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Anaplasma phagocytophilum ist ein durch Zecken übertragenes obligat intrazelluläres Gramnegatives Bakterium, das sich in neutrophilen Granulozyten seines Wirtes vermehrt. Die granulozytäre Anaplasmose äußert sich bei Tieren und Menschen meist als unspezifische fieberhafte Allgemeinerkrankung. Die Fähigkeit von A. phagocytophilum, neutrophile Granulozyten als Wirtszelle zu nutzen, ist einzigartig, da gerade diese Zellen des Immunsystems mit einer Vielzahl antimikrobieller Abwehrmechanismen ausgestattet sind. Daher ist es von grundsätzlichem Interesse, die Kontrolle von A. phagocytophilum durch neutrophile Granulozyten näher zu analysieren. Für die Untersuchungen dieser Arbeit sind murine Hoxb8-Granulozyten als Zellkulturmodell genutzt worden, die durch retrovirale Transduktion mit dem Hoxb8-Onkogen generiert worden sind und die funktionelle Ähnlichkeiten zu primären Zellen aufweisen. Diese Methodik ermöglicht einen deutlich höheren Reinheitsgrad und eine unbegrenzte Ausbeute im Vergleich zu ex vivo gewonnenen murinen neutrophilen Granulozyten. Zytokine und Chemokine sind vermutlich an der Pathogenese einer A. phagocytophilum- Infektion beteiligt. Inwieweit im Rahmen dieser Infektion neutrophile Granulozyten auch als deren Produzenten agieren, war bislang unklar. Die vorliegende Arbeit zeigt, dass murine Hoxb8-Granulozyten nach Stimulation mit A. phagocytophilum, „regulated on activation, normal T cell expressed and secreted“ (RANTES), „macrophage inflammatory protein-1α“ (MIP-1α) und Tumornekrosefaktor (TNF) produzieren. In-vivo-Untersuchungen am Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene in Freiburg im Breisgau haben zuvor ergeben, dass die Effektormechanismen neutrophiler Granulozyten wie Nicotinsäureamid-Adenin-Dinukleotid-Phosphat(NADPH)-Oxidase, induzierbare Stickstoffmonoxidsynthase (iNOS) und Myelo-peroxidase (MPO) für die Erregerelimination in vivo nicht notwendig sind. Anhand der vorliegenden In- vitro-Studie wird nachgewiesen, dass ein Fehlen dieser Effektormechanismen keinen Einfluss auf das Wachstum von A. phagocytophilum in Hoxb8-Granulozyten hat. Dies lässt vermuten, dass der Erreger Strategien entwickelt hat, um diesen Abwehrmechanismen zu entkommen. Interferon-γ (IFN-γ) ist ein wichtiger Modulator der Funktion neutrophiler Granulozyten. Anhand der Ergebnisse dieser Studie lässt sich zeigen, dass eine direkte IFN-γ-Stimulation von murinen Hoxb8-Granulozyten zu einer deutlichen Wachstumshemmung von A. phagocytophilum führt. Trotz deutlicher Induktion der iNOS-mRNA-Expression durch die Infektion sowie die IFN-γ-Stimulation ist dieser Effekt iNOS-unabhängig. IFN-γ-defiziente Mäuse hatten in vorausgegangenen Untersuchungen eine erhöhte bakterielle Beladung in der Frühphase der Infektion gezeigt, während die finale Erregerelimination unbeeinträchtigt blieb. Die Untersuchungen dieser Arbeit haben nun ergeben, dass eine direkte IFN-γ-Wirkung auf neutrophile Granulozyten wesentlich an dem in vivo beobachteten protektiven Effekt beteiligt ist.