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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Erste Untersuchungen zu Vorkommen und Zusammensetzung von Biofilmen bei Hunden, Katzen und Pferden mit chronischen Wundnahtinfektionen (2016)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    König, Lydia Marie (WE 12)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2016 — VII, 51 Seiten
    ISBN: 978-3-86387-710-1
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/8348
    Kontakt
    Institut für Tierpathologie

    Robert-von-Ostertag-Str. 15
    14163 Berlin
    +49 30 838 62450
    pathologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    In der Medizin stellen resistente Bakterien bei der Behandlung von chronischen, infizierten Wunden zunehmend ein Problem dar. Dies ist in unterschiedlichen Resistenzmechanismen begründet, die Bakterien zu ihrem Schutz entwickelt haben. Als Gemeinschaft können Bakterien durch die Ausbildung einer extrazellulären, polymeren Matrix (EMP) einen Biofilm bilden, der eine Barriere für viele antimikrobielle Faktoren, einschließlich der traditionellen, antibiotischen Therapie bakterieller Infektionen, darstellt. Insbesondere das Einbringen von Nahtmaterial und chirurgischem Material wie Implantaten bietet den Bakterien eine Grenzfläche, die als Ausgangspunkt für die Besiedelung und für die Entwicklung eines Biofilms genutzt werden kann. Der erste Teil der Untersuchung war eine retrospektive Studie zur Abschätzung der Inzidenz von Biofilmen bei ausgewählten Tierarten aus dem Archivmaterial des Instituts für Tierpathologie der Freien Universität Berlin. Untersucht wurden 91 Proben. Hierbei stammten 68 von Hunden, 15 von Katzen und acht von Pferden. Dreiundfünfzig dieser 91 Proben waren Haut, Mukosa oder Milchdrüse, 28 stammten vom Urogenitaltrakt, drei Proben enthielten Skelettmuskulatur und sieben Proben Darmgewebe. Mittels einer Kombination verschiedener pathohistologischer Färbungen konnten die Bestandteile eines Biofilms, also die Bakterien, eine Grenzfläche sowie eine Matrix, im Lichtmikroskop veranschaulicht werden. Eine Hämatoxylin-Eosin-Färbung (HE) wurde angewendet, um die Grenzfläche zwischen dem Nahtmaterial und dem Gewebe darzustellen. Mittels einer Gram- bzw. einer Giemsa-Färbung konnten Bakterien bzw. ihre Desoxyribonukleinsäure (DNA) gezeigt werden. Eine Periodic-Acid-Schiff- Reaktion (PAS) zeigte die von den Bakterien gebildete EPM. Die Auswertung zeigte eine Biofilmbildung in zwei von 91 Proben. Die beiden Proben mit den detektierten Biofilmen enthielten jeweils polyfile Nahtmaterialien und stammten von Hunden. Eine dieser Proben stammte aus einer Hautwunde und zeigte eine hochgradige, chronisch-aktive, eitrige und granulomatöse Entzündung. Die zweite Probe, ein Uterusstumpf aus einer Ovariohysterektomie, wies eine hochgradige, chronisch-aktive, lymphoplasmazelluläre und granulomatöse Entzündung auf. Die Literatur zu Biofilmen, die weitgehend aus der Humanmedizin stammt, beschreibt eine meist weit höhere Inzidenz von Biofilmen. Diese Unterschiede der Inzidenz von Biofilmen können verschiedene Ursachen haben. Zum einen gibt es in der Literatur Hinweise darauf, dass das Potential zur Biofilmbildung von animalen Bakterien geringer ist als das von humanen Keimen. Zum anderen fehlen die Daten zu prä- und postoperativer Antibiotikatherapie, zu Operationsverfahren und zum Hygienemanagement bei den Eingriffen. Da diese Faktoren nachweislich einen Einfluss auf die Infektionsrate bei dem Einsetzen von Fremdmaterial haben, erschwert das Fehlen der Daten die Interpretation der Ergebnisse der Studie. Ein weiteres Problem ist das Fehlen eines Goldstandards zum Nachweis von Biofilmen. Dies führt dazu, dass die Studien untereinander schlecht vergleichbar sind. Der zweite Teil dieser Studie diente der Identifizierung der Bakterien in Biofilmen mittels Next Generation Genome Sequencing (NGGS). Im Anschluss an die Auswahl der Proben und die DNA-Isolierung wurde das Verfahren freundlicherweise von Herrn Dr. Dirk Höper des Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems durchgeführt. Zwei der drei Proben hierfür waren die biofilmpositiven Proben der ersten Studie, eine weitere konnte aus einer Kooperationsstudie gewonnen werden. Diese stammte ebenfalls von einem Hund und enthielt polyfiles Nahtmaterial einer Operationswunde der Haut. Die Auswertung identifizierte teils in der Literatur als typische Krankheitserreger beschriebene Bakterien wie Enterobacteriaceae, aber auch Bakterien, deren Auftreten in Wundinfektionen bisher noch nicht beschrieben wurden, wie die Deinococcaceae. Die Proben untereinander überschnitten sich teilweise bei bakteriellen Familien, zeigten aber auch unterschiedliche Familien auf. Die überlappenden Familien aller drei Biofilme waren Fusobacteriaceae und Porphyromonadaceae. Die drei häufigsten Familien des ersten untersuchten Biofilms waren Porphyromonadaceae, Fusobacteriaceae und Peptostreptococcaceae, des zweiten Biofilms Deinococcaceae, Methylobacteriaceae und Nocardiaceae und des dritten Biofilms Porphyromonadaceae, Alteromonadaceae und Fusobacteriaceae. Das NGGS- Verfahren bietet Vorteile gegenüber anderen Methoden für eine retrospektive Studie. So können Proben aus formalinfixiertem und paraffineingebettetem Material eingesetzt werden und es ist nur ein sehr geringes Probenvolumen nötig. Ein weiterer Vorteil ist die vollständige Zuordnung von DNA-Sequenzen zu bakteriellen Familien bzw. Spezies durch den Abgleich mit einer Datenbank. Allerdings handelt es sich um ein methodisch aufwändiges Verfahren, welches hohe Spezialkompetenzen für die Auswertung voraussetzt. Außerdem liefert das Verfahren keine Informationen über die Vitalität der detektierten Bakterien und der Kausalität zwischen diesen Bakterien und der Biofilmentstehung. Um eine Vergleichbarkeit von Studien zu erhalten, sollten zukünftig einheitliche Verfahren zum Nachweis von Biofilmen und zur Identifikation darin enthaltener Bakterien eingeführt werden. Zusammengefasst zeigt diese Studie, dass (1.) Biofilme tatsächlich bei Wundinfektionen mit Nahtmaterial bei Tieren vorkommen, (2.) die Inzidenz von Biofilmen geringer sein könnte als für den Menschen beschrieben und (3.) die detektierten Bakterienfamilien überraschend zahlreich und abweichend zwischen den Proben und zu den Ergebnissen früherer Studien beim Menschen waren.