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Chlamydien sind kokkenähnliche, unbewegliche, obligat intrazelluläre Bakterien mit einem einzigartigen 3-phasigen Entwicklungszyklus. Sie sind metabolisch eingeschränkt, weswegen sie auf bestimmte Reaktionswege der Wirtszelle angewiesen sind. Sie werden zu den Gram(-)-Bakterien gezählt. Die in dieser Studie verwendeten Spezies C. pneumoniae, C. psittaci und C. muridarum gehören dem Genus Chlamydia an und werden zur Familie der Chlamydiaceae gezählt. Alle drei Spezies bilden im Wirt das Krankheitsbild einer Pneumonie aus. C. pneumoniae Stamm DC40 (TW-183) bevorzugt dabei den Menschen als Wirt. C. psittaci Stamm DC15 (A-6BC) befällt vorrangig Papageienvögel und Tauben, wurde aber auch aus Säugetieren isoliert und kann demnach als ein ubiquitärer Erreger eingestuft werden. C. muridarum Stamm DC39 (Nigg) wurde bisher nur aus Vertretern der Familie Muridae isoliert, zeigt also ein sehr enges Wirtsspektrum. Chlamydien befallen vorrangig epitheliale Zellen und bilden dort das vorherrschende Krankheitsbild heraus. Ebenso ist bekannt, das Chlamydien mononukleäre Zellen infizieren können. Zu diesem Zelltyp gehören die Makrophagen. Sie bilden sich aus der myeloiden Linie über Monozyten im Knochenmark heran und differenzieren sich im Gewebe zu Makrophagen. Sie nehmen eine zentrale Stellung während der wirtseigenen Immunantwort ein und sind ein wichtiges Verbindungsglied zwischen angeborener und erworbener Immunantwort. Makrophagen lassen sich ähnlich dem TH1/TH2-System in M1/M2-Makrophagen einteilen. Dazu wird das Antigen-Expressionsprofil und die Zytokin- und Chemokinabgabe der Makrophagen herangezogen. M1-Makrophagen stehen für den inflammatorischen Abwehrweg und M2-Makrophagen zeigen typische Eigenschaften eines anti-inflammatorischen Abwehrweges. Makrophagen stellen die erste Abwehrlinie des Immunsystems dar und spielen dadurch eine bedeutende Rolle bei der Bekämpfung von Krankheitserregern. Daher wurden viele Studien mit Chlamydien und Monozyten/Makrophagen durchgeführt (Beagley, Huston et al. 2009). Dennoch bleiben weiterhin viele Fragen offen. Die meisten Untersuchungen beschränkten sich auf die Nutzung einer Chlamydienspezies in einem speziellen Wirt. Studien, die den Vergleich zwischen drei verschiedenen Chlamydienspezies in verschiedenen Wirten anstellen sind rar. In der vorliegenden Studie soll die Anpassung des Pathogens an zelluläre und immunologische Prozesse des Wirts (Wirtsadaptation) untersucht werden. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Replikation der Chlamydien, auf ihr Zytokinexpressionsprofil, auf das Überleben der Makrophagen und ihre Reaktion auf eine Infektion gelegt. Für die Versuche wurden humane bzw. bovine monozyten-gereifte Makrophagen aus Vollblut isoliert und kultiviert. Die isolierten Zellen wurden mit C. pneumoniae, C. psittaci bzw. C. muridarum inokuliert, um Proben für verschiedenste Untersuchungsverfahren zu gewinnen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden in die Themenbereiche Wachstum und Überleben der Chlamydien, Wirtszellantwort und Transkriptionsverhalten der Chlamydien eingeteilt. C. pneumoniae konnte in bovinen und humanen Makrophagen seinen Entwicklungszyklus innerhalb von 48 Stunden nicht abschließen, denn es wurden keine neuen Elementarkörperchen freigesetzt. In humanen Makrophagen schien der Entwicklungszyklus verzögert, anstatt komplett ausgesetzt zu sein, denn C. pneumoniae wurde weder zerstört noch inaktiviert. Vielmehr behielt es seine metabolische Aktivität