Oertzenweg 19 b
14163 Berlin
+49 30 838 62299 / 62300
pferdeklinik@vetmed.fu-berlin.de
Magenläsionen sind in Pferdepopulationen weit verbreitet und von großer klinischer und wirtschaftlicher Relevanz. Das Ziel dieser Untersuchung war es, die bisher bekannten Risikofaktoren für Magengeschwüre auf ihre Aktualität hin zu überprüfen und zudem neue Erkenntnisse über die Erkrankung EGUS zu erlangen. Außerdem sollten die bisher aus der Literatur geläufigen Symptome, die laut dieser auf eine Magenerkrankung hinweisen, auf ihre Relevanz evaluiert werden. Hierzu wurde ein Besitzerfragebogen entworfen, der diese Faktoren und Krankheitszeichen detailliert abfragt und gleichzeitig ein tierärztlicher Befundbogen entwickelt, der eine einheitliche Einteilung der Befunde ermöglicht. Es sollten alle Pferde, die zur Gastroskopie vorgestellt wurden, in die Studie eingeschlossen werden. Aus den acht regelmäßig teilnehmend Kliniken/ Praxen in Deutschland waren innerhalb von 20 Monaten insgesamt 133 vollständige Besitzer– und Befundbogenkombinationen rückläufig. Mittels statistischer Verfahren wurden 113 der auswertbaren Fragebogenkombinationen deskriptiv und konfirmatorisch auf signifikante Zusammenhänge mit dem Auftreten der Erkrankung EGUS analysiert. In der untersuchten Studienpopulation lag das mediane Alter der Pferde bei elf Jahren. Es handelte sich zu 58,4 % vor allem um Wallache, zu 38,1 % um Stuten und zu 2,7 % um Hengste. Die meisten Pferde wurden mit 67,3 % als Freizeitpferd genutzt, nur bei 22,1 % wurde Sport als Nutzungsart angegeben. Die vorgestellten Patienten hatten zu 83,2 % einen Magenbefund in der Gastroskopie. Der Großteil von 43,4 % hatte Befunde in beiden Schleimhautkompartimenten, zu 21,2 % hatten die Pferde rein kutane Läsionen und zu 17,7 % lediglich Läsionen an der drüsenhaltigen Schleimhaut. Der häufigste Vorstellungsgrund war mit 31,9 % eine Rezidivierende Kolik. In der weitergehenden konfirmatorischen Analyse der identifizierten Risikofaktoren und Symptome auf Abhängigkeit mit dem Vorhandensein von Magenläsionen ergaben die Variablen Heufütterung aus einem Netz, die Nutzungsart Gnadenbrot und die Prophylaxe als Magenschutz vor Stresssituationen mit Relativen Risiken < 1 auch nach Adjustierung mit dem Störfaktor Rasse Pony statistisch signifikante Ergebnisse mit korrigierten p–Werten ≤ 0,05. Die Heufütterung aus einem Netz, stressarme Haltungsbedingungen (Gnadenbrot) und eine medikamentöse Ulkusprophylaxe mit Omeprazol scheinen das Auftreten von Magenläsionen in der Studienpopulation zu verringern. Die untersuchten Ponys (n = 10, 9 %) in der Studienpopulation zeigten eine niedrigere Inzidenz eines EGUS als die Pferde anderer Rassen, wobei die Gründe hierfür unklar sind. In der Subgruppenanalyse der einzelnen Magenregionen isoliert betrachtet stellten sich für den Bereich der kutanen Schleimhaut die Variablen Gerstefütterung, Flehmen und regelmäßige Entwurmung und für die Regionen mit drüsenhaltiger Schleimhaut die Variablen Einzelbox plus Grasweide in Gruppe, Einzelbox plus Paddock, Kotwasser in Klinik beobachtet und Luzernefütterung als statistisch signifikant mit einem p–Wert ≤ 0,05 heraus. Diese Faktoren scheinen in der untersuchten Patientenpopulation die Entstehung von EGUS zu begünstigen. Die Variable Befundverdacht durch Tierarzt/ Tierärztin war ebenso statistisch signifikant korreliert mit einem in der Untersuchung bestätigten Befund. In einem weiteren Subgruppenvergleich mittels Fisher–Exakt–Teststatistik der verschiedenen Lokalisationen Pars glandularis, Pars non–glandularis, beide Regionen oder keine Magenläsion untereinander stellten sich die Variablen Rasse Pony, Offenstallhaltung in einer Gruppe, Offenstallhaltung ganzjährig, Offenstallhaltung plus Grasweide saisonal, Heufütterung aus einem Netz, Nutzungsart Gnadenbrot, unregelmäßige Entwurmung und Omeprazol als Prophylaxe mit proportional vielen Patienten ohne Magenbefund, die Einzelboxhaltung plus Grasweide und Überweisung bzw. Veranlassung der Gastroskopie durch eine/ n Tierarzt/ Tierärztin mit vermehrt auftretenden Befunden in der drüsenhaltigen Schleimhaut und die Variable Gerstefütterung mit mehr kutanen Läsionen, mit einem p–Wert ≤ 0,05 und relevanten Patientenzahlen, als statistisch auffällig dar. Diese Erkenntnisse bestätigen die aus der bestehenden Literatur bekannten ulzerogene Faktoren für die Entstehung von Magenschleimhautläsionen, wie die Fütterung größerer Mengen an Kraftfutter (hier Gerste im Speziellen) und Stress (worauf die Nutzungsform Gnadenbrot hinweist) und die auf Magenulzera hindeutenden Symptome Rezidivierende Koliken und Flehmen. Die Rolle der Faktoren Fütterung aus einem Heunetz, Kotwasser (vom Besitzer oder Klinik–/Praxispersonal beobachtet), Luzernefütterung (in den verschiedenen Verarbeitungsformen Pellets, Häcksel oder Heu) und die Nutzungsart Gnadenbrot (und was diese Patienten von den anderen unterscheidet) im Kontext von Magenläsionen bei Pferden sollte in zukünftigen Studien Berücksichtigung finden, um eingehender untersucht werden zu können. Auf die Studie limitierend wirkt sich das Fehlen einer Kontrollgruppe und die absolute sowie in den einzelnen Variablen relativ geringe Patientenzahl für den Rückschluss auf eine Gesamtpopulation aus. Bei den untersuchten Pferden handelte es sich außerdem ausschließlich um Pferde, die Symptome aufwiesen, die auf ein Vorhandensein von Magenläsionen hindeuteten und die deswegen einer Gastroskopie zugeführt wurden. Aufgrund dessen liegt eine Verzerrung hinsichtlich der deutschen Gesamtpferdepopulation vor. Die geringe wissenschaftliche Evidenz der Subgruppenanalysen sollte ebenfalls bei einer Einschätzung beachtet werden.