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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Untersuchung von Milchproben mittels elektronischer Nase und Nachweis von Mastitiden (2016)

    Art
    Vortrag
    Autoren
    Bertulat, Sandra (WE 19)
    Müller, Rona (WE 19)
    Heuwieser, Wolfgang (WE 19)
    Kongress
    41. Leipziger Fortbildungsveranstaltung „Labor-diagnostik in der Bestandsbetreuung“
    Leipzig, 24.06.2016
    Quelle
    41. Leipziger Fortbildungsveranstaltung Labordiagnostik in der Bestandsbetreuung — Manfred Fürll (Hrsg.)
    Leipzig: Medizinische Tierklinik der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig, 2016 — S. 18–19
    Verweise
    URL (Volltext): http://www.vetmed.uni-leipzig.de/ik/wmedizin/labor/laborfortbildung/leipziger_laborfortbildung_16.pdf
    Kontakt
    Tierklinik für Fortpflanzung

    Königsweg 65
    Haus 27
    14163 Berlin
    +49 30 838 62618
    fortpflanzungsklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Einleitung: Mastitiden zählen zu den häufigsten und kostenintensivsten Erkrankungen in der Milchviehhaltung (Halasa et al., 2007). Darum ist eine schnelle Diagnostik und adäquate Therapie entscheidend. Als Goldstandard in der Mastitisdiagnostik gilt die bakteriologische Untersuchung. Diese Methode hat jedoch einige Nachteile. Zum einen gibt es eine Verzögerung von mehreren Tagen zwischen der Probenentnahme, dem Probenversand, der Erregeranzucht im Labor und den Ergebnissen. Was wiederum eine adäquate Mastitistherapie verzögern kann. Zum anderen kann durchschnittlich bei 20 bis 30% der Mastitisproben trotz Infektion kein Bakterienwachstum nachgewiesen werden (Taponen et al., 2009). Ursache hierfür könnte sein, dass in der bakteriologischen Untersuchung nur lebende, vermehrungsfähige Erreger nachgewiesen werden können. Erfolgreiche Mastitisbekämpfungsprogramme sind allerdings auf eine verlässliche und zeitnahe Erregerdiagnostik angewiesen. Elektronische Nasen (eNose) wurden bereits in der Vergangenheit zur Krankheitsdiagnostik beim Menschen, beispielsweise bei Tuberkulose oder Krebserkrankungen und auch bei Milchkühen, beispielsweise zur Diagnose der Metritis eingesetzt (Burfeind et al, 2013). Auch gibt es eine Arbeit aus 2005, welche bereits erste Messungen von Mastitisproben beschreibt (Eriksson et al., 2005). Zwar setzte Eriksson die eNose ein um Mastitisviertel von gesunden Vierteln zu unterscheiden, die verwendete Messmethode war jedoch nicht validiert und es wurden auch keine weiterführenden Messungen durchgeführt. Aus diesem Grund war es das Anliegen einer von uns durchgeführten Untersuchung eine e-Nose (The eNose Company, Zutphen, Niederlande) für die Messung und Differenzierung von Milchproben von Tieren mit und ohne Mastitis zu validieren. In einem ersten Experiment wurde ein Messprotokoll entwickelt und verschiedene Einflussfaktoren (u.a. Probenvolumen, Lagerungstemperatur, Zugabe von Borsäure) auf die Messung mittels eNose ermittelt. In einem zweiten Experiment wurde überprüft, ob die eNose in der Lage ist Proben gesunder Tiere von Tieren mit klinischer und subklinischer Mastitis zu unterscheiden. Des Weiteren war es unser Ziel die Anwendbarkeit der eNose zur Unterscheidung von gram-positiven und -negativen Mastitiserregern sowie zur Unterscheidung von Staphylococcus aureus und anderen gram-positiven Erregern zu eruieren.
