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Erkrankungen der Knochen des Pferdes stellen weiterhin einen großen Problembereich in der heutigen Pferdeindustrie dar. Hypogonadismus bei anderen Spezies und beim Mann führt zur Osteopenie und Osteoporose. Auf dieser Basis wurde die These entwickelt, dass die Kastration zwei- und dreijähriger Hengste und adulter Hengste einen maßgeblichen Einfluss auf ihren Hormon- und Knochenstoffwechsel ausübt. Zur Überprüfung dieser Hypothese wurde eine Feldstudie durchgeführt: Dabei sollte eine Gegenüberstellung von zwei- bis dreijährigen Kastraten und älteren Kastraten mit jeweils gleichaltrigen Hengsten erfolgen. (Eine ausreichend große Gruppe älterer Kastraten konnte während des Zeitraumes der Studie nicht zusammengestellt werden.) Eine Altersabhängigkeit der verwendeten Untersuchungsparameter wurde ebenfalls untersucht. Um die Probanden nachhaltig zu schonen, wurde diese These mit wenig-invasiven Techniken untersucht. Durch die Bestimmung von Knochenmarkern aus dem Blutserum konnten Raten eines zunehmenden Auf- oder Abbaus von Knochensubstanz dargestellt und die Balance des Knochenstoffwechsels angeben werden, in Abhängigkeiten zu den Geschlechtshormonen Östradiol (E2) und Testosteron (T). Die Hengste wurden in Gruppen eingeteilt (Feld A: zweijährige Kastraten, Feld B: dreijährige Kastraten, Feld C: zweijährige Hengste, Feld D: Hengste älter als 6 Jahre). Zu den Zeitpunkten T-4D (vier Tage vor der Kastration), T0D (am Tag der Kastration), T+4W bis T+20W (fünfmal jeweils im vierwöchigen Rhythmus) und T+36W (nach 36 Wochen) wurden allen Probanden morgens zwischen 7.30 und 10.30 Uhr Blutproben entnommen. Es konnten 263 Blutproben auf ihren Gehalt an Osteokalzin (OC), knochenspezifische alkalische Phosphatase (BALP), carboxy-terminales Telopeptide des Typ I Kollagens (CTX-I), T und E2 untersucht werden: OC wurde mit einem pferdespezifischen RIA untersucht. Zur Ermittlung der BALP wurden die Proben mit dem kommerziell erhältlichen ELISA-Kit bestimmt. Die CTX-I Bestimmung erfolgte mit einem kommerziell erhältlichen, automatisierten ECLIA im Elecsys 2010 Analyzer. Die Bestimmung der E2-Werte erfolgte mit dem Ultra-Sensitive-Estradiol-RIA-Kit von Diagnostic Systems Laboratories mit vorgeschaltetem Extraktionsschritt. Die T-Werte wurden durch ECLIA-Sandwich-Assay, (Elecsys-Testosteron Immunoassay) mit dem Elecsys 2010 Analyser gemessen. Folgende Ergebnisse wurden erarbeitet: 1. Nach der Kastration sank der Spiegel der Steroidhormone, für T bei den Kastraten unterhalb der Nachweisgrenze, für E2 in den Bereich der unteren Nachweisgrenze des Tests. Die heranwachsenden Hengste aus Feld C konnten steigende Konzentrationen verzeichnen. 2. Für die Knochenstoffwechselmarker konnte nach der Kastration eine Steigerung der BALP gegenüber der Vergleichsgruppe ab Zeitpunkt T+4W verzeichnet werden, die zum Zeitpunkt T+36W als statistisch signifikant abzusichern war (p ≤ 0.05). Der Aufbaumarker Osteokalzin zeigte bis zum Zeitpunkt T+12W eine gleichbleibende Konzentration, stieg dann gegenüber der Vergleichsgruppe in Feld C bis einschließlich dem letzten Messpunkt an. Diese Differenz konnte zum Zeitpunkt T+36W als statistisch signifikant abgesichert werden (p ≤ 0.05). Die Konzentration des Knochenabbaumarkers CTX-I stieg ab Zeitpunkt T+4W bis zum Zeitpunkt T+16W auf ein Niveau über dem des Feldes C an. Anschließend übertreffen die Werte von Feld C den weiteren Kurvenverlauf von Feld A. Zu den Zeitpunkten T+8W und T+12W konnte der Unterschied der CTX-I-Konzentration zwischen Feld A und Feld C als signifikant dargestellt werden (p ≤ 0.05). 3. Alle untersuchten Knochenmarker zeigten bei den unkastrierten Tieren mit zunehmendem Alter eine geringere Aktivität respektive eine niedrigere Konzentration. Für OC konnte dies bei den Hengsten aus Feld D gezeigt und mit einer Korrelation zum Alter von rP = 0.437 (p ≤ 0.001) statistisch abgesichert werden. 4. Die gemessenen Konzentrationen und Aktivitäten der Knochenmarker und Steroidhormone entsprechen dem wissenschaftlichen Kontext. Somit wurde bewiesen, dass innerhalb von 36 Wochen nach der Kastration der Hengste eine messbare Veränderung des Knochenstoffwechsels in Richtung Abbau und verstärktem Umsatz im Vergleich zur Hengstgruppe stattfindet.