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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Erster Nachweis von Sarcocystis calchasi bei Habichten (Accipiter gentilis) und Sperbern (Accipiter nisus) in Norddeutschland und Beschreibung zweier neuer, nah verwandter Sarcocystis-Arten (2018)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Olias, Lena (WE 12)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag Berlin, 2018 — V, 105 Seiten
    ISBN: 978-3-86387-936-5
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/23527
    Kontakt
    Institut für Tierpathologie

    Robert-von-Ostertag-Str. 15
    14163 Berlin
    +49 30 838 62450
    pathologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Mit Sarcocystis calchasi wurde 2009 ein Parasit der Apicomplexa bekannt, der bei Haustauben zu einer schwerwiegenden zentralnervösen Erkrankung und fatalen Verlusten in Brieftaubenbeständen führt. Klinisch ähnelt die Krankheit stark den beiden bedeutenden Taubenkrankheiten Paramyxovirose und Salmonellose. Kürzlich wurde der zweiwirtige Zyklus von S. calchasi zwischen dem Habicht als Endwirt und der Haustaube als Zwischenwirt aufgeklärt. Der Nachweis des Parasiten war bislang auf Haustauben im Berliner Raum beschränkt. Aus diesem Grund sollte im Rahmen der hier vorliegenden Dissertation das Vorkommen des Parasiten in Habichten und in phylogenetisch am nächsten verwandten Wirten stichprobenartig untersucht werden. Da vogelinfizierende Sarkosporidien allgemein für ihre geringe Wirtsspezifität bekannt sind, lag der Fokus der Arbeit zunächst darauf, möglichen weiteren End- und Zwischenwirten von S. calchasi nachzugehen. Dafür wurde in einer ersten Studie mittels PCR evaluiert, ob beim Sperber (Accipiter n. nisus) und der Ringeltaube (Columba palumbus) ebenfalls S. calchasi nachgewiesen werden können. Mittels speziesübergreifenden Primern wurden damit in beiden Vogelspezies zwei bisher nicht beschriebene Sarcocystis-Arten gefunden, die anschließend per Lichtmikroskopie, Elektronenmikroskopie, PCR mit anschließender Sequenzierung der ITS1-Region sowie der 18S und 28S rRNA-Gene und phylogenetischer Analyse umfangreich charakterisiert wurden und anschließend als S. columbae sp. nov. und Sarcocystis sp. ex A. nisus benannt wurden. Deutlich wurde dabei, dass beide neu entdeckten Sarcocystis-Arten nahe mit S.°calchasi verwandt sind und phylogenetisch eine Gruppe mit anderen Sarcocystis-Arten bilden, die Greifvögel als Endwirte nutzen. Basierend auf den Sequenzen der neu beschriebenen Sarcocystis-Arten und aller in öffentlichen Datenbanken zugänglichen Sequenzen wurde in einem nächsten Schritt jeweils eine speziesspezifische semi-nested-PCR für S. calchasi sowie S. columbae und Sarcocystis sp. ex A. nisus etabliert. Aufgrund der nachgeschalteten Amplifikation bietet diese Methode eine hohe Spezifität und Sensitivität, so dass auch kleine Mengen DNA amplifiziert werden können und retrospektive Studien anhand von archiviertem Material ermöglicht werden. Überraschenderweise wurde damit beim Habicht bzw. beim Sperber ein Befall mit mindestens einer der drei Sarcocystis-Arten in einer Häufigkeit von 92 % bzw. 100 % festgestellt; etwa die Hälfte der Vögel war sogar mit allen drei Arten gleichzeitig infiziert. Bereits für das Jahr 1997 konnte das Vorkommen von S. calchasi bei Habichten in Berlin nachgewiesen werden. Da Tauben im Allgemeinen nicht zum Beutespektrum des Sperbers gehören, legen die Ergebnisse den Verdacht nahe, dass das Wirtsspektrum von S. calchasi und S.°columbae größer ist und beispielsweise auch Singvögel umfassen könnte. Angesichts der Verbreitungsgebiete von Haustauben, Ringeltauben, Sperbern und Habichten, die sich in weiten Teilen überschneiden, dürfte S. calchasi weitaus weiter verbreitet sein als bisher angenommen. Dies bedarf einer Klärung in epidemiologischen Studien. Welche Rolle eine anthropogene Beteiligung über die Falknerei und den Brieftaubensport bei der Verbreitung des Parasiten spielt, bleibt ebenfalls zu untersuchen.