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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Untersuchung von Einflussfaktoren auf den Geburtsverlauf bei Kühen und auf das Kälbergeburtsgewicht (2016)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Maschurek, Nancy (WE 18)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2016 — XIII, 200 Seiten
    ISBN: 978-3-86387-767-5
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/9378
    Kontakt
    Nutztierklinik

    Königsweg 65
    14163 Berlin
    +49 30 838 62261
    klauentierklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    In den vergangenen zehn Jahren haben die Erkenntnisse über die Risikofaktoren für Schwer- und Totgeburten zugenommen. Dennoch werden regelmäßig hohe Zahlen für Dystokien und perinatale Mortalitäten gemeldet. Häufig wird dafür das Kälbergeburtsgewicht, v. a. bei Primipara verantwortlich gemacht. Aufgabenstellung dieser Arbeit war es, die Einflussfaktoren von pathologischen Kalbeverläufen bei Holstein Friesian-Kühen zu untersuchen. Außerdem sollte die Bedeutung des Kälbergeburtsgewichts in die Problematik eingeordnet und dessen Einflussfaktoren bestimmt werden. Letztlich war es das Ziel, praktische Möglichkeiten aufzuzeigen das Vorkommen von perinatalen Sterblichkeiten zu senken. Dazu wurden vom 01.04.2013 – 28.02.2014 in einem großen und gut gemanagten kommerziellen Milchviehbetrieb (2132 Tiere, 11.520 kg Milch, 3,51% Fett, 3,06% Eiweiß) 1949 Kalbungen begleitet.

    Als Schwergeburtenrate wurde der Anteil assistierter Geburtsverläufe (= 2 / 4, mäßig schwere Geburt, leichte Zughilfe durch eine Person) und als Totgeburtenrate der Anteil tot geborener oder innerhalb von 30 Minuten post natum verendeter Kälber definiert. Aus den betriebseigenen Abkalbeprotokollen wurden die Kalbeparameter (Laktationszahl, Kalbedatum und -zeit, Kalbgeschlecht, Geburtsverlauf, Kalbgewicht, Kalbanzahl, Totgeburt, Kalbepersonal) erfasst und mit Hilfe des Herdenmanagementprogramms DairyComp 305 um weitere relevante Daten (Kalbvater, TS 1- und TS 2-Datum, Besamungs- und Konzeptionsdaten, Geburtsdatum Färse, Kexxtone®-Gabe) ergänzt. Weiterhin wurde zu Beginn der TS 2-Phase und zur Kalbung eine Blutprobe aus der V. coccygea mediana zur Bestimmung der maternalen Calcium-, Phosphor-, NEFA- und BHB-Konzentrationen entnommen. Zusätzlich wurden jeweils zu Beginn der TS 1- und TS 2-Phase sowie zur Kalbung die Rückenfettdicken sonographisch bestimmt. Die Abkalbungen wurden mittels Chi-Quadrat- bzw. Fisher-Exakter-Test, einfachen und multivariablen logistischen Regressionsmodellen ausgewertet. Die Untersuchung des Kälbergeburtsgewichts erfolgte mit Hilfe der Korrelations- und Varianzanalyse sowie der multivariablen linearen Regressionsanalyse.

    Die Schwergeburtenrate betrug 35,8% (P: 56,8%, M: 28,4%) und wurde von vielen Faktoren unterschiedlich stark beeinflusst. Das Kälbergeburtsgewicht hatte nur bei Primipara einen signifikanten Effekt im finalen logistischen Regressionsmodell und beeinflusst das Vorkommen von assistierten Geburtsverläufen mäßig stark (10% / kg). Die Arbeitshypothese, in der das neonatale Gewicht der größte Einflussfaktor auf Schwergeburten ist, kann somit widerlegt werden. Zu den wichtigsten Untersuchungsgrößen im Zusammenhang mit hohen Dystokieraten zählen das Auftreten von Zwillings- und Totgeburten, der Kalbvater und männliche Nachkommen.

    Die perinatale Mortalität lag bei 5,8% (P: 12,8%, M: 3,3%). Der mit Abstand größte Einflussfaktor für das Vorkommen von Totgeburten ist die Schwergeburt. Jedoch bestand für das Kälbergeburtsgewicht erneut nur bei Primipara ein starker Zusammenhang im endgültigen logistischen Regressionsmodell. Laut diesem gehen schwerere Kälber tendenziell mit weniger Totgeburten einher. Dieses Ergebnis ist jedoch mit Vorsicht zu bewerten und gilt nur bis zu einem optimalen Kälbergewicht von etwa 42 kg. Bei den Kühen waren es eher andere Faktoren, wie z. B. Torsio uteri oder Fehler im Abkalbemanagement, die mit mehr Kälbersterblichkeiten in Verbindung gebracht werden konnten.

    Die Einflussfaktoren des Kälbergeburtsgewichts konnten bei Primipara zu 26,3% und bei Multipara zu 25,5% von den Untersuchungsgrößen erklärt werden. Männliche Nachkommen sowie erhöhte NEFA- und BHB-Werte etwa 14 Tage a. p. haben einen starken Zusammenhang zu hohen neonatalen Gewichten. Aber auch die Tragezeit, die Dauer der zweiten Trockenstehphase und die Laktationszahl beeinflussen signifikant die Entwicklung der Kälbergewichte. Für Primipara konnte keine genetische Assoziation (Kalbvater) nachgewiesen werden.

    Schlussfolgernd ist die Gültigkeit maternaler und fetaler Einflussfaktoren auf den Geburtsverlauf sowie die Komplexität des Themas in dieser Arbeit validiert worden. Das Kälbergeburtsgewicht spielt eine wichtige Rolle für das Auftreten pathologischer Geburtsverläufe, aber nur bei Kalbungen von Primipara. Schwer- und Totgeburten können auch in gut geführten Betrieben nicht vollständig verhindert, aber durch adäquates Management deutlich reduziert werden. Dazu zählen eine geeignete Bullenauswahl (Beachtung der Zuchtwerte für Kalbeparameter, töchterbasierte Vererber für Primipara), Einsatz von gesextem Sperma, eine frühzeitige Zwillingsdiagnostik sowie ein gutes Trockenstellmanagement (Beachtung der Kondition, Vorbereitungsdauern und Tragezeiten).

    Darüber hinaus sollte der Fokus auf die Verbesserung des Kalbemanagements gelegt werden (Schulung zum Monitoring der kalbenden Tiere, Anwendung von korrekten geburtshilflichen Maßnahmen etc.). Inwiefern die Fütterung der Trockensteher oder die räumliche Gestaltung des Abkalbesystems in Beziehung zu dem Auftreten von pathologischen Geburtsverläufen steht, muss noch näher erforscht werden.