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Einleitung:
Die Verbreitung von antimikrobiellen Resistenzen geht immer mit dem Transfer resistenter Bakterien einher. Die Übertragung von Bakterien erfolgt inder Regel durch direkten Kontakt, über Luft, Stäube und Exkremente, sowie über Lebens-beziehungsweise Futtermittel. Resistente Bakterien werden innerhalb einer Tierpopulation zwischen Tieren der gleichen Spezies, aber auch zwischen Vertretern unterschiedlicher Tierspezies transferiert. Zwischen Menschen findet die Weitergabe resistenter Bakterien ebenso statt wie auch von Tier zu Mensch und von Mensch zu Tier (1).
Der direkte Kontakt zwischen Mensch und Tier ist der einfachste und effizienteste Weg um Bakterien zu übertragen. In diesem Zusammenhang unterliegen bestimmte Berufsgruppen, wie Tierärzte, Schlachthofmitarbeiter, Tierzüchter und -halter einem besonderen Risiko. Tierische Ausscheidungen, insbesondere Kot, können Bakterien in großer Zahl enthalten. Auch getrockneter Dung mit den darin enthaltenen Erregern kann sich als Aerosol in der Stallluft befinden und von den dort arbeitenden Menschen eingeatmet werden. Studien haben gezeigt, dass die Abluft aus Tierställen eine Vielzahl resistenter Erreger, wie z.B. methicillin-resistente Staphylococcus aureus(MRSA)-Isolate, aber auch Escherichia coli-Isolate, die β-Laktamasen mit erweitertem Wirkstoff-Spektrum (sog. ESBLs) bilden, enthalten kann (2). Die Lebensmittelkette spielt insbesondere dann eine Rolle, wenn von Tieren gewonnene und mit resistenten Bakterien kontaminierte Lebensmittel roh oder nicht ausreichend erhitzt verzehrt werden. Aber selbst in diesen Fällen müssen die entsprechenden Erreger die Magenpassage in ausreichender Zahl überleben, um eine Infektion auszulösen.
Die Rolle der unterschiedlichen Tiere als Überträger resistenter Bakterien wird kontrovers diskutiert. Nachstehend finden sich einige Überlegungen zur Rolle von Rindern als Überträger resistenter Bakterien.
Rinder als Überträger resistenter Bakterien:
Zunächst ist festzuhalten, dass Rinder ausschließlich als lebensmittelliefernde Tiere eingestuft sind. Dies bedeutet, dass –im Unterschied zu Hunden, Katzen und als „nicht-Schlachttier“ eingetragenen Pferden –nur die für Lebensmittel liefernde Tiere zugelassenen antimikrobiellen Wirkstoffe beim Rind eingesetzt werden dürfen. Daraus folgt, dass beim Rind kein direkter Selektionsdruck für die Ausbildung und Verbreitung von Resistenzen gegenüber vielen humanmedizinisch genutzten Reserveantibiotika, wie Glykopeptiden, Oxazolidinonen oder zyklischen Lipopeptiden, besteht.Einige wichtige Infektionserreger des Rindes, wie beispielsweise die am „Bovine Respiratory Disease Complex“ beteiligten Mannheimia haemolytica, Pasteurella multocidaund Histophilus somnioder die an Mastitiden beteiligten Streptococcus agalactiae, Streptococcus dysgalactiaeund Streptococcus uberis, spielen als Infektionserreger bei gesunden, immunkompetenten Menschen keine Rolle. Dagegen sind andere Erreger, wie z.B. S. aureusund E. coli, in der Lage sowohl Rinder als auch Menschen zu besiedeln und bei diesen auch Infektionen auszulösen.
Die aus dem nationalen Resistenzmonitoring GERM-Vet verfügbaren Daten (3, 4) zeigen, dass beispielsweise S. aureus-Isolate aus Fällen boviner Mastitis generell erheblich niedrigere Resistenzraten aufweisen als S. aureusIsolate anderer Tierarten. Allerdings gibt es deutliche Hinweise, dass zwischen Menschen, die beruflich in engem Kontakt mit Rindern stehen, und den entsprechenden Rindern durchaus eine Übertragung sog. „Livestock-associated MRSA“ erfolgen kann (5, 6). Es konnte zudem gezeigt werden, dass die Isolate von Rindern und Menschen zum Teil nicht unterscheidbar waren, was auf einen Transfer dieser Isolate hinweisen könnte (5). Diese MRSA Isolate treten jedoch beim Menschen in der Regel als Besiedler der Haut oder der Schleimhäute des oberen Respirationstrakts und nicht als Krankheitserreger auf.
Die GERM-Vet Daten zeigen auch hohe Resistenzraten bei E. colivon Kälbern. Viele der Isolate sind multiresistent und bilden ESBLs. Eine Studie an E. coliST410 zeigte, dass es CTX-M-15-produzierende Isolate von Menschen, Milchkühen und Kälbern gibt, die sich in ihren Kerngenomen in weniger als 70 SNPs (= Single Nucleotide Polymorphisms) unterscheiden (7). Untersuchungen aus dem Forschungsverbund RESET an ebenfalls CTX-M-15-bildenden Escherichia coliST167 von Kälbern und Fleischrindern ergaben das Vorhandensein von Isolaten mit nahezu gleichem Pulsfeld-Gelelektrophorese-Muster, gleicher phylogenetischer Gruppe und sehr ähnlichen ESBL-Gen-tragenden Plasmiden mit den gleichen co-lokalisierten zusätzlichen Resistenzgenen. Diese Beobachtungen stellen deutliche Hinweise darauf dar, dass eine Übertragung von E. colizwischen Rind und Mensch und von Rind zu Rind erfolgen kann.
Fazit:
Es steht außer Frage, dass Bakterien, inklusive resistente Bakterien, zwischen Tieren und Menschen in beiderlei Richtung ausgetauscht werden. Allerdings ist es nach wie vor fraglich, in welchem Umfang Bakterien von Tieren –und insbesondere solche von Rindern –zu Resistenzproblemen in der Humanmedizin beitragen. Wie alle Tiere können auch Rinder Bakterien, inklusive resistente Bakterien, mit ihrer belebten und unbelebten Umwelt austauschen. Der Nachweis ähnlicher oder mit den angewandten Methoden nicht zu unterscheidender resistenter Bakterien sagt jedoch meistens nichts über die Richtung aus, in der der Austausch stattgefunden hat.