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Der von Stechmücken übertragene Zoonoseerreger Dirofilaria repens kommt bisher in östlichen und südlichen Regionen Europas vor, ist jedoch noch nicht endemisch in Deutschland. Dieser Parasit wurde in den letzten Jahren wiederholt in Hunden aus Brandenburg und Baden-Württemberg sowie in heimischen Mückenarten nachgewiesen. Ziel dieser Studie war es, das Vorkommen von D. repens und weiteren von Flöhen, Zecken oder Stechmücken übertragenen Erregern im Bundesland Brandenburg bei Hunden und Rotfüchsen zu untersuchen. Es sollten Hinweise bezüglich der aktuellen epidemiologischen Situation in dieser Region gewonnen werden und die Frage einer möglichen Endemisierung von D. repens untersucht werden. Insgesamt wurden 1023 Hundeblutproben sowie 195 Fuchsmilz- und 179 Fuchsblutproben im Zeitraum April 2013 bis September 2014 untersucht. Bei allen Proben erfolgte eine DNA-Isolation und im Anschluss verschiedene Polymerase-Kettenreaktionen (PCR), um das Vorkommen von Filarien, Anaplasma phagozytophilum, Candidatus Neoehrlichia mikurensis, Ehrlichia canis, Rickettsia spp. und Piroplasmen zu untersuchen. In sechs von ingesamt 1023 untersuchten Hundeblutproben (0,6 %) wurde mittels PCR Filarien-DNA nachgewiesen, darunter in zwei Hunden D. repens, in zwei D. immitis und in zwei weiteren Acanthocheilonema reconditum. Einer der zwei positiven D. repens Hunde stammte aus einem Tierheim in Brandenburg, bei dem anderen Hund ist die Herkunft unbekannt. Interessanterweise wiesen beide ITS-1 Sequenzen von D. repens 100 % Übereinstimmung mit D. repens bei einer durch Europa gereisten Japanerin auf. Zudem zeigten diese ITS-1 Sequenzen von D. repens eine 97 % bzw. 98 % genetische Ähnlichkeit zu der bisher nur in Hong Kong, China beschriebenen Spezies Dirofilaria hongkongensis. A. phagocytophilum wurde in 15 Hunden (1,5 %), Candidatus N. mikurensis in drei Hunden (0,3 %) und E. canis in einem Hund (0,1 %) detektiert. Letzterer wies zudem eine Koinfektion mit D. repens auf. Eine Infektion mit Rickettsia spp. wiesen 0,8 % der Hunde auf, darunter sieben mit Rickettsia raoultii und einer mit Rickettsia felis. Bei einem Hund (0,1 %) wurde Babesia canis nachgewiesen, es lagen jedoch keine weiteren Informationen zu der Herkunft vor. In 85 (47,5 %) von insgesamt 179 untersuchten Rotfuchsblutproben wurden Piroplasmen nachgewiesen und dabei wurden 10 von 11 mittels Gensequenzierung weiter untersuchten positiven Proben als Theileria annae identifiziert. Bei einer weiteren Probe lag eine Kreuzreaktivität der PCR mit einer Kokzidie vor, diese Probe wurde als Sarcocystis arctica identifiziert. Der Rotfuchs kann somit auch hierzulande als Reservoirwirt für T. annae angesehen werden. Für alle anderen Erreger aus der Studie waren die Fuchsproben negativ. Ein Fragebogen für die Besitzer diente der Auskunft über Herkunft, erfolgte Reisen mit Hund und Parasitenprophylaxe. Insgesamt lagen Angaben hierzu von circa einem Viertel aller Besitzer aus der Studie vor. Es wurde bei der Auswertung ein hoher Anteil von hinsichtlich der Infestation mit Ektoparasiten ungeschützten Hunden mit 74,2 % (n = 233) identifiziert, da bei diesen Hunden keine Parasitenprophylaxe erfolgte. Bei der Herkunft der Hunde zeigte sich, dass 21,2 % (n = 236) der Hunde aus Tierheimen im In- oder Ausland stammten. Bei diesen Hunden konnte eine Herkunft aus potenziellen Endemiegebieten nicht ausgeschlossen werden. 102 Besitzer (41,6 %) gaben an, mit ihrem Hund (zum Teil) auf Reisen zu gehen (n = 245), 47 Besitzer (19,2 %) sind zudem mit ihrem Hund außerhalb von Deutschland auf Reisen (innerhalb und außerhalb der EU, n = 245). Ein endemisches Vorkommen von D. repens bei Hunden oder Füchsen in Brandenburg konnte in dieser Studie nicht bestätigt werden. Die Gefahr der Endemisierung ist jedoch als hoch anzusehen, da der Erreger wiederholt in Hunden und in Mücken aus dieser Region nachgewiesen wurde. Auch das Vorkommen weiterer "emerging pathogens", wie Candidatus N. mikurensis, wurde bei Hunden in dieser Studie nachgewiesen und der Erreger ist daher als potenzielles Risiko für den Hund, aber auch für den Menschen in dieser Region anzusehen. Die mögliche Endemisierung von D. repens sowie aktuelle Prävalenzen von VBDs sollten Gegenstand weiterer, möglichst deutschlandweiter Untersuchungen sein, um das Infektionsrisiko für Mensch und Tier genauer einschätzen zu können. Tier- als auch Humanmedizinern kommt dabei in der Forschung, Prophylaxe, Diagnostik sowie in der Therapie von VBDs eine zentrale Rolle zu. Die Basis hierfür stellt von tierärztlicher Seite die Aufklärung der Tierbesitzer über die Infektionen und über die Bedeutung einer medikamentösen Prophylaxe bei ihren Haustieren dar, die proaktiv angegangen werden sollte.