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Eine der verheerendsten weltweit verbreiteten Erkrankungen der Honigbiene ist die durch Paenibacillus larvae verursachte Amerikanische Faulbrut (AFB), welche ausschließlich die Brut schädigt. Honigbienenlarven infizieren sich über sporenhaltiges Futter und nach Auskeimung der Sporen lebt P. larvae zunächst kommensal im Larvendarm, wo er sich massiv vermehrt. P. larvae baut die peritrophe Membran ab und geht ab einem bestimmten Zeitpunkt in die invasive Lebensphase über und greift das Darmepithel der Larve an. Nach dem Durchbruch des Darmepithels kommt es mit dem Übertritt von P. larvae in das Hämocoel zu einer generalisierten Infektion und zum Tod der Larve. Ziel der vorliegenden Arbeit war die weitere Aufklärung molekularer Details der Wirt-Pathogen-Interaktion im Verlauf der Pathogenese einer Infektion von Bienenlarven mit P. larvae. Dazu erfolgte die weitere Untersuchung zweier bereits gezeigter Virulenzfaktoren: das von den P. larvae Genotypen ERIC I und ERIC II produzierte PlCBP49 sowie das ERIC II-spezifische S-layer Protein SplA. Zunächst erfolgte die weitere Charakterisierung von PlCBP49, einem Virulenzfaktor mit chitinbindender und -abbauender Aktivität. Dieser allgemeine Virulenzfaktor wird sowohl vom P. larvae Genotyp ERIC I als auch dem Genotyp ERIC II genutzt, um die peritrophe Membran (PM) abzubauen. Da der Abbau der PM den Übergang von der nicht-invasiven zur invasiven Lebensphase von P. larvae markiert und PlCBP49 von beiden P. larvae Genotypen sezerniert wird, könnte dies ein möglicher Interventionspunkt in der Bekämpfung der AFB sein. Im Rahmen dieser Arbeit konnten weitere Gemeinsamkeiten von PlCBP49 und CBP21 von Serratia marcescens, einem bereits beschriebenen Mitglied der AA10 Familie lytischer Polysaccharid-Monooxygenasen (LPMOs), gezeigt werden. Hierfür wurde cbp49 erstmals erfolgreich heterolog in E. coli exprimiert und in funktionellen Assays weiter biochemisch charakterisiert. Neben der Substratpräferenz für β-Chitin konnten die besten Substratumsätze bei zweistündiger Inkubation bei pH 7 beobachtet werden. Diese Ergebnisse sowie das erstmals gezeigte Produktprofil von PlCBP49 weisen viele Gemeinsamkeiten mit CBP21 auf. Die Vermutung, dass PlCBP49 Chitin wie CBP21 ebenfalls über einen metallionen-abhängigen oxidativen Mechanismus abbaut, konnte weiter bekräftigt werden und die Ergebnisse dieser Arbeit beschreiben die Rahmenbedingungen für vertiefende Studien. Das ERIC II-spezifische S-layer Protein SplA wurde im Rahmen dieser Arbeit in dem natürlicherweise SplA-defizienten ERIC I Stamm ATCC9545 exprimiert. Die heterologe Expression konnte in vivo mit Fluoreszenzfarbstoff markierten monoklonalen Antikörpern und Fluoreszenzmikroskopie erfolgreich nachgewiesen werden. In Larveninfektionsversuchen mit der ERIC I+splA Mutante konnte keine Hypervirulenz im Vergleich zum Wildtyp festgestellt werden. Die Klonierung eines einzelnen Virulenzfaktors reicht demnach nicht aus, um die Pathogenesestrategie von P. larvae ERIC II auszulösen. Es sind also vermutlich noch weitere unbekannte Faktoren notwendig, um die komplexe Pathogenesestrategie auszulösen. Die Untersuchung der Immunantwort der Larve bei Infektion mit P. larvae war bereits Gegenstand einiger Studien und führte meist zu widersprüchlichen Ergebnissen. Der Einfluss des infizierenden P. larvae Genotyps wurde dabei nicht weiter beachtet. Durch die in dieser Studie durchgeführte vergleichende Transkriptomanalyse mittels RNA-Seq konnte gezeigt werden, dass die Infektion mit den P. larvae Genotypen ERIC I bzw. ERIC II drei Tage nach Infektion zu einer veränderten Expression immunrelevanter Gene führt. Die gesteigerte Expression antimikrobieller Peptide (AMPs) trat besonders hervor. Je nach infizierendem P. larvae Genotyp wurde eine unterschiedliche Kombination von AMPs signifikant exprimiert. Außerdem konnte eine stärkere Immunantwort in ERIC II-infizierten Larven festgestellt werden, was die vermutete Maskierung von P. larvae ERIC II durch das S-layer Protein widerlegt. Diese Ergebnisse weisen stark auf eine genotypspezifische Immunantwort der Larve hin. Obwohl Insekten kein adaptives Immunsystem besitzen, konnte in dieser Studie gezeigt werden, dass nicht nur die Spezies des Pathogens, sondern auch der infizierende Genotyp von entscheidender Bedeutung ist und die Immunantwort des Wirts maßgebliche beeinflusst. Bei der weiteren Untersuchung der Wirt-Pathogen-Interaktionen zwischen der Bienenlarve und P. larvae muss der infizierende Genotyp des Pathogens ebenfalls berücksichtigt werden. In einem weiteren Experiment konnte die Analyse der Expression ausgewählter Immungene in individuellen Larven, die Ergebnisse der bioinformatischen Analyse der RNA-Seq-Daten bestätigten. Neben der Expression unterschiedlicher AMPs, je nach infizierendem Genotyp, konnte eine stärkere Immunreaktion in ERIC II-infizierten Larven bestätigt werden. Da ERIC II-infizierte Larven innerhalb kürzester Zeit versterben und eine stärkere Immunreaktion aufweisen, liegt die Vermutung nahe, dass die aufgebrachte kostspielige Immunantwort am vorzeitigen Tod der Larve beteiligt sein könnte. Zusammenfassend wurde im Rahmen dieser Arbeit der allgemeine Virulenzfaktor PlCBP49 weiter biochemisch charakterisiert sowie die Pathogenesestrategie von P. larvae ERIC II durch die heterologe Expression von SplA in P. larvae ERIC I weiter untersucht. Darüber hinaus wurde die Immunantwort der Larve untersucht und es konnte gezeigt werden, dass nicht nur die Spezies des Pathogens, sondern auch dessen Genotyp entscheidend für die Immunantwort des Wirts sind. Diese Ergebnisse erweitern das Verständnis molekularer Details der Pathogen-Wirt-Interaktion zwischen P. larvae und der Honigbienenlarve.