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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Immunhistochemische und verhaltenspharmakologische Untersuchungen zur Rolle des murinen postsynaptischen Serotonin1A-Rezeptors in der adulten Neurogenese (2020)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Löken, Eva-Maria (WE 14)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2020 — XX, 149 Seiten
    ISBN: 978-3-96729-051-6
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/27663
    Kontakt
    Institut für Pharmakologie und Toxikologie

    Koserstr. 20
    14195 Berlin
    +49 30 838 53221
    pharmakologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Depressionen gehören mit weltweit etwa 322 Millionen betroffenen Menschen und steigender Prävalenz zu den am häufigsten vorkommenden psychischen Erkrankungen. Allerdings sind die exakten pathophysiologischen Mechanismen der Erkrankung bisher nicht vollständig aufgeklärt und in der pharmakologischen Therapie besteht u. a. die Problematik einer hohen Non-Responder-Rate sowie zahlreicher unerwünschter Arzneimittelwirkungen. Weitere Kenntnisse über die Pathoätiologie der Depression sind notwendig, um neuartige Antidepressiva mit einer besseren Wirksamkeit und weniger unerwünschten Arzneimittelwirkungen entwickeln zu können. Studien am Menschen und Untersuchungen im Tiermodell deuten darauf hin, dass Fehlregulationen des serotonergen Systems ebenso wie Veränderungen der adulten Neurogenese an der Entstehung von Depressionen beteiligt sind. Dabei ist der 5-HT1A-Rezeptor, ein Subtyp der Serotonin-Rezeptorfamilie, in den Fokus der Depressionsforschung gerückt und scheint eine bedeutende Rolle in der Ätiopathologie der Depression und in der Regulation der adulten Neurogenese einzunehmen. Der 5-HT1A-Rezeptor ist präsynaptisch als Autorezeptor auf serotonergen Neuronen in der Raphe und postsynaptisch als Heterorezeptor in den Projektionsgebieten serotonerger Neurone wie dem Hippocampus lokalisiert. Das an unserem Institut etablierte transgene Mausmodell mit einer Überexpression des 5-HT1A-Rezeptors in postsynaptisch lokalisierten Gebieten (OE-Maus) bietet eine gute Möglichkeit gezielt die Effekte, die über den postsynaptischen 5-HT1A-Rezeptor vermittelt werden, auf die adulte Neurogenese sowie depressionsassoziierte Verhaltensweisen und das hippocampusabhängige Lernen im Tiermodell aufzuklären. Bisherige Untersuchungen an OE-Mäusen deuten auf die Vermittlung eines „antidepressiven“ und proneurogenen Effekts dieses Rezeptor-Subtyps hin. Allerdings fanden alle bisher durchgeführten Studien an unbehandelten Tieren oder nach einmaliger Substanzgabe statt und eventuell auftretende Kompensationsmechanismen können nicht ausgeschlossen werden. In der vorliegenden Arbeit wurden die Effekte einer chronischen 5-HT1A-Rezeptor-Aktivierung auf die adulte Neurogenese sowie auf depressionsassoziierte Verhaltensweisen und das hippocampusabhängige Lernen im OE-Mausmodell untersucht. Außerdem ist bekannt, dass das serotonerge System an der Regulation der bewegungsinduzierten adulten Neurogenese beteiligt ist. Jedoch konnte der proneurogene Effekt in der bewegungsinduzierten adulten Neurogenese bisher keinem Serotonin-Rezeptor-Subtyp eindeutig zugeordnet werden. Deshalb wurde weiterhin die Beteiligung des postsynaptischen 5-HT1A-Rezeptors an der bewegungsinduzierten adulten Neurogenese im Tiermodell analysiert. Aufgrund von geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Prävalenz und in der Pathophysiologie des 5-HT1A-Rezeptors in der Depression sowie geschlechtsspezifischer Differenzen aus bisherigen Untersuchungen an der OE-Maus wurden auch in dieser Studie jeweils männliche und weibliche Mäuse getestet. Die immunhistochemischen Untersuchungen zur Quantifizierung der Zellproliferation und des Zellsurvivals im Gyrus dentatus männlicher und weiblicher OE- und Wildtyp (WT)-Tiere erfolgte nach chronischer 8-OH-DPAT- bzw. Vehikel-Gabe und in vivo-Markierung mit BrdU. Für die Analyse der bewegungsinduzierten adulten Neurogenese hatten OE- und WT-Tiere dementsprechend Laufradzugang oder keinen Laufradzugang. Depressionsassoziierte Verhaltensweisen chronischer 8-OH-DPAT- bzw. Vehikel-behandelter OE- und WT-Tiere und unbehandelter Kontrolltiere wurden mithilfe des Forced swim-Test und Sucrose Präferenz-Test untersucht. Unterschiede im hippocampusabhängigen Lernverhalten von OE- und WT-Tieren wurden im Novel object recognition-Test und Novel object location-Test überprüft. Freiwilliges Laufradtraining konnte bei WT- und OE-Mäusen sowohl die Zellproliferation als auch das Survival steigern. Wird die verminderte zurückgelegte Distanz der OE-Tiere bei der Auswertung der adulten Neurogenese berücksichtigt, könnten postsynaptisch lokalisierte 5-HT1A-Rezeptoren zumindest in der Zellproliferation der bewegungsinduzierten adulten Neurogenese einen proneurogenen Effekt vermitteln. Eine chronische 5-HT1A-Rezeptor-Aktivierung führte weder im transgenen Mausmodell noch bei Wildtyp-Tieren zu einer gesteigerten Zellproliferation oder einem vermehrten Survival. Weibliche OE-Tiere zeigten nach chronischer 5-HT1A-Rezeptoragonisten-Gabe sogar eine geringere Survivalrate gegenüber entsprechenden WT-Tieren und dementsprechend auch depressionsassoziierte Verhaltensweisen. In den Untersuchungen zum hippocampusabhängigen Lernen waren, weitestgehend übereinstimmend mit den Ergebnissen des Zellsurvivals, keine Unterschiede zwischen OE- und WT-Tieren oder den unterschiedlichen Behandlungsgruppen detektierbar. Neben einer 5-HT1A-Rezeptor-Desensibilisierung nach chronischer Rezeptor-Aktivierung kommen hauptsächlich Stress auslösende Faktoren wie Injektion und Isolation als Ursache für die vorliegenden Ergebnisse infrage. Außerdem deuten die Ergebnisse aus der vorliegenden Studie, zusammen mit den Ergebnissen einer aktuellen Studie zum Stressverhalten der OE-Maus, auf eine erhöhte Stresssensibilität der OE-Maus hin. Eine Interaktion von Sexualhormonen und postsynaptischen 5-HT1A-Rezeptoren sowie eine verminderte basale 5-HT-Konzentration im Gehirn der weiblichen OE-Tiere könnten für das verminderte Zellsurvival und die vorhandenen depressionsassoziierten Verhaltensweisen weiblicher OE-Tiere nach chronischer 5-HT1A-Rezeptor-Aktivierung verantwortlich sein. Eine Untersuchung der Stressantwort, die Messung von Stresshormon-Konzentrationen wie dem Corticosteron im Blut und die Bestimmung basaler 5-HT-Konzentrationen im Gehirn weiblicher transgener Tiere sind notwendig, um diese Hypothese zu bestätigen.