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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Heilung diaphysärer Splitterfrakturen langer Röhrenknochen beim Hund ohne –und mit osteokonduktiver Fremdmaterial- Unterstützung (BoneCure®) bei Hund und Katze (2017)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Petereit, Franziska (WE 20)
    Quelle
    Berlin, 2017 — X, 160 Seiten
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/22818
    Kontakt
    Klein- und Heimtierklinik

    Oertzenweg 19 b
    14163 Berlin
    +49 30 838 62422
    kleintierklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Die Knochenheilung ist ein komplexer Vorgang, bei der die Reparation in einer vollständigen Rekonstruktion der ursprünglichen Struktur, Funktion und Belastbarkeit des Knochens mündet. Besonders die Heilung größerer Defekte langer Röhrenknochen ist dabei meist langwierig und nicht immer erfolgreich. Bei 5–10 % aller diaphysären Frakturen sind Heilungsstörungen zu erwarten. Sie können iatrogen durch falsche Osteosynthesewahl, Missachtung der Asepsis und zusätzlicher Traumatisierung bei der Osteosynthese verursacht und/oder patienten- (Alter, Gewicht, systemische Erkrankungen, Immunstatus) und frakturbedingt (Lokalisation: epi-, me-ta-, diaphysär; Konfiguration: einfach, gesplittert, zertrümmert, offen) sein (JACKSON und PACCHIANA, 2004; CALORI et al., 2007). Für den Menschen gelten diaphysäre Splitter-/Trümmerfrakturen mit einer Defektgröße über 140 % des Knochendurchmessers als Brüche, die nicht mehr natürlich und ohne ärztliche Intervention heilen (MATHON et al., 1998). In der Kleintiermedizin konnten dazu nur ganz allgemein Empfehlungen gefunden werden: „Besteht ein Knochendefekt oder können Bruchenden nicht korrekt reponiert werden, so ist die Lücke primär mit autogener Spongiosa aufzufüllen. Sekundär erfolgt die Spongiosatransplantation bei verzögerter oder ausbleibender Frakturheilung.“ Auch wenn in zahlreichen Dokumentationsanalysen zu Gliedmaßenfrakturen bei Hund und Katze die Inzidenz, Lokalisation und der Frakturtyp sowie die Osteosyntheseverfahren analysiert sind, fehlen Daten zur primären oder sekundären Behandlung mit autogenen Spongiosatransplantaten. Gemessen am Goldstandard „Spongiosatransplantation“ sollte zudem erstmals eine neuartige Polymermembran (BoneCure®) mit osteokonduktiven Eigenschaften geprüft werden, ob diese den knöchernen Durchbau von Frakturen, Korrekturosteotomien und Arthrodesen fördert. In den Jahren 2007–2014 wurden in der Kleintierklinik der Freien Universität Berlin 542 Hunde mit einer extraartikulären Fraktur eines der langen Röhrenknochen (Radius/Ulna, n = 193; Os femoris, n = 126; Tibia/Fibula, n = 112; Humerus, n = 111) zur Versorgung vorgestellt. 99 (18 %) der Frakturen waren gesplittert. Die Splitterfraktur wurde als Bruch eines langen Röhrenknochens mit mindestens drei Fragmenten definiert. 18 Splitterfrakturen waren offen. Die Patienten waren Tiere verschiedener Rassen, verschiedenen Alters, Geschlechts und Körpergewichts. Die Frakturen waren Folge verschiedener Traumata. Zur Stabilisierung der Frakturen wurden intra- und extramedulläre Osteosynthesetechniken genutzt. Prospektiv wurde bei 14 Hunden und Katzen der frakturierte, osteotomierte oder arthrodetisierte Bereich knochennah zunächst mit der osteokonduktiven Membran BoneCure® ummantelt und die Fraktur osteosynthetisiert. Der Heilungsverlauf wurde klinisch und röntgenologisch begleitet. Von den 99 extraartikulären Frakturen war das Os femoris mit 42 (42 %) vor Tibia/Fibula (n = 29; 29 %), Radius/Ulna (n = 24; 24 %) und Humerus (n = 4; 4 %) am häufigsten gesplittert. 