    Material und Methoden: Zwischen Juli 2013 und Juni 2014 wurden aus 3 Milchviehbetrieben in Brandenburg insgesamt 1077 Milchproben von gesunden und mastitiskranken Eutervierteln gesammelt. Dazu wurden etwa 50ml Milch in sterile Probengefäße gemolken, im Anschluss gevortext und auf 9 Probengefäße aufgeteilt. Bei zwei der 9 Probenröhrchen erfolgte direkt im Anschluss der Versand an 2 akkreditierte Labore zur klassischen Erregerdiagnostik. Sieben Aliquots wurden für verschiedene Messungen mit der eNose herangezogen. Ein Aliquot wurde frisch direkt gemessen, 3 Aliquots wurden eingefroren (-20°C) und entweder nach 1h, nach 24h oder nach wiederholten Einfrier-Auftau-Zyklen und mehr als 24h gemessen. Zwei Aliquots wurde Borsäure (das am häufigsten verwendete Konservierungsmittel für Milchproben) zugesetzt um diese dann entweder direkt frisch oder ebenfalls nach 24h einfrieren zumessen. Die Rohdaten der eNose wurden mit Hilfe eines für die eNose entwickelten Mehrwege-Kompressions-Algorithmus verarbeitet. Dazu wurden die von der eNose gemessenen Matrizes in einen Vektor umgerechnet, der dann wiederum für die Mustererkennung mittels künstlichen neuronalen Netzwerkmodells Verwendung fand. Mit Hilfe der Ergebnisse konnten Sensitivität und Spezifität berechnet und eine ROC-Analyse durchgeführt werden. Ergebnisse: Im Rahmen des ersten Experiments wurde der Einfluss des Probenvolumens, der Lagerungstemperatur, der Zugabe von Borsäure auf die Geruchsdetektion mittels eNose untersucht. Des Weiteren wurde ermittelt, ob es Unterschiede bei der Messung von Proben verschiedener Betriebe gibt. Es konnten keine Unterschiede im Geruchsmuster von 10ml-Proben und 30ml-Proben festgestellt werden (AUC ≤ 0.53). Die eNose war jedoch in der Lage frische von gefrorenen Proben zu unterscheiden (frisch vs. 1h gefroren AUC = 0.74; frisch vs. 24h gefroren AUC = 0.75). Proben die wiederholt eingefroren wurden unterschieden sich nicht von einmalig eingefrorenen Proben (AUC ≤ 0.58). Proben mit und ohne Borsäure konnten ebenfalls durch die eNose voneinander unterschieden werden (0.73 ≤ AUC ≤ 0.77). Die besten Ergebnisse wurden jedoch bei der Unterscheidung der verschiedenen Betriebe erzielt. Die eNose war in der Lage die Probe dem entsprechenden Herkunftsbetrieb mit einer Sensitivität zwischen 75.0% und 100% und einer Spezifität zwischen 93.8% und 95.4% (AUC ≥ 0.9) zuzuordnen. Im zweiten Experiment wurde die Anwendung der eNose zur Mastitisdiagnostik in einem Feldversuch untersucht. Leider war die eNose nicht in der Lage verlässlich zwischen gesunden Vierteln sowie klinischen und subklinischen Mastitiden zu unterscheiden (0.54 ≤ AUC ≤ 0.63). Die Unterscheidung zwischen gram-positiven und gram-negativen Erregern (AUC = 0.70) sowie zwischen Staphylococcus aureus und anderen gram-positiven Erregern (AUC = 0.72) war jedoch vielversprechend. Unter Verwendung verschiedener Grenzwerte zur Erregerunterscheidung zwischen Staphylococcus aureus und anderen gram-positiven Erregern, konnte eine Sensitivität zwischen 75.0% und 90.0% sowie eine Spezifität zwischen 64.0% und 41.9% erreicht werden.
    Diskussion: Unseres Wissens nach handelt es sich bei der hier vorgestellten Arbeit um die erste systematische Validierung einer eNose zur Diagnostik von Mastitiden. Unsere Studie konnte aufzeigen, dass der Geruch einer Milchprobe von verschiedenen Einflussfaktoren abhängt. Zudem konnten wir auf Grundlage der erhobenen Daten ein verlässliches Messprotokoll zur Messung von Milchproben mittels eNose erstellen. Während das Probenvolumen keinen Einfluss auf die Messergebnisse aufwies, können wir den Vergleich frischer und gefrorener Proben sowie dem Vergleich von Proben mit und ohne Borsäure nicht empfehlen. Außerdem zeigt die von uns durchgeführte Studie, dass es essentiell ist betriebsspezifische Vergleichswerte für jeden Betrieb individuell zu erstellen um den großen Einfluss des Betriebes und wahrscheinlich der verschiedenen Fütterungsregime und Futterzusammensetzungen zu minimieren.
    In unserer Studie waren wir leider nicht in der Lage gesunde von erkrankten Viertel sicher zu unterscheiden. Unglücklicherweise stammten unsere gesunden Vergleichsviertel von Kühen, bei denen jeweils ein anderes Viertel an Mastitis erkrankt war. Der Grund für diese bewusste Entscheidung war, dass wir den Einfluss der Milchzusammensetzung, die sich bei unterschiedlichen Tieren deutlicher unterscheidet als bei unterschiedlichen Vierteln einer Kuh, auf das Geruchsmuster reduzieren wollten. Es ist aber durchaus möglich, dass Geruchsstoffe des Mastitisviertels auch in das vermeintlich gesunde Viertel übergetreten sind. Die Ergebnisse bezogen auf die Unterscheidung von gram-positiven und gram-negativen Proben, sowie von Staphylococcus aureus und anderen gram-positiven Keimen sind jedoch vielversprechend. Um die eNose allerdings kommerziell zur Mastitisdiagnostik einsetzen zu können sind noch weitere Studien notwendig um beispielsweise die Sensitivität und Spezifität zu verbessern.