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In Ländern mit saisonaler Abkalbung (z.B. Neuseeland und Irland) wird schon seit langer Zeit flüssig-konserviertes Sperma zur künstlichen Besamung (KB) eingesetzt, da hier in einem kurzen Zeitraum eine hohe Nachfrage für Sperma besteht (Murphy et al., 2017). Seit einigen Jahren wird flüssig-konserviertes auch in Deutschland vertrieben. Das flüssig-konservierte Sperma bietet den Vorteil, dass besonders nachgefragte Bullen (z.B. junge genomische Bullen) effizienter eingesetzt werden können (Xu, 2014), da in der Regel eine geringere Spermadosis pro Paillette verwendet wird (Al Naib et al., 2011). Zudem ist das Besamen einfacher, weil das Auftauen der Pailletten entfällt. Der Nachteil ist die aufwändige Logistik und die begrenzte Lagerungsdauer (Vishwanath und Shannon, 2000). Es wurde angenommen, dass flüssig-konserviertes Sperma auch eine höhere Fruchtbarkeit aufweist, da die Spermien weniger Stress ausgesetzt sind und vermutlich länger im weiblichen Genitaltrakt befruchtungsfähig bleiben. Hierzu fehlte allerdings ein wissenschaftlicher Beweis. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, den Konzeptionserfolg von flüssig-konserviertem und tiefgefrorenem (TG) Sperma bei Milchkühen zur ersten termin-orientierten Besamung unter Verwendung von 2 unterschiedlichen Synchronisationsprotokollen zu vergleichen. Es wurde vermutet, dass sich die Verwendung von flüssig-konserviertem Sperma positiv auf den Konzeptionserfolg auswirkt, wenn ein Synchronisationsprotokoll mit einem langen Intervall zwischen künstlicher Besamung und Ovulation benutzt wird.
Material und Methoden
Hierzu wurde ein Experiment auf 9 kommerziellen Milchviehbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg durchgeführt. Insgesamt wurden 1,263 Milchkühe termin-orientiert besamt. Es wurden zwei unterschiedliche Synchronisationsprotokolle verwendet, die sich in dem Intervall zwischen KB und Ovulation unterschieden (Abbildung 1).
Die Kühe wurden wöchentlich randomisiert in 4 Gruppen aufgeteilt: Gruppe 1) GnRH-7d-PGF2α-56h-GnRH+KB mit flüssig-konserviertem Sperma; Gruppe 2) GnRH-7d-PGF2α-56h-GnRH+KB mit TG Sperma; Gruppe 3) GnRH-7d-PGF2α-56h-GnRH-16h-KB mit flüssig-konserviertem Sperma; Gruppe 4) GnRH-7d-PGF2α-56h-GnRH-16h-KB mit TG Sperma. Das flüssig-konservierte Sperma enthielt 10 x 106 Spermien/ Paillette. Das TG Sperma enthielt 20 x 106 Spermien/ Paillette. Eine Trächtigkeitsuntersuchung erfolgte mit Ultraschall an Tag 39 nach der KB.
Ergebnisse
Es zeigt sich eine Interaktion zwischen der Konservierungsform des Spermas und dem Synchronisationsprotokoll (Abbildung 2). Unter Verwendung des Cosynch Protokolls (KB zeitgleich mit der zweiten GnRH Gabe; Gruppe 1 und 2) hatten Kühe, die mit flüssig-konserviertem Sperma besamt worden sind einen höheren Konzeptionserfolg im Vergleich zu Kühen, die mit TG Sperma besamt worden sind (20,0 % vs. 27,5 %; P = 0,032). Unter Verwendung des Ovsynch Protokolls (KB ca. 16 Stunden nach der zweiten GnRH Gabe; Gruppe 3 und 4) gab es keinen Unterschied im Konzeptionserfolg zwischen flüssig-konserviertem und TG Sperma (Flüssig-konserviert 32,3 % vs. TG 28,6 %; P = 0,330). Unabhängig vom Synchronisationsprotokoll und der verwendeten Spermaart hatten Jungkühe einen höheren Konzeptionserfolg im Vergleich zu Mehrkalbskühen (34,8 % vs. 20,2 %; P = 0,001).
Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass flüssig-konserviertes Sperma im Vergleich zu TG Sperma einen höheren Konzeptionserfolg erzielt, wenn ein Synchronisationsprotokoll mit einem langen Abstand (ca. 24 Stunden) zwischen KB und Ovulation verwendet wird.