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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Gesundheitsstatus von im Deutschen Retriever Club eingetragenen Retrieverrassen in Deutschland:
    Resultate einer Besitzerumfrage aus dem Jahr 2017 (2020)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Herzog, Linda (WE 16)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag Berlin, 2020 — XVI, 279 Seiten
    ISBN: 978-3-96729-082-0
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/29329
    Kontakt
    Institut für Veterinär-Epidemiologie und Biometrie

    Königsweg 67
    14163 Berlin
    +49 30 838 56034
    epi@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Das Ziel der vorliegenden Studie war die Erhebung der Krankheitsprävalenzen bei den sechs im Deutschen Retriever Club eingetragenen Retrieverrassen. Nach der Literaturrecherche über die häufigsten Erkrankungen dieser Rassen erfolgte die Ermittlung der Ergebnisse mittels standardisierter Fragebögen, welche die Besitzer aller im DRC eingetragener Retriever nach Anmeldung auf deren Vereins-Webseite online ausfüllen konnten. In die Grundgesamtheit wurden nicht nur Zuchthunde, sondern auch Familien-, jagdlich geführte und Therapiehunde jeden Alters sowie bereits verstorbene Hunde eingeschlossen. Zur statistischen Auswertung wurden die Daten in Excel übertragen und mit SPSS 25 ausgewertet. Die Populationsgröße in dieser Querschnittsstudie betrug 896 Retriever, worunter alle sechs Retrieverrassen vertreten waren. Die durchschnittliche Lebenserwartung wurde an den 125 zum Studienende bereits verstorbenen Hunden ermittelt und betrug 12 Jahre. Hündinnen lebten dabei im Median zwei Jahre länger als Rüden. Die mittlere Lebenserwartung kastrierter Hunde war höher (13 Jahre) im Vergleich zu intakten Hunden (9 Jahre). Signifikante Unterschiede zwischen den Rassen wurden bei den Flat-Coated Retrievern deutlich, welche im Median nur 10 Jahre alt wurden. In Bezug auf die Multimorbidität erkrankten die Hunde in ihrem Leben im Median an einer Erkrankung (Wertebereich 0-10), wobei Rüden häufiger drei bis vier Krankheiten aufwiesen. Die drei am häufigsten erhobenen Krankheiten waren die Otitis externa, Hot Spots und Zwingerhusten. Die häufigsten Todesursachen waren Tumore, altersassoziierte Todesumstände sowie Erkrankungen am Bewegungsapparat und am Magen-Darmtrakt, welche letztendlich zur Euthanasie führten. Diverse in der Literatur häufiger bei Retrievern beschriebenen Erkrankungen konnten auch in der vorliegenden Studie mit mindestens 1% Nennfrequenz beobachtet werden, darunter befanden sich Erkrankungen wie bspw. die Goniodysplasie (1,0%), Katarakt (2,5%), Ichthyose (1,5%), Krampfanfälle (1,8%) und Hypothyreose (6,6%). Andere aus der Literatur bekannte Erkrankungen wurden in unserer Studie nur selten (<1%) oder gar nicht genannt, wie z.B. die Progressive Retinaatrophie (0,4%), Collie Eye Anomalie (0,1%), Retinadysplasie (0,2%), diversen Autoimmunerkrankungen (0,1-0,4%), Myasthenia gravis (0,2%), Subaorten (0,5%)- oder Pulmonalstenose (0,3%) oder die inkomplette Ossifikation des Condylus humeri (0,1%). Speziell für die Hüftgelenks- und die Ellbogendysplasie konnte in der vorliegenden Studie im Vergleich zu anderen Studien ein Rückgang für alle Retrieverrassen im Vergleich zu Vorgängerstudien verzeichnet werden, was auf den Erfolg züchterischer Maßnahmen hindeutet. Andere Erkrankungen stiegen im Vergleich zu vorherigen Studien an Retrieverrassen an, wie z.B. Arthrose (8,4%), Wasserrute (8,0%), Konjunktivitis (6,6%), Katarakt (2,5%) und Kryptorchismus (1,3%). Der in dieser Studie dokumentierte Gesundheitszustand zeigt für einzelne Retrieverrassen ein unterschiedlich häufiges Auftreten bestimmter Erkrankungen: Die Curly-Coated Retriever erkrankten signifikant häufiger an Otitiden, die Flat-Coated Retriever an Augenerkrankungen wie der Konjunktivitis follikularis, der Distichiasis und der Goniodysplasie. Die Labrador-Retriever erkrankten signifikant häufiger an Lahmheiten, Otitiden und der Wasserrute, und die Nova-Scotia-Duck-Tolling Retriever an Distichiasis, Spondylose, Prostataerkrankungen und Bandscheibenvorfällen. Auffällig, jedoch nicht statistisch signifikant, erkrankten die Golden Retriever fast als einzige Rasse an Othämatomen und der Ichthyose und zusammen mit den Labrador-Retrievern wurden bei diesen beiden Rassen Krampfanfälle häufiger dokumentiert. In der vorliegenden Studie erkrankten Rüden signifikant häufiger an Zwingerhusten, Arthrosen, Futtermittelallergien, Atopischer Dermatitis, Cauda-equina-Syndrom und einer Hypothyreose. Hündinnen, v.a. kastrierte, erkrankten signifikant häufiger an einer Zystitis. Tumorerkrankungen wurden mit einer höheren Prävalenz (21%) erhoben als in der Vergleichsstudie der Retriever mit der Datenerhebung aus dem Jahr 2004, wobei die Hunde in der vorliegenden Studie älter wurden als in der Vergleichsstudie (Brümmer 2008) und Tumorerkrankungen mit dem Alter ansteigen (Klopfleisch 2016). Bei den Chesapeake-Bay-Retrievern wurden mit 27% die meisten Tumore dokumentiert, gefolgt von den Flat-Coated Retrievern mit 18%. Hündinnen erkrankten mit 14% häufiger an einer Tumorart im Vergleich zu Rüden mit 11%, wobei die Mammatumore, die fast nur bei Hündinnen auftraten, nach den Lipomen die zweithäufigste Tumorart waren, die in der vorliegenden Studie dokumentiert wurde. Kastrierte Hunde erkrankten häufiger an Lipomen, Mamma-, Milz-, Leber- und Lungentumoren im Vergleich zu intakten Hunden. Hunde, die an Tumoren erkrankt waren, erreichten ein Lebensalter von 10-14 Jahren: Retriever mit Osteosarkomen und Lungentumoren wurden 10 Jahre alt, wohingegen Hunde mit Lipomen, Mastzell- und Mammatumoren ein medianes Lebensalter von 14 Jahren erreichten. Für eine Zuchtzulassung der im Deutschen Retriever Club eingetragenen Retriever sind unter anderem eine Untersuchung auf die Hüftgelenks- und Ellbogendysplasie vorgeschrieben (DRC 2019). Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigten eine deutliche Verbesserung bei diesen Erkrankungen, was auf einen Erfolg der züchterischen Arbeit hindeutet. Für die Gesundheit der Retriever wäre die Erhebung der Prävalenzen der für die Retrieverrassen typischen Krankheiten in regelmäßigen Folgestudien wünschenswert, damit die Zuchtordnung des Deutschen Retriever Clubs stets aktuell bleibt und die Veränderungen der Krankheitshäufigkeiten als Orientierungsmaßstab für die gewissenhafte Hundezucht genutzt werden können.