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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Zungenbandeinsatz in Deutschland:
    Auswirkungen auf ausgewählte Blutparameter, Herzfrequenzvariabilität und Verhalten bei Rennpferden während des Trainings (2019)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Lindenberg, Inga (WE 17)
    Quelle
    Berlin: Mensch & Buch Verlag Berlin, 2019 — V, 102 Seiten
    ISBN: 978-3-96729-024-0
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/26364
    Kontakt
    Pferdeklinik

    Oertzenweg 19 b
    14163 Berlin
    +49 30 838 62299 / 62300
    pferdeklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Das Zungenband gehört zum erlaubten und üblicherweise eingesetzten Equipment im Pferderennsport in Deutschland. Über den deutschlandweiten Gebrauch und die Auswirkungen auf das Stressgeschehen beim Pferd ist bislang allerdings wenig bekannt. Steigendes öffentliches Interesse von Tierschutzorganisationen gegenüber dem Pferderennsport erhöht den Wunsch nach wissenschaftlich erhobenen Daten. Vor diesem Hintergrund war es Ziel der vorliegenden Untersuchung, die Auswirkungen des Zungenbandes bei Rennpferden während des Trainings durch ausgewählte physiologische Blutparameter und der Herzfrequenzvariabilität zu ermitteln, um den Stressstimulus, der potentiell von einem Zungenbandeinsatz ausgehen kann, zu evaluieren. Zusätzlich wurden Fragebögen an Rennpferdetrainer versandt. 30 Traber und 29 Galopper von 9 verschiedenen Trainern haben für den klinischen Teil der Studie deutschlandweit eine Trainingseinheit unter realen Bedingungen mit Zungenband absolviert. Dieselben 30 Traber absolvierten die gleiche Trainingseinheit zu einem nahegelegenen weiteren Zeitpunkt zur gleichen Tageszeit erneut. Die Blutproben und EKG-Sequenzen zur Bestimmung der Herzfrequenzvariabilität (HRV) wurden dazu in Ruhe, in Ruhe nach Einsetzen des Zungenbandes und unmittelbar nach dem Training entnommen und ausgewertet. Die Blutparameter Kortisol, Glukose, Laktat und Herzfrequenzanalyse-Parameter HF und LF, die Aussagen über die Parasympatikus- bzw. Sympathikusaktivität und sympathovagale Balance zulassen, wurden gemessen, um die Einflüsse auf den physiologischen Stoffwechsel und die HRV zu charakterisieren. Des Weiteren wurde das Verhalten während des Anlegens des Zungenbandes protokolliert. Die Ergebnisse der Blutparameter Kortisol, Glukose und Laktat zeigten insgesamt nur einen leichten, aber nicht signifikanten Anstieg nach Anlegen des Zungenbandes, und eine signifikante Erhöhung von Kortisol und Laktat nach Beendigung des Trainings. Anhand der sich im Vergleich zu den Ruhewerten verändernden Laktatwerte lässt sich schlussfolgern, dass alle Pferde im anaeroben Bereich trainiert wurden. Die Analyse der Frequenzbereichsparameter zeigte bei den Trabern nach Einsetzen des Zungenbandes eine Verschiebung der Parasympathikusaktivität hin zu einer dominierenden Sympathikusaktivität, die auch nach dem Training vorherrscht. Dies konnte bei den Galoppern nicht nachvollzogen werden. Hier waren über den gesamten Trainingsverlauf vermehrt die sympathischen Einflüsse auf das Herz dominant. Die HRV kann als nichtinvasiver Parameter zur Erfassung der Aktivität des autonomen Nervensystems genutzt werden, um das Ausmaß des Stresses, dem die Pferde durch das Zungenband ausgesetzt sind, zu beurteilen. Weitere Einflüsse wie Rasse und Temperament dürfen dabei aber nicht ausser Acht gelassen werden. Protokolliertes Kopfschlagen, Schweifschlagen und angespannte Gesichtsmuskulatur bis hin zum Steigen und einem damit einhergehenden Ausschluss aus der Studie wiesen in ihrer Form darauf hin, dass das Wohlbefinden der Pferde unter dem Einsatz des Zungenbandes litt. Die Ergebnisse der Fragebögen zeigten, dass es deutschlandweit während des Trainings bei 17,2% und während des Rennens bei 19,2% der trainierten Pferde zum Einsatz von Zungenbändern kommt. Die relative Mehrheit der Pferde war zu diesem Zeitpunkt 4 Jahre alt. Bei Galoppern kam das Zungenband bis zum vierten Lebensjahr seltener als bei den Trabern zum Einsatz. Es wurde unter Angabe leistungsverbessernder Endergebnisse trotz auftretender Probleme, die das Zungenband selbst mit sich bringt, im Rennsport eingesetzt. Besseres Handling und eine positive Unterstützung des Atmungsapparates standen dabei im Vordergrund. Für Vergleiche wären weitere Studien mit höheren Fallzahlen und standardisierten Belastungstests unter Ausschluss weiterer potentieller Stressstimuli interessant.