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Einleitung:
Der Begriff „Boviner respiratorischer Krankheitskomplex“ umfasst: Das neonatale Atemnotsyndrom, die Enzootische Bronchopneumonie (EBP), die atypische interstitielle Pneumonie, die Aspirationspneumonie. Die EBP ist eine Faktorenkrankheit, für deren Ausbruch mehrere begünstigende Begleitumstände erforderlich sind. In der Milchkuhhaltung müssen 70% der Kälber mindestens einmal in ihrem Leben wegen dieser Erkrankung behandelt werden, wobei vielfach Antibiotika verabreicht werden. Die Beteiligung von Viren ist dabei nicht immer gegeben. Die traditionelle mikrobiologische Diagnostik mittels Kultivierung aus Material von Nasentupfern oder Transtracheallavagen liefert in weniger als 50% der Fälle den Nachweis bekannter, an der EBP beteiligter Erreger. Innovative mikrobiologische Methoden können Aufschluss über das Mikrobiom des Atmungstraktes beim individuellen Kalb/Rind geben.
Ergebnisse bisheriger Studien:
Es liegen erste Ergebnisse für Zucht- und Mastrinder vor u.a. über die Änderung des Mikrobioms nach Ankunft in einer neuen Umgebung sowie über Unterschiede zwischen gesunden und kranken Tieren (Otitis, Lungenentzündung). Es zeigen sich Unterschiede in Abhängigkeit von der gewählten Untersuchungsmethode. Traditionelle Verfahren lieferten weniger und andere Nachweise als innovative Methoden; das galt vor allem für Anaerobier. Es bestanden interindividuelle Unterschiede im Mikrobiom, dennoch ließ sich eine TOP5 ermitteln, die regelmäßig bei verschiedenen Tieren auftauchte. Hierzu zählten neben Pasteurellen und Mannheimien auch Moraxellen. Das Mikrobiom von Tieren verschiedener Herkunft wurde im neuen Bestand im Zeitverlauf ähnlicher; hier dominierten auch bei gesunden Tieren vor allem Bakterienspezies, die regelmäßig bei Otitis und Pneumonie isoliert werden. Es bestanden jedoch Unterschiede zwischen „Kommensalen“ und krankheitsauslösenden Erregern einer Spezies.
Schlussfolgerung/Ausblick:
Ergebnisse von Studien zum Mikrobiom im Atmungstrakt des Kalbes zeigen Parallelen zu Ergebnissen aus der Humanmedizin. Die Möglichkeit Einsicht in die räumliche, zeitliche und quantitative Zusammensetzung des Mikrobioms zu gewinnen, sollte Kliniker dazu veranlassen, sich weg von der traditionellen monokausalen Betrachtungsweise, hin zu einer ökologischen Betrachtungsweise zu bewegen.