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Das Frakturrisiko und die Gefahr, eine Knochenheilungsstörung zu entwickeln, ist mit zunehmendem Alter erhöht und wird durch eine Osteoporoseerkrankung weiter gesteigert. Die zunehmende Vergreisung der Gesellschaft führt daher auch zu einer wachsenden finanziellen Belastung des Gesundheitssystems und zu einem steigenden Forschungsinteresse im Bereich der Frakturheilung ebenso wie in der Osteoporose-Therapie. In der vorliegenden Arbeit sollten das Zusammenwirken zweier unterschiedlicher Ansatzpunkte, die Knochenheilung zu beeinflussen, untersucht werden. Sklerostin-neutralisierende Antikörper führen zu einer Steigerung der Knochenbildung und der Knochenmineraldichte und werden derzeit bereits in klinischen Studien geprüft (Agholme et al., 2011b; Padhi et al., 2011). Auch mechanische Belastung hat einen positiven Effekt auf die Knochenmineraldichte (Chilibeck et al., 1995) und einigen Studien zu Folge auch auf die Knochenheilung (Claes et al., 1995; Kim et al., 2003). Ziel des vorliegenden Projektes war es die Wechselwirkungen zwischen mechanischer Stimulation und Sklerostin-neutralisierenden Antikörpern im Rahmen der Knochenheilung zu verstehen. Hierzu wurde bei 120 Mäusen jeweils am linken Femur eine Osteotomie durchgeführt, die mittels eines Fixateur externe unterschiedlicher Beweglichkeit (axiale Steifigkeit von a) 18,18 N/mm bzw. b) 1,89 N/mm) stabilisiert wurde. Die Hälfte der Tiere bekam zweimal pro Woche Sklerostin-neutralisierende Antikörper injiziert. Die übrigen Tiere dienten als Placebo-Gruppe. Nach Standzeiten von sieben, 14 und 21 Tagen wurden die Tiere euthanasiert und die Knochen histologisch und immunhistologisch ausgewertet.
Wie erwartet führte die Sklerostin-Antikörpergabe zu einer erhöhten Knochenproduktion was bereits in anderen Studien (Cui et al., 2013; Jawad et al., 2013) beobachtet wurde. Unter semi-steifer Fixation setzte diese gesteigerte Knochenbildung allerdings verspätet ein. In beiden Gruppen war über die drei Wochen ein Anstieg an Knochenmenge zu verzeichnen, wohingegen die Placebo-Gruppe mit steifer Fixation nach 14 Tagen scheinbar bereits Remodeling mit einer wieder abnehmenden Knochenmenge aufwies. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit ein adäquates Remodeling unter dauerhafter Sklerostin-Antikörpergabe möglich ist und welche Konsequenzen daraus für die Therapie von schlecht-heilenden Frakturen entsteht.
Weiterhin zeigten beide Gruppen mit semi-steifer Fixation in der zweiten Woche eine stark erhöhte Knorpelproduktion. Dies weist auf eine ungenügende Stabilisierung der Osteotomie durch den semisteifen Fixateur hin. Eine erhöhte Beweglichkeit im Osteotomiespalt führt zu einer verminderten Vaskularisation und damit einhergehend zu einer verstärkten Bildung von knorpeligem Kallus (Mark und Nilsson, 2004; Lienau et al., 2005). Weiterhin wiesen beide Gruppen mit semi-steifem Fixateur eine signifikant schlechtere Frakturüberbrückung an Tag 14 sowie Tag 21 auf. Es ist daher anzunehmen, dass der in dieser Studie verwendete semi-steife Fixateur eine zu große Flexibilität aufwies, um einen positiven Effekt auf die Knochenheilung auszuüben. Auffällig war allerdings, dass unter semi-steifer Fixation die Gabe von Sklerostin-neutralisierenden Antikörpern in der dritten Woche zu einem relativ starken Abfall der Knorpelmenge führte. Der Effekt, den Sklerostin und damit auch die Sklerostinneutralisierenden Antikörper auf die Chondrozyten haben, ist bisher noch unklar und bedarf weiterer Untersuchungen.
Die Fixationssteifigkeit scheint die Heilung zu beeinflussen. Unter steifer Fixation war eine deutlich besser Osteotomieüberbrückung nach 14 ebenso wie nach 21 Tagen zu beobachten. Beide Gruppen mit steifem Fixateur zeigten eine ähnliche Osteotomieüberbrückung, allerdings mit mehr Knochen in der Gruppe, die Sklerostin-neutralisierende Antikörper bekam.
Schlussfolgernd kann gesagt werden, dass die Behandlung mit Sklerostin-neutralisieren- den Antikörpern zu einer Steigerung der Knochenmenge führt, allerdings mit keiner eindeutigen Verbesserung der Heilung. Über dieWechselwirkung der Antikörper mit mechanischer Stimulation des Knochens lässt sich schwer eine Aussage treffen, da der semi-steife Fixateur vermutlich eine zu große Beweglichkeit zuließ, um einen positiven Einfluss auf die Heilung zu haben. Es sind daher weitere Studien nötig, die die mechanischen Bedingungen für einen positiven Effekt auf die Knochenheilung näher untersuchen.