bei, was man an einer Erhöhung der mRNA-Expression von rpoN und IncA ablesen konnte. Diese zwei Virulenzfaktoren spielen eine wichtige Rolle bei der Umwandlung von Elementarkörperchen in Retikularkörperchen. Es gab auch Anzeichen für chlamydiale Einschlüsse in humanen MDM nach ca. 23 Tagen (Lichtmikroskop). C. pneumoniae konnte die Makrophagen nur sehr geringfügig aktivieren und konnte keine eindeutige Polarisation in Richtung M1/M2 hervorrufen. Auch die bovinen Makrophagen konnten nicht effektiv infiziert werden. Die PCR-Daten zeigten aber signifikant mehr Chlamydien in den bovinen Makrophagen, als in den humanen. Es war auch eine leichte Zunahme der ifu/cell (nicht signifikant) zu erkennen. Im Licht- und Fluoreszenzmikroskop wurden mögliche Einschlüsse 24 hpi entdeckt, was darauf hinweist, dass der Entwicklungszyklus in bovinen Zellen etwas schneller als in humanen Zellen ablief. Rindermakrophagen waren generell empfindlicher gegenüber einer Infektion mit Chlamydien. C. pneumoniae konnte mehrfach aus anderen Organen (Gehirn, Gelenke, Herz, Blutgefäße) humaner Wirte isoliert werden, sodass Monozyten/Makrophagen als Trägerzellen diskutiert werden können. Dazu tragen die verzögerte Vermehrung und stete metabolische Aktivität in den humanen Makrophagen bei, welche einen Transport und eine rasche Wiederaufnahme des Reproduktionszyklus in den Zielgeweben begünstigen, wo sie epitheliale Zellen infizieren können (siehe Abbildung 40 und Abbildung 41). C. psittaci replizierte sich in beiden hier untersuchten Wirten sehr deutlich. Die Virulenzgene ftsw, rpoN und IncA wurden in beiden Wirten vermehrt exprimiert, was neben der signifikanten Erhöhung der ifu/cell und der ifu/2ml 48 hpi eine deutliche Replikation anzeigt. Die Replikation in den bovinen MDM war dabei signifikant höher als in humanen MDM (ca. 10 fach mehr ifu/cell). Gleichzeitig wurden die bovinen MDM deutlich früher zerstört, als die humanen MDM. In beiden Wirten wurden auch außerhalb der chlamydialen Einschlüsse Retikularkörperchen gefunden. In bovinen MDM wurde durch C. psittaci eine deutlich höhere inflammatorische Reaktion als in humanen MDM erzeugt. Zusammen mit dem Antigen-Expressionsprofil ließen sich die humanen MDM nicht eindeutig in M1/M2-Makrophagen einteilen, verschoben sich aber etwas mehr in Richtung M1-Makrophagenphänotyp. C. psittaci scheint etwas besser an den humanen Wirt angepasst zu sein, da dort eine moderatere inflammatorische Reaktion stattfand und die Zellen länger vital blieben. Die Infektion im bovinen Wirt verlief deutlich stürmischer (siehe Abbildung 40 und Abbildung 41). C. muridarum konnte in beiden Wirten keine effektive Vermehrung etablieren, denn es wurden keine neuen Elementarkörperchen freigesetzt. In beiden Wirten wurde aber eine deutliche inflammatorische Reaktion der MDM ausgelöst, was durch die Abgabe von NO2ˉ und die Erhöhung der Expression wichtiger inflammatorischer Zytokine zu erkennen war. In humanen MDM entwickelte sich ein Phänotyp, der M1-Makrophagen nahe kommt. Auch wurden CD14, CD40 und CD86 vermehrt exprimiert, was eine Aktivierung der Immunzellen anzeigt. Ein anti-inflammatorischer Marker wurde ebenfalls erhöht, was ein Anzeichen für die Wiederherstellung einer Balance nach einer starken entzündlichen Reaktion sein kann. Des Weiteren schien C. muridarum in humanen MDM ein unvollständiges persistentes Stadium zu etablieren, was durch die fehlende Freisetzung von EK, das Auftreten aberranter Retikularkörperchen (TEM) und einer erhöhten IFNγ-Expression durch die MDM gekennzeichnet war. Eine