = 1). Patienten mit Osteomyelitis wurden antibiotisch behandelt (n = 11), gelockerte Implantate wurden entfernt (n = 2), autologe Spongiosa angelagert und/ oder die Montage gewechselt (n = 1). Zur Therapie von Knochenresorption und Non- oder Delayed Union wurden die Frakturen dynamisiert (n = 6) die Montage gewechselt (n = 1) und/ oder ein Castverband nach Implantatentfernung angelegt (n = 2). Wundinfektionen wurden antibiotisch therapiert. Bei Implantatversagen wurde die Montage gewechselt (n = 3), gelockerte Implantate entfernt (n = 2) oder erneut fixiert (n = 1). Bei Refrakturen wurde eine Reosteosynthese mit Wechsel des Osteosyntheseverfahrens (n = 6) vorgenommen. Die Ankylose im Karpalgelenk und die Radialislähmung wurden physiotherapeutisch behandelt. Malunions (allesamt geringgradige Achsenfehler) wurden nicht korrekturosteotomiert und Synostosen nicht reseziert, da sie keine Funktionsbeeinträchtigung verursachten. Zwischen patientenabhängigen Einflussgrößen (Rasse, Alter, Geschlecht, Körpergewicht) und dem allgemeinen Komplikationsrisiko waren keine signifikanten Zusammenhänge aufzudecken. Das Gewicht der Patienten wirkte sich allerdings signifikant auf das Risiko eine Osteomyelitis zu entwickeln aus (p = < 0,001). Frakturabhängige (Frakturlokalisation, -typ, offen vs. geschlossen) waren wie behandlungsabhängige Faktoren (Zeitintervall Unfall-Osteosynthese, Operationsdauer, Erfahrungsgrad des Operateurs) nicht signifikant mit der Komplikationsrate korreliert. In der Analyse der Osteosyntheseverfahren (Platte vs. Fixateur externe; DCP vs. NCP; DCP vs. NCP / Fixateur externe) waren ebenfalls keine signifikanten Unterschiede im Komplikationsrisiko aufzudecken. Das war auch für die in der Literatur als besonders komplikationsgefährdet beschriebenen Hunde < 5 kg mit distal metaphysären Frakturen der Fall. Das funktionelle Behandlungsergebnis konnte für 88,6 % der Hunde mit 85,7 % der Frakturen ausgewertet werden. Die Entsprechend der Lahmheitsgrade (lahmheitsfrei, gering-, mittel-, hochgradig lahm) wurde die Gliedmaßenfunktion als gut (93,6 %), befriedigend (5,1 %) oder unbefriedigend (1,3 %) bewertet. Ein gutes funktionelles Therapieergebnis wurde bei 92,8 % der Plattenosteosynthesen und bei 100 % der Fixateur externe-Osteosynthesen erzielt. In der Schlussfolgerung sind winkelstabile (NCP / Fixateur externe) und nicht-winkelstabile (DCP) Osteosynthesen zur Therapie diaphysärer und distal metaphysärer Radius/Ulnafrakturen bestens geeignet. Die Auswahl des am besten geeigneten Verfahrens muss anhand der bereits vorliegenden Empfehlungen im Schrifttum und den Ergebnissen der vorliegenden Studie individuell unter Einbeziehung möglichst vieler Einflussgrößen (Patient, Fraktur, Chirurg, Besitzercompliance, Kosten) getroffen und etwaige Komplikationen nach Möglichkeit früh erkannt und therapiert werden.