zum Inhalt springen

Fachbereich Veterinärmedizin


Service-Navigation

    Publikationsdatenbank

    Untersuchungen zur postpartalen Hypophosphatämie bei Holstein Friesian Kühen (2018)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Hansen, Kirsten (WE 18)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag Berlin, 2018 — 187 Seiten
    ISBN: 978-3-86387-881-8
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/12168
    Kontakt
    Nutztierklinik

    Königsweg 65
    14163 Berlin
    +49 30 838 62261
    klauentierklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Sowohl in der kurativen Praxis als auch in der Literatur der 1970er und 1980er Jahre wird immer noch die Meinung vertreten, dass Milchkühe aufgrund einer Hypophosphatämie zum Festliegen kommen und eine postpartale Hypophosphatämie einen negativen Einfluss auf die Erkrankungswahrscheinlichkeit und die Milch- und Reproduktionsleistung hat. Verschiedene Formen der Behandlung werden in der Praxis zur Therapie einer Hypophosphatämie angewendet.
    In einer retrospektiven Beobachtungsstudie wurden neben der Phosphatkonzentration die Calcium-, βHB- sowie NEFA-Konzentrationen der Tage 0, 1, 3 und 5 p.p., die Laktationszahl, die Trockenstehdauer, die Rückenfettdicke bei der Kalbung und der Kalbeverlauf von 2094 Kalbinnen eines Milchviehbetriebes ausgewertet. Als statistische Testverfahren wurden neben der Berechnung der Korrelationsverhältnisse die ANOVA-Analyse, lineare Modelle mit Messwertwiederholung und Regressionsmodelle verwendet. Um eine Gewichtung der untersuchten Faktoren auf die Phosphatkonzentration vornehmen zu können, wurden multivariable Regressionsmodelle angefertigt. Der Einfluss der postpartalen Phosphatkonzentration auf die Milch- und Reproduktionsleistung sowie die Erkrankungshäufigkeit von Gebärparese, Festliegen anderer Genese, Ketose, Nachgeburtsverhalten, Endometritis, Labmagenverlagerung und Mastitis wurde mittels Korrelationsberechnung und Regressionsmodellen geprüft.
    Der mittlere Serumphosphatgehalt lag am Tag der Kalbung bei 1,03 mmol/l und stieg schnell bis auf durchschnittlich 1,69 mmol/l am Tag 5 p.p. an. Rund 75% der Kalbinnen wiesen am Tag der Kalbung eine Phosphatkonzentration von unter 1,25 mmol/l auf, rund 6% sogar eine starke Hypophosphatämie mit Konzentrationen von unter 0,5 mmol/l. Die Untersuchung von prä- oder peripartalen Faktoren ergab einen signifikanten Einfluss der Laktationszahl, der gesamten Trockenstehdauer, der Rückenfettdicke bei der Kalbung und der Konzentrationen von Calcium, βHB und NEFA auf die Phosphatkonzentration. Den grössten Einfluss hatten die Laktationszahl sowie die Calcium- und NEFA-Konzentration. Daraus lässt sich auch die grosse Bedeutung des Alters, der Mobilisationskapazität sowie der Futteraufnahme für die postpartalen Phosphatkonzentrationen ableiten.
    Die postpartale Phosphatkonzentration hat einen signifikanten, aber mit einer erklärten Variabilität von maximal 3,2% sehr geringen Einfluss auf die Milchmengenleistung der ersten 100 Laktationstage. Auf die Reproduktionsleistung wie Anzahl der Besamungen, Rast- oder Güstzeit hat die Phosphatkonzentration einen vergleichbaren Einfluss. Obwohl signifikante Zusammenhänge bestehen, werden die Leistungsparameter (Milch- und Reproduktionsleistung) nur in sehr geringem Masse beeinflusst. Die erklärte Variabilität ist sehr gering. Unter Berücksichtigung der Laktationszahl wird dieser Einfluss jeweils geringer oder verschwindet gänzlich.
    Der Einfluss der Serumphosphatkonzentration auf die Erkrankungswahrscheinlichkeit puerperaler Erkrankungen ist verschwindend gering. Die Phosphatkonzentration wird sowohl in ihrer Höhe, als auch im Verlauf, signifikant durch das Auftreten einer Gebärparese beeinflusst. Der Einfluss der Serumphosphatkonzentration auf das Risiko, an einer Gebärparese zu erkranken, ist teilweise signifikant, aber sehr gering. Vergleichbare Beziehungen bestehen zwischen Phosphatkonzentration und den dokumentierten puerperalen Erkrankungen. Konnten teilweise signifikante Zusammenhänge dargestellt werden, war die aus dem Regressionsmodell erklärbare Variabilität stets äusserst gering. Der signifikante, aber geringe Einfluss der Phosphatkonzentration auf die Erkrankungswahrscheinlichkeit ist durch die, von der Grunderkrankung selbst beeinflusste veränderte Futteraufnahme und durch die Verluste über die Milch zu erklären.
    Der scheinbare Zusammenhang zwischen Phosphatkonzentration und Erkrankungsrisiko ist augenscheinlich damit zu begründen, dass die Beziehung durch die krankheitsbedingt verringerten Phosphatverluste über die Milch und die geringere Futteraufnahme beeinflusst wird.
    Es wurde dargestellt, dass die Phosphatkonzentration in den ersten Tagen post partum ein Abbild des Alters, der Futteraufnahme sowie der Verluste über die Milch darstellt. Darüber lassen sich verschiedene vermeintliche Zusammenhänge zu Leistungsparametern oder der Erkrankungsinzidenz erklären. Somit besteht zwischen dem Auftreten verschiedener puerperaler Erkrankungen und der Serumphosphatkonzentration eine vernachlässigbar kleine Beziehung. Gleiches gilt auch für den Zusammenhang zwischen der Phosphatkonzentration und der Milch- oder Reproduktionsleistung. Die postpartale Hypophosphatämie stellt ein im Alter zunehmendes physiologisches Phänomen dar, das sich durch eine reduzierte Mobilisationskapazität im Alter, eine ante partum reduzierte Futteraufnahme und das Einsetzen der Milchproduktion erklären lässt.
    Eine Therapie der Hypophosphatämie als solche ist somit unnötig. Das Augenmerk sollte auf den verursachenden Faktoren wie der Pansenmotilität, der Futteraufnahme oder der Hypocalcämie liegen.