40 der Hunde gehörten groß-, 34 mittel- und 25 kleinwüchsigen Rassen bzw. Kreuzungen an. Das Alter betrug zwischen 2 Monaten und 14 Jahren. Die Tiere waren zwischen 3–62 kg schwer. 51 Hunde waren weiblich und 48 männlich. Die Osteosynthese wurde 73-mal extramedullär mit einer Platte (n = 68) oder Fixateur externe (n = 5), neunmal intramedullär mit einem Markraum- (n = 8) oder Verriegelungsnagel (n = 1) und 15 extra-/intramedullär kombiniert im Verfahren „Plate and Rod“ (n = 13) oder „Tie in“ (n = 2) durchgeführt. Zwei Tiere wurden nicht durch die Kleintierklinik der FU Berlin osteosynthetisiert. Unabhängig von diesen Osteosyntheseverfahren wurde zur zusätzlichen Fixation eines Splitters eine Zug-/Stellschraube (n = 22) oder Draht-/Fadencerclage (n = 23) platziert. Nur einmal wurde zur Defektfüllung primär autogene Spongiosa transplantiert. Der Heilungsverlauf konnte von 79 Hunden (80 %) in der Klinik kontrolliert werden. Bei 57 Frakturen (72 %) (22-mal Os femoris, je 16-mal Tibia/Fibula und Radius/Ulna, dreimal Humerus) heilte der Bruch ohne Komplikationen (49-mal nach Platte, zweimal nach Fixateur externe, sechsmal nach Mark-/Verriegelungsnagel). Komplikationen erlitten 22 Frakturen (27,8 %), einige mehrfach: Implantatversagen (n = 6), Osteomyelitis (n = 6), verzögerte Frakturheilung (n = 5), Wundinfektion (n = 3), Pseudarthrose/Nonunion (n = 2), je einmal Heilung in Fehlstellung, Refraktur, transiente Radialislähmung, Tiefenschmerzverlust, Tod. Bei Implantatversagen wurden die gebrochenen/gebogenen Platten (n = 5) und Fixateur externe (n = 1) gegen stabilere ausgetauscht; bei Osteomyelitis antibiotisch (n = 6) therapiert in Kombination mit Debridement (n = 3), Implantatwechsel/-entfernung (n = 2) oder Rivanolverbänden (n = 1). Delayed und Nonunions wurden debridementiert (n = 6), in einem Fall zusätzlich das Implantat dynamisiert. Bei Refraktur wurde erneut osteosynthetisiert (n = 1), bei Wundinfektionen antibiotisch therapiert (n = 2) oder die Gliedmaße amputiert (n = 1). Bei Tiefenschmerzverlust wurde die Gliedmaße amputiert (n = 1), bei transienter Radialislähmung Physiotherapie (n = 1) angewendet. Siebenmal wurde sekundär autogene Spongiosa transplantiert: zweimal nach Plattenbruch (einmal davon mit Nonunion), einmal bei Osteomyelitis in Verbindung mit einem Sequester und viermal bei verzögerter Frakturheilung. Die BoneCure®-Membran wurde bei acht akuten, zwei verzögert heilenden, zwei nach Fehlwachstum korrigierten Frakturen und zwei Arthrodesen zur Beschleunigung der Knochenheilung eingesetzt. Bei sieben dieser Anwendungen (50 %) war die Heilung komplikationsbehaftet. Die Komplikationen – dreimal Implantatversagen, je zweimal Wundinfektion und Refraktur – sind nicht der Membran anzulasten. Allerdings konnte klinisch- röntgenologisch nicht nachgewiesen werden, dass BoneCure® die Frakturheilung beschleunigt. Diaphysäre Splitterfrakturen der langen Röhrenknochen beim Hund sind, wenn mehr als drei Fragmente zusätzlich zu den beiden Hauptbruchstücken vorliegen, trotz Osteosynthese enorm komplikationsgefährdet. Unter den Komplikationen ist die Mehrzahl – Implantatversagen (n = 6), Osteomyelitis (n = 6), Wundinfektion (n = 3) – wesentlich iatrogen (68 %) verursacht, während 32 % – Delayed (n = 5) und Nonunion (n = 2) – der Splitterung des Knochens anzulasten sind. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass in etwa 10 % der extraartikulären Splitterfrakturen der langen Röhrenknochen beim Hund eine primäre Transplantation autogener Spongiosa nützlich ist, die Fraktur zur Heilung zu bringen. Da beim Hund ausreichend große Spongiosadepots gegeben sind, besteht so gut wie nie die Indikation, die Osteosynthese einer traumatisch bedingten Fraktur durch Fremdmaterial mit z. B. osteokonduktiven Eigenschaften zu ergänzen.