weitere Reaktion von C. muridarum auf die stark inflammatorische Reaktion der Makrophagen war die erhöhte mRNAExpression von Mcl-1, was zusammen mit der langen Lebensdauer der humanen MDM von mehr als 86 Tagen auf eine Apoptosehemmung hinwies. An die Wirte Mensch und Rind ist C. muridarum nicht gut angepasst. An den Menschen scheint er etwas besser angepasst zu sein. Denn in einigen Spendermakrophagen war eine moderate Vermehrung zu erkennen und die Reaktionen des Bakteriums auf die Abwehrmechanismen der MDM zeigten Wege auf, um in humanen MDM länger zu überleben (siehe Abbildung 40 und Abbildung 41). Ausblick Die Ergebnisse dieser Studie zeigen einen Einblick in die Vermehrung verschiedener Chlamydienspezies in unterschiedlichen Wirten. Die Anpassung an das intrazelluläre Leben und an den Wirt ist von Spezies zu Spezies verschieden. Die Annahme, dass C. pneumoniae gut an die Verbreitung im menschlichen Organismus angepasst ist, muss durch weiterführende Studien untersucht werden. Dazu gehört eine Verlängerung des Beobachtungszeitraums für die quantitative Untersuchung. Auch die zugehörigen immunologischen Prozesse müssten über mindestens 2 Wochen beobachtet werden. Des Weiteren fanden sich im Versuch mit C. pneumoniae Hinweise auf eine Apoptosehemmung, die durch Untersuchungen mit Staurosporin oder TUNEL weiter verdichtet werden können. Ein weiteres interessantes Ergebnis war, dass sich C. psittaci, trotz hoher IDO-Expression gut vermehren konnte. Studien, die sich mit dem Tryptophansyntheseweg der Chlamydien beschäftigen, könnten hier ansetzen. Das Hitzeschockprotein groEL wurde von C. psittaci nur in geringem Maße exprimiert, was für die Entwicklung von C. psittaci von Vorteil ist, da die Immunantwort der infizierten Zelle weniger stimuliert wird. Vertiefende Untersuchungen hierzu könnten einen Mechanismus aufdecken, der es Chlamydien ermöglicht vom Immunsystem weitestgehend unentdeckt zu bleiben, ohne in Persistenz zu gehen. Des Weiteren fanden siche „freie“ Retikularkörperchen von C. psittaci im Zytoplasma beider Wirte. Fiegl et al postulierten einen Zusammenhang mit dem MHCI-Präsentationsweg in einer dendritischen Zellinie (Fiegl, Kagebein et al. 2013). Weitere Versuche hierzu können Klarheit darüber verschaffen, ob hier ein ähnlicher Mechanismus vorlag. Im Versuch mit C. muridarum sind Hinweise für eine beginnende Persistenz aufgetreten, die einer natürlichen Infektion nahe kommen. Persistenzstudien werden oft mit einer hohen Persistenzauslösenden Stimulation durchgeführt. Das hier vorgestellte Modell könnte die Entstehung und Etablierung einer Persistenz unter Infektionsbedingungen untersuchen. Da C. muridarum ein sehr enges Wirtsspektrum hat, wäre die Erweiterung des hier eingesetzten Versuchsmodells auf die Familie der Muridae sehr interessant und würde die Versuchsreihe komplettieren. Auch die angezweifelten Funktionen des Virulenzfaktors CPAF könnten in dem hier vorgestellten Versuchsmodell überprüft und weiter erforscht werden. Die hier vorgestellte Arbeit ermöglicht einen guten Einblick in das Anpassungsvermögen der Chlamydien. Es konnten Unterschiede verschiedener Spezies in verschiedenen Wirten dargestellt und erklärt werden. Es wurde ein stabiles Modell etabliert, das für viele weiterführende Studien zur Verfügung steht. Wie erläutert ergaben sich aus den Ergebnissen dieser Studie einige weitere Fragen und Ansatzstellen für tiefergehende Forschungsprojekte. Somit dient die vorgelegte Arbeit als Grundlage für das Forschungsgebiet der Wirtsadaptation von Chlamydien.