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Weltweit hungern knapp 800 Millionen Menschen, während weitere ca. 2 Milliarden an „verstecktem Hunger“, d. h. an einem Mangel an Vitaminen und Mineralstoffen, leiden. Der stetig steigende Bedarf an nachwachsenden Rohstoffen, auch für den Nichtnahrungsbereich, führt zu einer zunehmenden Konkurrenz um landwirtschaftliche Produktionsflächen. Darüber hinaus ist die herkömmliche Nutztierhaltung oftmals nicht für Bevölkerungsgruppen mit beschränktem Zugang zu Ressourcen praktikabel und reicht im Hinblick auf Umwelt- und Klimaeinflüsse sowie ökonomische Aspekte an ihre Grenzen.
Die Nutzung von Insekten zur Verbesserung der weltweiten humanen Ernährungssituation und als Tierfutter hat zahlreiche Vorteile gegenüber der konventionellen Tierproduktion. Einige Insekten (z. B. Grillen) sind bei der Umwandlung von Futter zu Fleisch doppelt so effektiv wie Hühner und übersteigen die Werte für die Biokonversion bei Schweinen (4x höher) und Rindern (12x höher) um ein Vielfaches. Zudem ist die Produktion von Insekten durch rasche Gewichtszunahmen und kurze Generationszeiten sehr zeitsparend. Der geringe Platzbedarf erlaubt gerade auch die Integration der Zuchten in bereits existierende landwirtschaftliche Betriebe bzw. in kleine Haushalte, was besonders für benachteiligte Bevölkerungsgruppen in ländlichen Regionen eine Möglichkeit zur autonomen Sicherung ihrer Ernährung ist. Die umweltbeeinflussenden Parameter in der Tierproduktion (Emission von Treibhausgasen und Ammoniak, Wasserverbrauch etc.) sind bei Insektenzuchten als deutlich geringer im Vergleich zur konventionellen Produktion von lebensmittelliefernden Tieren zu bewerten. Die Möglichkeit der Nutzung organischer Abfallstoffe für die Fütterung von Insekten trägt zur Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit dieser Tierproduktionen bei. Die Rückführung der Abfälle in den Produktionszyklus verringert nicht nur die Verluste in landwirtschaftlichen Produktionen, sondern bietet auch die Möglichkeit der Transformation nicht nutzbarer Abfälle in hochwertiges Protein. Nebenprodukte oder Fraktionen der Insekten (Proteine, Lipide, Chitin) können wiederum als Dünger, Tierfutter oder Ausgangsstoffe für Arzneimittel verwendet werden. Die Nutzung von Insekten als Lebens- und Futtermittel stellt dennoch ein hoch komplexes und wenig erforschtes Themenfeld dar. Allgemeingültige Aussagen über ihre Eignung werden der Vielzahl an essbaren Insekten (laut FAO ca. 2100 Arten weltweit) nicht gerecht. Besonders bei den Aspekten der Lebensmittelsicherheit (Rückstände, Kontaminanten, Allergene, physikalische Gefahren, Mikroorganismen und Parasiten) besteht noch großer Forschungsbedarf.