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Antibiotikaresistente Bakterien wurden in den letzten Jahren immer häufiger in verschiedenen Reservoiren beschrieben. Dabei sind Produzenten von β-Laktamasen mit erweitertem Substratspektrum (sogenannte ESBLs) von großer Bedeutung. Escherichia coli spielt nicht nur als Darmbewohner bei Menschen und Tieren, sondern auch als Erreger intestinaler und extraintestinaler Erkrankungen, aber auch als Lebensmittelkontaminant eine wichtige Rolle. Ziel dieser Dissertation war es, (i) Informationen zum Vorkommen ESBL-bildender E. coli aus Milch- und Mastitis-Milchproben von Rindern, aber auch von Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft zu erarbeiten und eine vergleichende molekulare Charakterisierung der entsprechenden Isolate durchzuführen, (ii) Informationen zur phänotypischen und genotypischen antimikrobiellen Resistenz dieser E. coli-Isolate zu erarbeiten und (iii) molekulare Untersuchungen zum Vorkommen und zur Übertragbarkeit von ESBL-Genen durchzuführen und Informationen zu ESBL-tragenden Plasmiden inklusive anderer auf diesen Plasmiden co-lokalisierten Resistenzgenen zu gewinnen. Dazu wurden von 2009 bis 2013 insgesamt 21548 Rinder aus 1070 verschiedenen Milchviehbetrieben beprobt und die entsprechenden Milchproben (n = 75382) auf das Vorhandensein von E. coli untersucht. Bei den nachgewiesenen 878 E. coli-Isolaten wurden 12 ESBL-Bildner identifiziert. Des Weiteren wurden bei insgesamt 245 Gemüse-Proben, die zwischen 2011 und 2013 von 43 Sprossen und 202 Blattsalaten genommen wurden, sieben ESBL-bildende E. coli in vier Sprossen-Proben (zwei Isolate stammten aus einer Probe) und zwei Blattsalat-Proben nachgewiesen. Der Nachweis der ESBL-Bildung erfolgte durch phänotypische Bestätigungstests. Die ESBL-Gene wurden durch spezifische PCR-Assays detektiert und durch Sequenzierung bestätigt. Das Vorhandensein von Plasmiden wurde durch Erstellung von Plasmid-Profilen bestätigt und die Übertragbarkeit der Plasmide durch Transformation und Konjugation getestet. Die ESBL-Gen-tragenden Plasmide der Transformanden und/oder Transkonjuganden wurden mittels PCR-basierter Replikon-Typisierung näher charakterisiert. Sowohl die E. coli-Isolate als auch ihre Transformanden und/oder Transkonjuganden wurden hinsichtlich ihrer antimikrobiellen Empfindlichkeit mittels Bouillon-Mikrodilution untersucht und die entsprechenden Resistenzgene über spezifische PCR-Assays identifiziert. Ausgewählte Plasmide wurden partiell sequenziert. Bei den 19 ESBL-Bildnern wurden folgende ESBL-Gene nachgewiesen: blaCTX-M-1 (n = 5), blaCTX-M-2 (n = 3), blaCTX-M-14 (n = 3), blaCTX-M-15 (n = 6), blaCTX-M-65 (n = 1) und blaCTX-M-125 (n = 1), davon acht in Kombination mit blaTEM-1. Bei den Isolaten von pflanzlichen Lebensmitteln wurde blaCTX-M-14 und blaCTX-M-15 je zweimal nachgewiesen, bei den Isolaten aus den Mastitis-Milchproben wurde blaCTX-M-15 am häufigsten nachgewiesen. Alle ESBL-Gene waren auf Plasmiden unterschiedlicher Größen (35 bis 245 kb) lokalisiert. Die Replikon-Typisierung ergab Plasmide unterschiedlicher Inkompatibilitätsgruppen: IncF, IncN, IncI1, IncK, IncFIA + IncFIB, IncFIB, IncHI2 sowie IncHI2 + IncP. Ein Plasmid war nicht typisierbar. Insgesamt 18 der 19 ESBL-Gen tragenden Plasmide erwiesen sich als konjugativ, wobei IncN- und IncI-1-Plasmide die höchsten Konjugationsraten (1,17 x 10-2 bis 5,5 x 10-4) zeigten. Die ESBL-bildenden E. coli-Isolate wurden mittels PCR-basierter Bestimmung der phylogenetischen Gruppe, Multilocus-Sequenztypisierung (MLST) und Makrorestriktionsanalysen typisiert. Bei den phylogenetischen Gruppen dominierte die Gruppe A (n = 10), gefolgt von B1 und D (jeweils n = 4) sowie B2 (n = 1). Mittels MLST wurden viele verschiedene Sequenztypen (ST) identifiziert. Lediglich ST10 konnte bei mehreren Isolaten der Mastitis-Milchproben und Sprossenproben nachgewiesen werden. Vereinzelt wurden auch ST117 und ST410, welche häufiger bei Menschen und Lebensmittel beschrieben wurden, detektiert. Die Makrorestriktionsanalyse zeigte bei zwei Isolaten aus Mastitis-Milchproben verschiedener Herden nicht unterscheidbare Muster (bei ähnlichen Eigenschaften der Isolate/Plasmide) und bei zwei weiteren Mastitis-Milchisolaten unterschiedlicher Herden sehr ähnliche Muster (bei gleichen Eigenschaften der Isolate/Plasmide). Zwei sehr ähnliche Isolate einer Mastitis-Milchprobe wiesen unterschiedliche Muster auf. Die restlichen Isolate, inklusive der von den Salaten und Sprossen, wiesen allesamt verschiedene Makrorestriktionsmuster auf. Von den 19 ESBL-bildenden E. coli-Isolaten zeigten 15 einen Multiresistenz-Phänotyp. Elf der ESBL-Gen-tragenden Plasmide wiesen co-lokalisierte Resistenzen auf, neun davon wurden als Multiresistenz-Plasmide klassifiziert. Die auf den ESBL-Gen-tragenden Plasmiden identifizierten Resistenzgene vermittelten (i) Resistenzen gegenüber Gentamicin, Kanamycin, Streptomycin, Chloramphenicol/Florfenicol, Fosfomycin, Tetracyclinen, Sulfonamiden oder Trimethoprim oder (ii) reduzierte Empfindlichkeit gegenüber (Fluor)Chinolonen. Zudem trugen sieben Plasmide Integrons der Klasse 1 mit den Genkassetten-Arrays dfrA12-orfF-aadA2, dfrA1-aadA1 oder dfrA17-aadA5. Die partielle Sequenzierung zweier Plasmide (pCTX48 und pCTX64) zeigte, dass die vorhandenen co-lokalisierten Resistenzgene zum Teil in der Nähe der ESBL-Gene zu finden sind. Die Ergebnisse der vorliegenden Dissertation zeigen, dass ESBL-Gene bei E. coli-Isolaten von Mastitis-Milchproben und Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft zwar selten vorkommen, wenn dann aber meistens auf konjugativen Plasmiden unterschiedlicher Größen und Inkompatibilitätsgruppen, die zudem häufig co-lokalisierte Resistenzgene tragen. Dies leistet einer wechselseitigen Co-Selektion und der Persistenz der entsprechenden Resistenzgene Vorschub. Der Nachweis ESBL-bildender E. coli zeigt, dass die Lebensmittelkette, insbesondere Rohmilch und roh zu verzehrende Salate und Sprossen, ein mögliches Reservoir für die Verbreitung ESBL-bildender, multiresistenter E. coli und ihrer Resistenzgene darstellen kann.