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Ziel dieser Arbeit war es, klinische, labordiagnostische, bildgebende sowie pathologische Befunde von Heimtierkaninchen mit Azotämie (Plasmakreatininkonzentration > 166 µmol/l) auszuwerten und anhand verschiedener Kriterien eine Unterscheidung der Azotämieform in prärenal, renal [akute Niereninsuffizienz (ANI) und chronische Niereninsuffizienz (CNI)] sowie postrenal vorzunehmen. Zudem wurden Verlauf und Ursache der Azotämie erfasst und alle Parameter zwischen den Azotämiegruppen verglichen. In einem Zeitraum von 13 Jahren (2000 bis 2013) wurden die Daten von 161 Heimtierkaninchen (50 Tiere prospektiv, 111 Tiere retrospektiv) ausgewertet und die Tiere in drei Azotämiegruppen eingeteilt. Kaninchen mit renaler Azotämie bildeten die größte Gruppe (83/161), gefolgt von Tieren mit prärenaler (30/161) und postrenaler (10/161) Azotämie. Knapp ein Viertel der Kaninchen (38/161) konnte aufgrund widersprüchlicher Befunde nicht sicher einer der drei Azotämiegruppen zugeordnet werden. Innerhalb der renalen Gruppe wies der überwiegende Anteil der Kaninchen eine chronische Niereninsuffizienz auf (56/83), akute Niereninsuffizienzen kamen seltener vor (27/83). In allen Azotämiegruppen waren vor allem Kaninchen mittleren Alters betroffen (Median: 4 Jahre). Die Tiere der CNI-Gruppe waren im Vergleich zu den Tieren der ANI- Gruppe signifikant älter (Median: 5,5 Jahre; p = 0,013). Der Vorstellungsgrund bzw. die Symptomatik war überwiegend unspezifisch. Inappetenz trat am häufigsten auf (44 %; 70/161), gefolgt von Apathie (24 %; 39/161) und neurologischen Symptomen (15 %; 24/161). Typische klinische Anzeichen renaler Azotämien, wie Gewichtsverlust (14/161) sowie Polyurie/Polydipsie (4/161) wurden hingegen nur selten beobachtet. Bei der klinischen Untersuchung wiesen die Tiere hauptsächlich ein leicht (58/161) bis mittelgradig (47/161) gestörtes Allgemeinbefinden auf, bei 27 % (43/96) der Kaninchen wurde bei der Erstuntersuchung eine Hypothermie (< 37,5°C) festgestellt. Der Blutdruck wurde bei 21 der prospektiv untersuchten Kaninchen gemessen, der Großteil der Tiere 57 % (12/21) wies eine eine Hypotension auf. Kaninchen der renalen Gruppe hatten signifikant höhere Kreatinin- und Harnstoffkonzentrationen als die Tiere der prärenalen und postrenalen Gruppe. Trotz erhöhter Kreatininkonzentration (179 bis 505 µmol/l) lag die Harnstoffkonzentration bei 10 % (15/154) der Tiere innerhalb des Referenzbereiches. Hyperphosphatämien und Hypokalzämien (Gesamt- und ionisiertes Kalzium) wurden am häufigsten festgestellt (75/122; 42/123; 20/56). Weitere Elektrolytveränderungen waren Hyperkaliämien (48/118) und Hyponatriämien 44/108), die vorallem bei Tieren der renalen Gruppe auftraten. Das Gesamtprotein war bei 28 % (36/127) und die Albuminkonzentration bei 70 % (66/95) der Tiere erniedrigt. Eine Hypoglykämie (26 %; 33/128) kam in allen Azotämiegruppen häufiger vor als eine Hyperglykämie (6 %; 7/128). In der ANI-Gruppe war die AST-Aktivität signifikant höher als in der CNI-Gruppe (p = 0,012). Die hämatologische Untersuchung ergab bei 41 % der Kaninchen eine Anämie, während 28 % (39/142) der Tiere eine Leukozytose aufwiesen, wovon der Großteil der Tiere zur renalen Gruppe gehörte (25/39). Die Auswertung der serologischen Untersuchung auf Antikörper gegen den Parasit E. cuniculi ergab bei 40 von 59 Kaninchen einen positiven Titer. Bei der Harnteststreifenuntersuchung wurde bei 52 % (40/77) der Tiere ein saurer pH-Wert gemessen. Zudem wurden bei 58 % (45/78) der Tiere Protein, bei 84 % (67/80) Blut und bei 12 % (9/77) Leukozyten im Harn nachgewiesen. Die Hälfte der Tiere aus der CNI-Gruppe wies ein spezifisches Harngewicht zwischen 1.011 bis 1.016 auf. In der mikroskopischen Harnuntersuchung konnte bei 80 % (56/70) der Tiere Erythrozyten und bei 60 % der Tiere (41/68) Leukozyten festgestellt werden. Eine röntgenologische Untersuchung wurde bei 137 Kaninchen durchgeführt. Nierenkonglomerate (9/29), Nierengries (8/29) sowie eine Kombination aus beiden (7/29) waren häufige Befunde in der renalen Gruppe. Zwei Kaninchen wiesen eine kalzifizierte Aorta auf, die bei einem Tier mit einer generalisierten Osteosklerose einherging. Der überwiegende Anteil der Kaninchen (108/161) verstarb oder musste aufgrund eines schlechten Allgemeinbefindens bzw. einer infausten Prognose euthanasiert werden, 25 % (40/161) wurden entlassen. Die Kreatinin- und Harnstoffkonzentrationen sanken bei allen Tieren der prärenalen und postrenalen Gruppe unter Therapie bzw. nach Beseitigung der Obstruktion. Die meisten Kaninchen (112/161) wiesen zusätzlich extrarenale Erkrankungen auf. Der Gastrointestinaltrakt (30/135) und das zentrale/periphere Nervensystem (29/135) waren häufiger betroffen. Die pathologische Untersuchung von 57 Kaninchen ergab vorwiegend entzündliche Nierenveränderungen (37/57), gefolgt von degenerativen Veränderungen (20/57).