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Die klassische Schweinepest ist eine in Deutschland anzeigepflichtige, hoch kontagiöse Erkrankung der Haus- und Wildschweine, die mit hohen Tierverlusten einhergehen kann und eine große wirtschaftliche Bedeutung besitzt. Die Bekämpfung der Krankheit ist in Deutschland durch die Schweinepest-Verordnung geregelt, deren zentraler Punkt ein generelles Impfverbot ist. Eine Ausnahme hiervon stellen lediglich behördlich angeordnete Notimpfungen im Falle eines festgestellten Seuchenausbruchs dar. Diese Politik ist auch darin begründet, dass es gegenwärtig keine kommerziell verfügbaren DIVA ("Differentiation between Infected and Vaccinated Animals") Vakzinen gegen das Virus der klassischen Schweinepest (classical swine fever virus, CSFV) gibt, die die optimale Schutzwirkung einer rekombinanten Lebendvakzine mit einem zuverlässigen Markierungsprinzip im Sinne des DIVA-Kriteriums in sich vereinen. Das zentrale Thema dieser Arbeit war daher die Identifizierung und Charakterisierung einer CSFV (Classical Swine Fever Virus) Mutante, die die hohen Anforderungen an eine neuartige CSFV DIVA-Vakzine erfüllen kann. Als Grundlage für eine solche Mutante wurde eine CSFV-Doppeldeletionsmutante getestet, die die attenuierenden Mutationen einer Deletion des für das Nichtstrukturprotein „Npro“ (N-terminale Protease) kodierenden Genombereichs und einer Ausschaltung der RNase-Aktivität des Strukturproteins „Erns“ (“envelope protein ribonuclease secreted”) in sich vereint. In einem Tierexperiment mit tragenden Sauen konnte gezeigt werden, dass diese Mutante im adulten Tier völlig apathogen ist, die Bildung von CSFV-spezifischen neutralisierenden Antikörpern induziert und keine Etablierung von diaplazentaren persistenten Infektionen in den Feten stattfindet. In einem nächsten Schritt gelang es, diese CSFV-Doppeldeletionsmutante mit einer Negativmarkierung im Sinne des DIVA-Kriteriums zu kombinieren. Als Angriffspunkt hierfür wurde das hoch konservierte, CSFV spezifische Epitop TAVSPTTLRT (TAV-Epitop) im Strukturprotein „E2“ („envelope protein 2“) von CSFV gewählt. Es war möglich, verschiedene TAV-Epitop markierte CSF- Virusmutanten zu generieren, die sich im Sinne des DIVA-Kriteriums funktional und in der Tierpassage stabil erwiesen. Die TAV-Epitop Markierung führte allein nicht zu einer Attenuierung der Viren, ließ sich jedoch stabil mit attenuierenden Mutationen (Npro-Deletion und Auschaltung der Erns-RNase) kombinieren. Eine TAV-Epitop markierte Doppelmutante konnte als vielversprechender Kandidat für eine neuartige CSFV DIVA-Vakzine identifiziert werden. Für die Impfstoffentwicklung ist die Aufklärung von molekularen Mechanismen essentiell, die für die Virulenz der Erreger von Bedeutung sind. Die Dimerisierung des Strukturproteins „Erns“ ist als Virulenzfaktor von Pestiviren in diesem Zusammenhang ein spannendes Thema. Im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit wurden daher aufbauend auf die Ergebnisse vorangegangener Arbeiten Experimente mit dimerisierungsnegativen CSFV-Mutanten durchgeführt. In diesen Mutanten war zum einen die Dimerisierung des Erns-Proteins an Position Cystein 171 durch Deletion oder Mutation des Cysteins verhindert, und zum anderen wurde den Viren an der alternativen Position 209 im Erns-Protein die Möglichkeit zur Restaurierung der Dimerisierung durch eine Cystein- Substitution gegeben. Diese Versuche ergaben neue Hinweise darauf, dass die Fähigkeit zur Erns-Dimerisierung einen Virulenzfaktor von Pestiviren darstellt. Abgesehen von individuellen Schwankungen bei einzelnen Tieren ergab sich jedoch im Tierversuch ein heterogenes Bild, sodass die Experimente als Grundlage für weitere Untersuchungen zu diesem interessanten Thema zu sehen sind.